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Applikationen ohne System-Zwänge

In immer mehr Unternehmen trifft man heute Lösungen zur Applikationsvirtualisierung an. Infoweek erklärt, worum es geht und stellt sechs der bekanntesten Produkte vor.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/06

     

Neben der bekannten Server- und der immer häufiger anzutreffenden Desktop- existiert mit der Applikationsvirtualisierung eine weitere, bislang noch weniger bekannte Virtualisierungstechnologie, die laut diversen Studien in den kommenden Monaten und Jahren aber stark wachsen wird.


Wie der Name schon verrät, werden mit dieser Methode Benutzern Anwendungen auf virtuelle Art und Weise zur Verfügung gestellt. Das Programm läuft in einer vom restlichen System unabhängigen virtuellen Umgebung. Diese verfügt über alles, was die Programme benötigen, also auch eine virtuelle Registry oder ein virtuelles Dateisystem, damit die Applikation nicht oder nur bedingt auf das Basis-System zugreifen muss. Die Anwendungen selber kommen von einem Server, wo sie paketiert, versandt und lokal gespeichert werden beziehungsweise je nach Lösung auch direkt «on demand» gestreamt werden können. Wie das technisch abläuft, ob man auf den Rechnern einen speziellen Client braucht und viele weitere Details sind von Hersteller zu Hersteller sehr unterschiedlich. Dazu später mehr.



Was bringt die Applikationsvirtualisierung?

Die Vorteile der Applikationsvirtualisierung liegen auf der Hand. Hier ein paar: Durch die Trennung vom ordentlichen System und die wegfallende Installation können einige Komplikationen und Konflikte mit anderen Programmen ausgeschlossen werden. Die Interaktion findet jedoch trotzdem statt. Das heisst, die Anwendungen können auch einfacher getestet werden. Ebenfalls ermöglicht die virtuelle Umgebung den Einsatz von Software, die auf dem zugrundeliegenden Betriebs-system nicht mehr lauffähig ist. Quasi als Nebenprodukt der Trennung wird auch die Sicherheit gesteigert: Durch Lücken in der virtuell bereitgestellten Software gelangt Malware nur sehr schwer auf das Hauptsystem. Grosse Vorteile liegen auch in der Anwendungsbereitstellung. Innert kürzester Zeit können die Programme dank der Applikationsvirtualisierung den Benutzern zur Verfügung gestellt werden, egal wo und auf welchem Gerät.


Ob all der Vorteile gilt es aber auch ein paar Nachteile nicht zu vergessen. Einer davon wird im Zusammenhang mit Virtualisierungslösungen immer wieder genannt: Die IT-Infrastruktur wird komplexer. Das zeigt sich auch beim Support. Der wird zwar durch die einfachere Bereitstellung von Updates und Patches erleichtert, andererseits aber auch erschwert. Neu muss nämlich abgeklärt werden, ob ein Fehler eventuell aufgrund der Virtualisierung auftritt. Ausserdem muss das Lizenz-Management überarbeitet und eventuell neues Know-how in den IT-Abteilungen aufgebaut werden.


Grosse Hersteller haben kleine geschluckt

Bisher fristete die Applikations- oder Anwendungsvirtualisierung ein Nischendasein. Die grossen Hersteller haben sich erst vor kurzem durch die Übernahme von kleinen Spezialisten in diesen Bereich der Virtualisierung eingekauft und die Technologie so für ein grösseres Publikum bekannt gemacht.


VMware hat sich Thinstall einverleibt und ist heute mit dem Produkt Thinapp im Markt. Microsofts aktuelle Lösung Application Virtualization kurz App-V entstand aus der Übernahme von Softgrid. Symantec kaufte sich gleich dreifaches Know-how von Altiris, Appstream und Nsuite und ist gegenwärtig am Konsolidieren der einzelnen Produkte. Auch Citrix Systems hat sich in den letzten Monaten Virtualisierungs-wissen zugekauft, ist aber bereits seit längerem mit einem eigenen Produkt für die Applikationsvirtualisierung am Start. Heute heisst es Xenapp, früher war es als Citrix Metaframe Server oder Citrix Presentation Server bekannt.


