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Kosten senken mit Exchange 2010

Mit Exchange 2010 ist eine neue Version von Microsofts Messaging Server verfügbar. Sie soll Firmen dabei helfen, Kosten beim Betrieb der E-Mail-Infrastruktur einzusparen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/12

     

von Urs Bertschy

In vielen Unternehmen ist Exchange als Messaging-System kaum mehr wegzudenken. Der Nachrichtenserver ist derart beliebt, dass selbst Microsoft-Konkurrenten wie Apple oder Nokia sich veranlasst fühlten, das Exchange-Protokoll ActiveSync zu lizenzieren, um ihre Mobilgeräte Business-tauglich zu machen. Damit drängt sich die Frage auf: «Was kann Microsoft an einem Produkt, das so gut bei den Kunden ankommt, noch besser machen, um die Firmen zu einem Upgrade zu bewegen?» Die Antwort darauf gleich vorweg: Den Redmondern ist bei Exchange 2010 so einiges eingefallen. Sie haben nicht nur den Komfort für die Benutzer verbessert, sondern auch einige Einschränkungen und Macken der Vorgänger ausgemerzt.



Hohe Verfügbarkeit ohne Clustering

Die Storage-Architektur von Exchange 2010 ist komplett überarbeitet worden, so dass man jetzt auch ohne aufwendiges Clustering eine hohe Verfügbarkeit erreichen kann. Dabei wurde die strikte Kopplung zwischen Mailserver und Datenbanken aufgehoben. Stattdessen kommt nun ein neues, flexibleres Architekturmodell zum Einsatz, bei dem die Mailbox-Datenbanken auf mehreren unter-schiedlichen Servern liegen können. Dazu lassen sich bis zu 16 Mailbox-Server in sogenannten Database Availability Groups zusammenfassen. Die Mailbox-Datenbanken der gruppierten Server werden ständig gegenseitig aktualisiert. Fällt nun ein Server aus oder ist eine einzelne Mailbox defekt, wird automatisch auf die Datenbank eines intakten Rechners zurückgegriffen (Downtime von etwa 30 Sekunden). Die Datenbank-Replikate lassen sich zudem auch für Backup und Desaster-Recovery nutzen. Defekte Mailboxen können sehr schnell aus einer replizierten Datenbank wiederhergestellt werden.


Mit der neuen Funktion «Online Mailbox Moves» ist das Verschieben von Mailboxen nun deutlich einfacher geworden. Dieser bislang mühsame und langwierige Prozess, bei dem Nutzer teilweise während längerer Zeit keinen Zugriff auf ihre Mails hatten, kann mit Exchange 2010 wesentlich schneller vollzogen werden. Dabei haben die User auch während des Verschiebevorgangs Zugang zu ihren Mails und können wie gewohnt Nachrichten versenden und empfangen.


Neben der verbesserten Storage-Architektur wurde auch das I/O-Subsystem in Exchange 2010 generalüberholt und soll gemäss den Angaben von Microsoft nun bis zu 70 Prozent schneller als in Exchange 2007 (90 Prozent schneller gegenüber Exchange 2003) sein. Alternativ zu teuren SANs (Storage Area Networks) wird man dadurch künftig auch günstigere SATA-Storage-Lösungen verwenden können, ohne dabei in Gefahr von Performance-Problemen zu laufen.


Wie sein Vorgänger wird auch Exchange 2010 zwingend eine 64-Bit-Umgebung voraussetzen. Dabei kann der neue Messaging-Server allerdings nur noch mit Windows Server 2008 (SP2 oder R2) betrieben werden.


Delegieren von Administrationsaufgaben

Einen weiteren Schwerpunkt bei der Überarbeitung ihres Messaging-Servers hat Microsoft auf die Optimierung der Administration gelegt. Exchange-Server-Administratoren können nun von zeitraubenden Routineaufgaben entlastet werden. So wird mit Exchange 2010 ein neues rollenbasiertes Administrationskonzept eingeführt, mit dessen Hilfe sich Spezialaufgaben an bestimmte Mitarbeiter oder Teams (wie etwa Helpdesk-Mitarbeiter oder Compliance-Manager) delegieren lassen. Zudem wird mit dem Exchange Control Panel (ECP) ein Web-basiertes Administrationsinterface eingeführt. Über dieses können Enduser nach dem Self-Service-Prinzip einfache Aufgaben wie das Verwalten von Verteilerlisten, das Verfolgen von Nachrichten oder das Anpassen der persönlichen Daten durchführen.



Kampf der E-Mail-Flut

Auch auf der Clientseite hat sich Microsoft einiges an neuen Komfortfunktionen einfallen lassen, die vor allem dabei helfen sollen, die stetig steigende E-Mail-Flut zu bewältigen. Ähnlich wie bei Google Mail konsolidiert Outlook 2010 jetzt alle zu einer Konversation gehörenden Nachrichten zu einem hierarchisch strukturierten Thread (Conversation View). Dies funktioniert auch, wenn die voneinander abhängigen Mails über verschiedene Folder (Inbox, Sent, Deleted etc.) hinweg verteilt sind. Unerwünschte oder irrelevante E-Mail-Unterhaltungen können nun mit einem einzigen Mausklick unterdrückt werden.


