Prozesse und Tools werden zu Suiten

Business Intelligence ist mehr als einzelne IT-Werkzeuge. Integrierte Suiten sollen helfen, die Informationsprozesse umfassender abzubilden.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/04

     

Steigende Datenvolumina und vollumfängliche Integration sind die zwei Hauptanforderungen an moderne BI-Werkzeuge (Business Intelligence). Der Aufbau von Systemen, die den Entscheidern intelligent aufbereitete Informa­tionen bereitstellen, die sich in Handlungen umsetzen oder in Prozesse und Know-how einfliessen lassen, wird so immer komplexer. Die Hersteller regieren auf diese steigende Komplexität mit integrierten Suiten.
In der Praxis kaufen sie dafür Firmen zusammen und verbinden deren Tools in Plattformen, die dann unter Begriffen wie Business Performance Management (BPM) oder Corporate Performance Management (CPM) vermarktet werden. Für die Anwender macht die Suiten-Verpackung der Produkte den Markt allerdings eher intransparenter.


Balanceakt zwischen IT- und Prozessanforderungen

Mit der Komplexität und Dynamik der globalisierten Märkte steigt auch die Anzahl der Einflussfaktoren. Gleichzeitig wollen die Unternehmen die Reaktionszeit verkürzen. Es muss also aus immer komplexer werdenden Informa­tionen immer schneller handlungsgerichtetes Wissen gewonnen werden. Die Optimierung dieses Transformationsprozesses ist das erklärte Ziel von BI.
Grundsätzlich kann man auch BI als Prozess betrachten. Unter diesem Blickwinkel stellen die gespeicherten Informationen lediglich Inputgrössen dar. BI ist so gesehen ein analytischer Prozess, der Unternehmens- und Wettbewerbsdaten in handlungsgerichtetes Wissen transformiert. Voraussetzung für diesen Prozess ist das Zusammenführen von Informa­tionen aus unterschiedlichsten Quellen, um daraus auf analytischem Wege Strukturen und Muster zu erkennen und zu bewerten, damit diese dann dem Management für fundierte Entscheidungen bereitgestellt werden können. Diesen Prozess allein nur mit Software-Lösungen zu realisieren, wäre zu einfach, denn neben den digital gespeicherten Daten und Informationen kommen weitere Quellen dazu wie das Wissen der Mitarbeiter oder auch externe Informationen.


BI ist mehr als Werkzeuge

Der BI-Prozess verlangt im Bereich der internen Datenquellen Instrumente, welche direkt mit Trans­aktions-, Data-Warehouse- und Datenbanksystemen verbunden sind, um möglichst in Echtzeit multidimensionale Auswertungen zu ermöglichen. Schnittstellenprobleme und unterschiedliche Datenqualität sind zwei Probleme, die es in diesem Bereich bei der Realisierung zu lösen gibt. Analysetools, die zur Anwendung kommen, sind OLAP- (Online Analytical Processing) und Data-Mining-Lösungen, aber auch klassische Methoden wie Abweichungs-, Zeitreihen- oder Kennzahlenanalysen.





Neben den internen Informa­tionsbeständen sind auch externe Informationen wie demografische Prognosen, Marktzahlen oder Informationen über Wettbewerb und Konkurrenz notwendig. Deren Rechercheprozesse erfolgen meist unstrukturiert. Auch hier werden vermehrt Werkzeuge wie Text Mining oder Web Mining eingesetzt, die eine strukturierte Suche erlauben und Resultate direkt in den BI-Prozess einbringen können.
Alle Informationen aus den oben beschriebenen Quellen sind in einen klar zielorientierten BI-Prozess zu integrieren, wobei es nicht darum geht, möglichst umfangreiche Reports oder Analysen im Sinne des Machbaren zu generieren, sondern dem Management sinnvolle und zielgerichtete Unterstützung für den Entscheidungsprozess zu bieten.
Die Analyse und Bewertung basiert dabei vornehmlich auf Mitarbeitererfahrung, kann aber auch durch Software-Tools oder Methoden wie Business-Simulation, Brainstorming oder Mind Mapping unterstützt werden.






BI wird heute allerdings vor allem von den IT-Lösungen dominiert und nicht von gesamtheitlichen Prozessgedanken. Der Hauptgrund: Die in den internen Systemen vorhandenen Daten sind leichter zu bewerten als Informa­tionen aus dem Human-Bereich oder externen Datenquellen. Deshalb beruhen die meisten Analysen und Bewertungen hauptsächlich auf den internen Daten. Damit wird aber der Nutzen von BI eingeschränkt, und der Manager muss sich trotz aller Zahlen oft immer noch auf Intuitionen verlassen. Dies ist aber in den heutigen wettbewerbsintensiven und dynamischen Marktsituationen alles andere als ideal.




Der magische CPM-Quadrant


Umfassende Konzepte

Diesem Umstand versuchen die Softwarehersteller gerecht zu werden, indem sie nicht nur einzelne Werkzeuge anbieten, sondern vollumfängliche Lösungskonzepte auf der Basis von BPM oder CPM. Je nach Lösungsansatz beziehungsweise dem Produkt­angebot scheiden sich aber die Geister, welche Einsatzphilosophie nun die Richtige sei.


