Mobile Business verändert Berufsalltag

Die Zukunft gehört mobilen Lösungen. Sie optimieren die Produktivität und eröffnen Möglichkeiten für neue innovative Geschäftsfelder.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/14

     

Die Vorstellungen vom Mobile Business werden noch (zu) stark vom populären Handy geprägt. Bequem überall und jederzeit telefonieren, Zugriffsmöglichkeiten zu Internet und multimedialen Spielen, ergänzt mit digitaler Kamera, TV – rundum ein multimedialer Alleskönner. Eine andere, noch zu wenig wahrgenommene Seite, die unseren beruflichen Alltag künftig tiefgreifend beeinflussen wird, stellen die drahtlosen Notebooks und Tablet PCs dar. Diese Kategorie von qualifizierten mobilen Endgeräten setzt sich zügig durch.


Möglichkeiten realistisch einschätzen

Mobile Business umschreibt die Gesamtheit der über ortsflexible Informations- und Kommunikationstechnologien abgewickelten Geschäftsprozesse. Der Austausch von Waren, Dienstleistungen, Informationen und Wissen innerhalb und zwischen Unternehmen wird über die Schnittstelle zum Endkunden auf der Grundlage mobiler Kommunikationstechnologien unterstützt.
Das Mobile Business wird in die Segmente Massenmarktanwendungen im Bereich B2C und Unternehmenslösungen (B2B) unterteilt. Ersteres umfassen die Bereiche Informations-, Transaktions-, Kommunikations- und Entertainment-Dienste, wobei die Kommunikations- und Entertainment-Dienste heute am bedeutendsten sind. Das Geschäftskundensegment beinhaltet die Bereiche Distribution und Kunden (m-CRM), interne Prozesse (m-ERM) und Angebotsseite (m-SCM). Umsatzmässig dominieren zurzeit die internen Prozesse mit 55 Prozent.







Die (Fehl-)Investitionen für die UMTS-Lizenzen lasten schwer auf der Branchenentwicklung. Diese Ausgangslage birgt die Gefahr, nun das Kind mit dem Bade auszuschütten. Das wäre bedauerlich, denn nach einer langen Anlaufphase, welche bereits Mitte der 80er Jahre begann, sind nun für das Firmenkundengeschäft die benötigten technischen Komponenten für einige Standardlösungen verfügbar.
Experten sind sich einig, dass sich das Mobile Business als Ausprägung von konvergierenden Technologien und Märkten durchsetzen wird.


Auswirkungen auf Unternehmen und Beschäftigte

Das Spektrum möglicher Anwendungen ist breit und umfasst viele Prozessketten. Es beinhaltet sowohl die Führungsebenen als auch operative Tätigkeiten, beginnt bei dem Lieferanten und endet beim Kunden.
Wie Untersuchungen zeigen, sind zirka 40 Prozent der Mitarbeiter oft oder überwiegend mobil tätig – Tendenz steigend. Langfristig werden alle diese Mitarbeiter gemäss ihren Aufgaben mit entsprechend konfigurierten Geräten in die Daten-Anwendungen der Firma, Kunden und Partner eingeschlossen. Der vorwiegend stationär tätige Teil dürfte auch weiterhin mit einem normalen Handy auskommen.





Im Bereich der Endgeräte zeichnet sich eine Segmentierung zwischen Smartphones und Pocket PCs mit einem umfassenden Servicespektrum und solchen in Form von Wireless Laptops und Tablet PCs ab. Wer mobil Zugriff auf umfangreiche Dokumente haben muss, der bedient sich des kabellosen Laptops; wer kommunikationsmässig einzubeziehen ist, der bedient sich der Smartphones. Langfristig ist zudem davon auszugehen, dass immer mehr Kabel verschwinden, so dass die eigenen Desktops auf Geschäftsreisen mitgenommen werden.
Unter der Voraussetzung, dass die weitgehend ausgereiften Elemente des Mobile Business verlässlich funktionieren, stehen Unternehmen vor einer revolutionären Entwicklung. Für die administrativen Tätigkeiten ist dies mit den grossen Umbrüchen in der industriellen Fertigung zu vergleichen.






Mobile Lösungen sind einerseits als Produktivitätsoptimierer zu betrachten. Sie stärken die Entscheidungsfindung, steigern die Effizienz, reduzieren Kosten und Fehler. Andererseits eröffnen sich Möglichkeiten für neue Geschäftsfelder. Netzwerke bieten die Optionen für neue Dienstleistungszentren und stärken gleichzeitig dezentrale Akteure in bestehenden Dienstleistungs- und Industriebereichen.


