Die Renaissance der Thin Clients
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/06
Mit dem Aufkommen von webbasierten Geschäftsanwendungen und Desktop-Virtualisierung feiern Thin Clients eine regelrechte Renaissance. Davon zeugt nicht zuletzt die durchaus ordentliche Anzahl von Herstellern, die sich auf Thin-Client-Hardware und die zugehörige Verwaltungs- und Virtualisierungssoftware spezialisiert haben. Mehr oder weniger alle Traditionsgrössen der Thin-Client-Szene wie beispielsweise der deutsche Anbieter Igel, der israelische Innovator ChipPC und der Ultrathin-Client-Spezialist Ncomputing sind nach wie vor im Business.
Server-based Computing lässt sich selbstverständlich auch mit konventionellen PCs an den Arbeitsplätzen betreiben. Die Thin-Client-Hersteller betonen aber die im Vergleich zum Fat Client deutlich höhere Energieeffizienz und die einfachere Verwaltung.
Bei der Thin-Client-Hardware fehlt die besonders stromfressende Harddisk, und der Prozessor ist typischerweise auf die geringeren Anforderungen ausgelegt. Die eigentliche Rechentätigkeit findet ja auf dem Server statt, der Thin Client dient in erster Linie der Aufbereitung der Rechenergebnisse für die lokale Anzeige und der Entgegennahme und Weiterleitung der Benutzereingaben – insgesamt lässt sich so massiv Strom sparen. Ausserdem generiert ein Thin Client weniger Abwärme als ein PC – so sinkt auch der Energieaufwand für die Raumklimatisierung. In konkreten Zahlen: Selbst die High-End-Geräte, die Infoweek für die Marktübersicht ausgewählt hat, kommen im Betrieb mit durchschnittlich 15 bis 20 Watt aus. Zum Vergleich: Der Energieverbrauch eines Desktop-PC liegt deutlich über 100 Watt.
Zur Administration der Thin Clients offerieren die meisten Anbieter eine kostenlose oder recht günstige Verwaltungssoftware, mit der sich zum Beispiel Firmwareupgrades oder Patches für die im ROM gespeicherte Betriebssoftware auf die Geräte verteilen lässt. Einige Hersteller gehen noch weiter, so zum Beispiel ChipPC mit dem umfassenden MMC-Snap-in Xcalibur Global, das mit policy-basiertem Management wahlweise nach logischem oder physischem Organisationsmodell aufwartet. Andere Hersteller bieten gleich eine komplette Desktop-Virtualisierungslösung an. Ein Beispiel ist die optional erhältliche Software Suite TCX von Wyse, die Zusatzfunktionen wie die Bereitstellung virtueller Desktops für Mitarbeiter mit besonderen Anforderungen an Gerätezugriff, Virtualisierung von USB-Ports, Optimierung der Darstellung beim Mehrmonitorbetrieb und Beschleunigung beim Umgang mit Multimediaformaten über ICA- und RDP-Verbindungen bietet.
Betrachtet man das aktuelle Thin-Client-Angebot, zeigen sich zwei Trends: Auf der einen Seite sind die Hersteller bemüht, besonders kleine und stromsparende Geräte zu entwickeln, die den Grundanforderungen der durchschnittlichen Geschäfts-IT genügen. Bei ChipPC gibt es neben dem in der Tabelle vorgestellten Spitzenmodell aus der Xtreme-PC-Serie den JackPC in Form einer Netzwerksteckdose zur Wandmontage, der den Strom optional übers Ethernet-Kabel bezieht (Power over Ethernet) sowie ganz neu den PlugPC, der von der Form und den Abmessungen her einem Adapterstecker gleicht.
Aber nicht bloss die Hardware wird immer kleiner, die Hersteller zielen zunehmend auch auf KMU mit relativ wenigen Arbeitsplätzen. So stellte Igel an der Orbit den Igel One vor, der sich nicht fernadministrieren lässt und für Unternehmen mit bis zu 20 Nutzern wir Arztpraxen, Anwaltskanzleien und andere Dienstleister positioniert wird.
Nicht nur, aber besonders auch für kleinere Umgebungen ist das Ultrathin-Konzept von Ncomputing ausgelegt. Die Access Devices, wie Ncomputing die Clients nennt, verfügen nicht über ein eigenes Betriebssystem und auch eine eigentliche CPU fehlt. Es wird auch kein Server benötigt: Die Rechenleistung stammt von einem Host-PC, auf dem die hauseigene Terminal-Server-Software läuft. Diese nutzt für die Client-Verarbeitung die brachliegenden Ressourcen des Host-PC – ein PC kann bis zu zehn Clients bedienen. Bei der neuesten Variante «X» der Ncomputing-Systems werden die Clients über ein Kategorie-5- oder Kategorie-6-Kabel an eine PCI-Karte im Host-PC angeschlossen. Der Strom kommt dann ebenfalls vom Host, die Clients kommen ohne separates Netzteil aus.
Für die Marktübersicht hat Infoweek den zweiten aktuellen Trend verfolgt: Praktisch alle Hersteller bieten heute auch Thin Clients mit leistungsfähigem Grafiksystem und umfassender Audio-Unterstützung an. Damit eignen sich die Thin Clients auch für Multimedia- und andere grafikintensive Anwendungen und unterstützen hochauflösende Bildschirme mit bis zu 2048x1536 Pixel. Bei den meisten Geräten ist auch der parallele Betrieb von zwei Monitoren möglich, das leistungsstärkste Modell von ChipPC unterstützt sogar bis zu vier Bildschirme, dann allerdings nur mit je 1024x768 Pixel.
(ubi)