Die Marktdominatoren

Nach IDC wurde 2004 im gesamten BI-Markt (Abfrage-, Reporting- und Analysen-Tools, Data Mining und Data Warehouse) ein Umsatzvolumen von 4,27 Milliarden Dollar erarbeitet. Das Wachstum von 2003 auf 2004 wurde mit 11 Prozent ermittelt, das durchschnittliche Wachstum zwischen 2005 und 2009 soll bei 6 Prozent liegen.
Der Markt teilt sich auf in die Anbieter von reinen BI-Tools (Analyse, Query und Reporting) und in die Anbieter von integrierten BPM/CPM-Plattformen mit zusätzlichen Tools für die Unternehmenssteuerung.
Es gestaltet sich sehr schwierig, die einzelnen Anbieter vollumfänglich den entsprechenden Kategorien zuzuordnen. Je nach dem momentanen Trend im Markt – einmal CRM, dann Data Warehouse beziehungsweise OLAP, dann BI-Portal und dann BPM oder CPM – bieten die Hersteller immer wieder die gleichen, angepasste oder miteinander verknüpfte Produkte unter neuem Namen an. Um den Trends folgen zu können, suchen sie zudem häufig die Zusammenarbeit mit einem Konkurrenten oder kaufen diesen ganz einfach auf (Hyperion mit Alcar Group und Brio oder Cognos mit Adaytum und Frango und Business Objects mit Crystal Decisons und Firstlogic).





In Anbetracht des lukrativen Marktes ist es auch nicht verwunderlich, dass sich grosse Software-Anbieter wie Microsoft, IBM, Computer Associates und Oracle neben den vielen rein auf BI spezialisierten Lösungsanbieter in diesem Segment tummeln.
Die wichtigsten Anbieter im gesamten BI-Markt waren 2004 Business Objects (17,3%), Cognos 12,2%), SAS (9%), Hyperion (6,1%), MicroStrategie (4,3%), SAP (3,8%) und Information Builders (3,3%). 44 Prozent des Marktes verteilen sich auf Dutzende ­andere, häufig lokale Anbieter.





Die Corporate-Preformance-Management-Architektur


Uneinige Analysten

Betrachtet man nach IDC den Financial/BPM-Markt als Segment des BI-Marktes, so lag der Umsatz 2004 bei 1,42 Milliarden Dollar mit einem Durchschnittswachstum von 11,3 Prozent. Wichtigste Anbieter waren 2004 Hyperion (21%), Oracle (9%), Cognos (8%), SAP (7%), SAS (5%) und Geac (5%). 45 Prozent verteilen sich auf andere Anbieter. Der Anteil im Financial/BPM-Markt für reines BPM/CPM wird mit 265 Millionen Dollar angegeben. Dies ist momentan das interessanteste Segment, denn darin sind die zukunftsweisenden Suites, die voll integrierten Lösungen angesiedelt.
Etwas anderer Meinung betreffend der Marktgrösse ist Gartner, denn nach dieser Marktforschungsgruppe hat der CPM-Teil im Jahr 2003 bereits ein Volumen von
520 Millionen Dollar erreicht und soll mit einem jährlichen Wachstum von über 10 Prozent bis 2009 auf über 900 Millionen Dollar anschwellen. Vor allem 2006 und 2007 sei mit einem eigentlichen CPM-Hype zu rechnen, so Gartner.


Zusammengesetzt oder integriert

Auch im CPM-Markt lassen sich Hersteller stark fokussierter Lösungen (Point Solutions), welche ihre Plattformen aus unterschiedlichen BI-Einzelwerkzeugen zusammensetzen, finden. Interessanter und wegweisender sind aber die voll integrierten Suiten. Gartner hat die wichtigsten Suiten-Anbieter in einem «Magic Quadrant» nach den Kriterien Nischenplayer und visionäre Hersteller einerseits und Herausforderer und Marktführer anderseits eingeteilt.
Die Bezuggrösse ist dabei die Möglichkeit der Zielerreichung und die Vollständigkeit der vollumfassenden CPM-Vision.







Auf der visionären Seite findet man dabei die wichtigsten Anbieter von integrierten Lösungen wie Hyperion Solution mit System 9, Cognos mit Cognos 8 und Oracle mit Oracle BPM. All diese Hersteller haben ihre integrierten Lösungen aus unterschiedlichen Modulen, meist mit übernommenen Fremdprodukten, zusammengebaut und bieten diese unter einem einheitlichen Benutzerinterface an, welches sich doch sehr stark an das Office-Erscheinungsbild wie Excel, Access oder Powerpoint anlehnt. Je nach Herkunft eines Herstellers ist das Schwergewicht einer Suite auf das ursprüngliche Kernangebot ausgelegt, was die Überprüfung der funktionellen Vollständigkeit und der für eine Problemstellung wichtigen Funktionalitäten nicht gerade vereinfacht. Einen anderen Ansatz hat dagegen der noch junge Anbieter OutlookSoft gewählt. Er hat von Anfang an eine voll integrierte Lösung auf Basis von Excel ohne Fremdmodule konzipiert.
Schwierig ist es im BI-Bereich, wenn man sich auf die Referenzkundenlisten der Hersteller verlassen will. Die meisten führen die gleichen Grosskunden in ihren Referenzen. Denn wer auch nur ein kleines Tool zu Testzwecken geliefert hat, kann UBS oder CS als Referenz angeben. Hier wäre es wünschenswert, wenn die Gross-unternehmen sich aus jenen Listen entfernen liessen, deren Produkte sie nicht wirklich produktiv im Einsatz haben.


Schwierige Auswahl

Welcher Lieferant für ein Projekt der Beste ist, hängt von vielen Details ab, die nur von Spezialisten beurteilt und sinnvoll implementiert werden können. Denn oft müssen die Lösungen in inhomogenen Plattformen auch integrierbar sein. Aus diesem Grunde ist es wohl auch besser, dass sich das Geschäft noch auf die grösseren Firmen konzentriert. CPM wäre für viele KMU eine Überforderung, die der Sache und BI im allgemeinen mehr schaden als nützen würde.


Der Autor

Robert Weiss ist freier
IT-Journalist und Berater.
(robert@robertweiss.ch)




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