Eine spannende Neuerung sind die «MailTips», die den Benutzer bereits vor dem E-Mail-Versand auf Probleme oder peinliche Fehler aufmerksam machen. So wird man beispielsweise gewarnt, wenn man eine Nachricht mit der «Reply-to-all»-Funktion an eine grosse Verteilerliste retourniert. Auch entdeckt Exchange, wenn man eine E-Mail mit einem grossen Attachment an eine Mailbox mit nur geringem Speicherplatz senden will, oder wenn sich der Empfänger mit der Out-of-Office-Funktion für einige Tage abgemeldet hat. Viele dieser durchaus nützlichen Komfortfeatures funktionieren allerdings nur mit Outlook 2010 und auch dann nur, wenn auf der Empfängerseite ebenfalls Exchange 2010 zum Einsatz kommt.


Verbessert wurde auch die Voice-Mail-Unterstützung. Sehr praktisch ist etwa die Voice-to-Text-Funktion, die Sprachnachrichten automatisch in Text-Mails übersetzt. Damit kann man auch bei Voice-Mails zwecks Triage sehr schnell die Wichtigkeit des Inhalts erkennen. Ausserdem lassen sich Sprachnachrichten, da sie auch in Textform vorliegen, mit den Suchfunktionen von Outlook aufspüren.


Der Web-Client Outlook Web Access (OWA) rückt punkto Funktionalität noch näher an Outlook 2010 heran. So wird es künftig auch per Web möglich sein, Kalender freizugeben und E-Mails mit eingeschränkten Rechten zu lesen. Auch die neuen Funktionen wie MailTips oder Conversation View werden in OWA unterstützt. Zudem ist das gesamte OWA-Feature-Angebot nicht nur mit dem Internet Explorer, sondern auch mit Firefox oder Safari zugänglich.


Neue Federation-Funktionen erleichtern die Zusammenarbeit mit externen Partnern: So lassen sich etwa Ressourcen über die Grenzen des Unternehmensnetzwerks hinweg prüfen oder Termine arrangieren.


Archivierung inklusive

Um den wachsenden Compliance-Anforderungen begegnen zu können, hat Microsoft ihrem Exchange Server endlich die bislang schmerzlich vermisste zentrale Archivierungsfunktion spendiert. Diese bietet zwar noch nicht den Leistungsumfang der gängigen Add-ons von Drittanbietern, die wichtigsten Aufgaben werden jedoch abgedeckt. Mit dem Personal Archive steht für jeden Benutzer neu eine für Archivierungsaufgaben spezialisierte Mailbox zur Verfügung, welche die primäre Mailbox ergänzt und sich sowohl mit dem gewöhnlichen Outlook-Client als auch via Outlook Web Access nutzen lässt. Um E-Mail-Items automatisch zu archivieren oder zu löschen, können sogenannte Retention-Policies definiert werden, die sich dann auf bestimmte Threads, Ordner oder individuelle Items anwenden lassen. Eine solche Policy könnte beispielsweise vorgeben, dass Items nach 30 Tagen in den Archivordner verschoben und nach 60 Tagen gelöscht werden sollen. Dabei kümmert sich Exchange Server selbständig um die nötigen Archiv- und Löschoperationen.


Über die Legal-Hold-Funktion lassen sich Items (Mails, Termine und Tasks) «einfrieren», die möglicherweise für einen Rechtsstreit oder eine Untersuchung benötigt werden. Auf diese Weise gesicherte Daten können dann weder gelöscht noch editiert werden. Ergänzt werden die Archivfunktionen durch die Multi-Mailbox-Suchfunktion, über die zum Beispiel ein Sicherheitsverantwortlicher über mehrere Mailboxen hinweg nach Compliance-relevanten Items suchen kann.



Information Protection and Control

Neben den oben bereits erwähnten MailTips bietet Exchange 2010 eine Reihe neuer Funktionen, um den Mailverkehr zu überwachen und sicherer zu machen. Mit Hilfe von neuen Transportregeln können Administratoren jetzt wirksam Vorgaben durchsetzen. Zum Beispiel ist Exchange 2010 in der Lage, den Inhalt von an Nachrichten angefügten Dateien zu analysieren. Der Versand eines Dokuments mit vertraulichem Inhalt (Kreditkartennummern, Informationen zu noch nicht angekündigten Produkten etc.) kann dadurch blockiert werden. In Kombination mit den Active Directory Rights Management Services (AD RMS) lassen sich zudem IRM-Policies (Information Rights Management) anhand bestimmter Kriterien automatisch auf E-Mails und Attachments anwenden. Damit kann etwa verhindert werden, dass delikate Dokumente weitergeleitet, kopiert oder ausgedruckt werden können. Die neuen dynamischen Signaturen ermöglichen es zudem, eine einheitliche Gestaltung der Informationszeilen am Fuss einer E-Mail durchzusetzen. Die für die Signatur notwendigen Angaben werden dazu aus dem Active Directory ausgelesen.



Fazit

Glaubt man den Marketingtrommeln des Softwareriesen sollen Firmen mit Exchange 2010 langfristig massiv Kosten senken können. Und in der Tat bringen die Neuerungen des neuen Servers einiges an Potential mit, um Einsparungen zu erzielen. Das setzt aber auch eine Menge Planungsarbeit, Deployment-Aufwand und Konsequenz beim Einsatz der neuen Konzepte voraus. Ob das im Endeffekt für jedes Unternehmen aufgeht, muss sich erst zeigen. Vor allem kleinere und mittelgrosse Betriebe sollten in jedem Fall auch den Umstieg auf eine Hosted-Exchange-Lösung nicht ausser Acht lassen, bietet doch gerade auch die gehostete Variante grosses Potential für Kosteneinsparungen.



Urs Bertschy ist Inhaber der auf Web- und SharePoint-Consulting/-Development spezialisierten Bertschy Informatik AG. Er unterhält einen Technologieblog der sich vor allem SharePoint- aber auch anderen IT-Themen widmet.




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