Neben diesen grossen Herstellern gibt es weiterhin kleine Spezialisten, die sich behaupten konnten. Zwei der bekanntesten von ihnen sind Installfree und Code Systems (Xenocode). Sie heben sich von der Konkurrenz vor allem durch ganz innovative, von den «Grossen» noch nicht implementierten Features ab. Weitere kleinere Hersteller von Lösungen für die Applikationsvirtualisierung sind beispielsweise Appzero, Ceedo, Endeavors Technologies oder Landesk.



Sechs aktuelle Lösungen im Vergleich

Nachdem die Grundkonzepte, Vor- und Nachteile sowie die Anbietersituation geklärt sind, zu den einzelnen Produkten selbst. Infoweek hat für seine Leser nach aktuellen Lösungen zur Applikationsvirtualisierung gesucht und präsentiert in einer Marktübersicht sechs Produkte der grössten und bekanntesten Hersteller: Citrix Xenapp (Application- Streaming-Komponente), Code Systems (Xenocode) Virtual Application Studio, InstallFree Bridge, Microsoft Application Virtualization (App-V), Symantec Workspace Virtualization Suite und VMware Thinapp.


Die sechs Applikationsvirtualisieruns-Lösungen kann man grundsätzlich in zwei Gruppen teilen, in solche, die einen lokal installierten Client benötigen, und in solche, die ohne auskommen. Die Stand-alone-Produkte von Code Systems, Installfree und Vmware, die eben ohne Agenten oder lokalen Client auskommen, haben die Vorteile, dass sich Applikationen schnell und direkt als ausführbare Dateien von überall her starten lassen. Neben einem Network Share oder von der lokalen Festplatte aus können das auch USB-Sticks oder CD-Roms sein. Sie verfügen dafür nicht über eine zentrale Management-Konsole (Ausnahme Installfree), die muss hinzugekauft werden. Das ist der Hauptvorteil der Lösungen mit lokalem Client, wie sie Citrix, Microsoft und Symantec anbieten. Trotzdem lassen sich, beispielsweise bei App-V von Microsoft, auch hier ausführbare Dateien anfertigen, die direkt von Sticks oder CDs gestartet werden können.


Was beiden Applikationsvirtualisierungs-Ansätzen gemein ist, ist die Streaming-Möglichkeit, das heisst, überall können die gewünschten Komponenten eines gewünschten Programms von einem Server gestreamt werden, ohne gleich die ganze Anwendung laden zu müssen. Die Daten werden dabei im Cache gespeichert. Apropos Cache: Bis auf Symantecs Workspace Virtualization Suite können die Lösungen überall auf ein eigenes, virtuelles Cache zugreifen. Sie sind komplett vom darunterliegenden Betriebssystem unabhängig. Das heisst, sie können auch virtuelle Registries, Dateisysteme etc. anbieten.


Sehr unterschiedlich sind die Zahlen der Arbeitsspeicherauslastung der Virtualisierungslösungen. Während bei Citrix bis zu 20 MB benötigt werden, kommen Code Systems, Symantec und VMware mit einem um ein Vielfaches geringeren von 400 bzw. 500 KB aus. Grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass der Ressourcenverbrauch damit relativ gering ist.


Bei den unterstützten Plattformen, auf denen die virtuellen Applikationen laufen können, zeigt sich auf den ersten Blick wieder ein einheitliches Bild, überall werden die neusten Windows-Versionen ab 200 und XP unterstützt. Blickt man aber genauer hin, findet man doch einen grossen Unterschied: Die 64-Bit-Versionen der Betriebssysteme werden nicht überall voll unterstützt.


Last but not least werfen wir noch einen Blick auf die finanziell interessanten Aspekte. Ein Vergleich der Preise ist leider nur bedingt möglich, da nur drei Hersteller direkt Auskunft geben konnten. Anhand dieser drei Werte kann man aber generell von Kosten um die 5000 US-Dollar ausgehen, wenn man sich eine Applikationsvirtualisierungs-Lösung für 50 Clients/Benutzer anschaffen will. Hinzu kommen dann natürlich noch die Kosten für die bereitgestellte Applikation selbst. Die könnten recht hoch sein, je nachdem wie man es handhabt. Interessant sind deshalb die Lösungen der «Grossen» Citrix, Microsoft, Symantec und Vmware, die alle ein Tool für das Management von Lizenzen mit an Bord haben.

(mv)


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