Beachtliche Nutzenpotentiale

Bei den M-Business-Anwendungen lassen sich grundsätzlich drei Stufen von Lösungen unterscheiden:



standardisierte Anwendungen, die wenig oder gar nicht angepasst implementiert werden



angepasste Lösungen, welche in die relevante Prozess- und Applikationslandschaft integriert werden



individuelle Systemlösungen, welche komplett in die IT-Infrastruktur des jeweiligen Unternehmens integriert werden
In den nächsten Jahren dürften vor allem standardisierte Anwendungen eingesetzt werden, gegen Ende dieses Jahrzehnts dann vermehrt die angepassten Lösungen. Mit der Einführung der vierten Mobilfunkgeneration – in Europa wohl ab 2015 – werden individuelle Systemlösungen spruchreif. Für den Fall des tadellosen Funktionierens ergeben sich wesentliche Verbesserungen gegenüber dem Status quo. Dies, weil die erforderlichen Daten und Bilder im Geschäftsbereich immer und überall dort verfügbar gemacht werden können, wo diese zur Prozessabwicklung und zur Entscheidungsfindung benötigt werden.
Für die schleppende Marktpenetration sind vor allem die folgenden Gründe verantwortlich:



Es fehlt den Mobilfunkbetreibern an einem klaren Verständnis für die Marktbedürfnisse der Anwender.



Im Verhältnis zu den Lieferanten von Services und Content sind von Seiten der Mobilfunkbetreiber faire Partnerschaften erforderlich. Ein interessantes Modell bietet E-Plus in Deutschland, welcher mit i-mode in Europa 86 Prozent der Gebühreneinnahmen für Services dem Content-Provider zukommen lässt.



Die Abstimmung der Standards entlang der gesamten Wertschöpfungskette der beteiligten Akteure weist für anspruchsvolle Anwendungen empfindliche Lücken auf. Verfügt nur ein Akteur in der Kette nicht über kompatible Standards, ist die Funktionalität in Frage gestellt.






Bezüglich des Lebenszyklus des Mobile Business dürften wir deshalb erst am Anfang einer Entwicklung stehen, deren Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft sind.


Den künftigen Möglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt

Man unterschiedet zwei Kategorien von Anwendungen: Mobile Lösungen, welche stationäre Anwendungen ergänzen, aufwerten oder substituieren, und solche, die neue Geschäftsmodelle eröffnen.
Bei den horizontalen Anwendungen sind die Entwicklungen im Kundendienst am weitesten fortgeschritten. Des weiteren ist das Mobile Business prädestiniert für den Einsatz im Flottenmanagement. Eine andere Novität sind RFID-Tags.
Auch im Bereich der Bezahlung sind Veränderungen angesagt. Die Kreditkarte wird das Feld dem verlässlich authentifizierenden Zahlungsprozess mittels Handy überlassen müssen.






Unter die zweite Kategorie fallen Anwendungen, die zu selbständigen Geschäftsfeldern ausgebaut werden können. Durch die Vernetzung der Akteure ergibt sich ein wertschöpfungsträchtiger Bedarf für zentrale Services. Daraus lassen sich Geschäftsmodelle entwickeln, welche in der Regel einen ausgeprägten Rentencharakter bezüglich der Einnahmen aufweisen. Auch hier ist das mögliche Spektrum breit und durchaus geeignet, einem Unternehmen zu neuen Wachstumsimpulsen zu verhelfen.
Besonders positiv im Verhältnis zum stationären Internet ist das Selbstverständnis der Nutzer für bezahlte Dienste. Dort ist die Hürde für die taxpflichtigen Leistungen kaum zu überspringen. Im Mobile Business ist der Kunde gewohnt für Dienste zu bezahlen, zudem sind die Einnahmequellen vielfältiger.


Der Autor

Andreas Würgler ist geschäftsführender Gesellschafter der W/D/P Projektmanagement in Hägendorf und befasst sich seit Jahren mit den Entwicklungsperspektiven der Informations- und Kommunikationstechnologien. In seinem Fachbuch «Mobile Business für Manager» (Orell Füssli) geht er ausführlich auf die Bedeutung des Mobile Business für Wirtschaft und Gesellschaft ein.




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