Editorial

Billiges Risiko


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/17

     

Die Volumen von Outsourcing-Deals erreichen oft mehrstellige Millionenbeträge. Entsprechend reissen sich die IT-Dienstleister um die Aufträge. Das jüngste Beispiel ist Tamedia (siehe Seite 9): Während ursprünglich T-Systems als Favorit für die Übernahme der gesamten Tamedia-IT galt, hat sich schliesslich Swisscom IT Services als Sieger hervorgetan. Die Swisscom-Tochter habe einfach das bessere Angebot gemacht, heisst es.






Das «bessere Angebot» betrifft dabei nicht etwa die Leistungen, sondern vielmehr den Preis. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Swisscom-Tochter mit «marktgerechten Preisen» einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Auch im Kampf um den Betrieb der zukünftigen Applikationen der AGI-Banken erwarten Insider Swisscom-Dumpingpreise.





Ob es richtig ist, sich beim Outsourcing für den jeweils günstigsten Partner zu entscheiden, ist äusserst fraglich. Die Marktforscher von Gartner haben herausgefunden, dass der Erfolg oder Misserfolg schlussendlich davon abhängt, wie und von wem die Beziehung später organisiert wird. Es ist deshalb unerlässlich – völlig unabhängig von einem möglichen Outsourcing-Vorhaben – , fehlendes Know-how in die IT-Abteilung zu holen. Nur das garantiert, dass die nötigen Fachkenntnisse vorhanden sind, wenn man sie braucht. Viele Firmen merken ganz einfach zu spät, dass die IT nicht nur eine Kostenstelle, sondern auch ein Profit-Center sein muss.



Nicht so das Finanzinstitut J.P. Morgan. Die interne IT-Abteilung der Bank wurde soweit auf Vordermann gebracht, dass die IT wieder gewinnbringend intern betrieben werden kann. In der Folge kündigte man den im Jahr 2002 abgeschlossenen 5-Milliarden-Dollar-Outsourcing-Vertrag mit IBM.



Ganz gefährlich wird es, wenn die gesamte IT ausgelagert wird. Oft wird unterschätzt, dass so auch firmeninternes IT-Know-how verloren geht, das nur schwer wieder zurückzubekommen ist. Gerade bei einem Gesamt-Outsourcing ist es deshalb fraglich, die Entscheidung für einen Outsourcer über den Preis zu fällen. Der Billig-Dienstleister muss mit knappen Margen kalkulieren. Da das auslagernde Unternehmen aber aufgrund von verlorenem Know-how von ihm abhängig wird, wird der Sourcer früher oder später Wege finden, sein Geld über andere Leistungen wieder hereinzuholen.



Marcello Caranci, Redaktor mcaranci@compress.ch




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