Editorial

Versicherungen sind gut, BCM ist besser


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/13

     

Andreas Z. ist Geschäftsführer eines mittelgrossen, «normalen» Unternehmens. Als risikobewusster Schweizer hat er selbstverständlich Versicherungen gegen die üblichen Schadensfälle abgeschlossen. Hochwasser, Feuer, Erdbeben, Diebstahl und Vandalismus können ihm theoretisch also nichts mehr anhaben, denn er würde ja für die dadurch erlittenen Verluste entschädigt. Trotzdem hat Andreas Z. ein mulmiges Gefühl, wenn er sich auszumalen versucht, was ein solcher Notfall und andere Unwägbarkeiten für sein Unternehmen tatsächlich bedeuten. Sein Gefühl trügt ihn nicht.



Denn einerseits bietet eine Versicherung keine Garantie dafür, dass das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit rechtzeitig wieder aufnehmen kann. Andererseits ist ihm in den letzten Monaten bewusst geworden, dass die stark vernetzte Wirtschaft unserer Tage Gefahren und Risiken birgt, die von einer blossen Schadensversicherung nicht gedeckt werden. «Kann mein Unternehmen im Fall einer grossen Virenepidemie weiter funktionieren? Wenn die Lastwagenfahrer die italienische Grenze blockieren? Was ist, wenn die Erdölpreise weiter explodieren? Wenn die Kreditzinsen plötzlich ansteigen?»




Mit anderen Worten: Andreas Z. fragt sich, wie er die Business Continuity seines Unternehmens gewährleisten kann in einer Geschäftswelt, die mit zunehmender Globalisierung immer komplexer wird. «Katastrophen» treten heutzutage für ein Unternehmen nicht notwendigerweise in Gestalt von Erdbeben und Feuersbrünsten ein, sondern können durch explodierende Rohstoffpreise oder durch Streiks und Unterbrüche der Logistikkette ausgelöst werden. Fluggesellschaften müssen ihre Geschäftstätigkeit einstellen, weil der Ölpreis extrem stark gestiegen ist – und nicht, weil sie von einem Flugzeugabsturz oder einem Terroranschlag betroffen waren. Banken stehen am Rand des Kollapses, weil ein einziger Hedge Fund in sich zusammenstürzt und dadurch den weltweiten Kapitalfluss unterbricht. Je stärker die verschiedenen Segmente und Teilsysteme der Wirtschaftswelt aneinander gekoppelt sind, desto unberechenbarer wird diese Welt, wenn eine Komponente «verrückt spielt».



Aber heisst das nicht, dass durch diese zunehmende Volatilität eine sinnvolle Risiko-analyse und ein vernünftiges Business Continuity Management (BCM) gar nicht mehr durchführbar sind? Ganz im Gegenteil: Gerade weil die Welt immer unberechenbarer wird, ist heute jedes Unternehmen auf ein sorgfältiges und gewissenhaftes BCM angewiesen, das über die herkömmliche Katastrophenvorsorge oder ein blosses Disaster Recovery hinausgeht. Selbstverständlich macht es weiterhin Sinn, beispielsweise den IT-Betrieb durch ein Notfall-Rechenzentrum abzusichern und Ersatzarbeitsplätze einzurichten. Aber diese Massnahmen allein genügen nicht mehr.



Wesentlich ist heutzutage, dass ein Unternehmen eine umfassende Business-Impact-Analyse vornimmt – auf der Basis der Fragen, die Andreas Z. durch den Kopf gehen. Nur dann kann er sich gegenüber seinen Kunden, Partnern, Lieferanten und Aktionären als vertrauenswürdig ausweisen. Denn BCM bedeutet in erster Linie Planungssicherheit, und diese ist in der heutigen Geschäftswelt ein Mehrwert, den die Kunden durchaus gerne bezahlen. Der berühmt-berüchtigte «Worst Case» kann immer eintreten – dagegen ist meist kein Kraut gewachsen. Aber gegen den übelsten der «Bad Cases», gegen den Rufverlust eines Unternehmens aufgrund mangelnder Vorsorge, gibt es in Gestalt von BCM ein absolut zuverlässiges Mittel.




Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Vor wem mussten die sieben Geisslein aufpassen?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER