Mobile Webportale massgeschneidert

Nur mit automatisierter Geräteerkennung sehen mobile Webportale auf den unterschiedlichen Business-Handys und Smartphones zwar nicht gleich, dafür aber gleich gut aus.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/05

     

In der Schweiz sind heute deutlich über 7 Millionen Mobiltelefone im Umlauf. Rund 2,3 Millionen Geräte sind dabei für den Zugang ins Mobile Web ausgerüstet. Die Nutzungszahlen des mobilen Internet steigen täglich, die sogenannten neuen Medien erhalten im Nutzungsverhalten eine immer höhere Bedeutung. Auch am 3GSM World Congress, der grössten Handy-Messe weltweit, die im Februar 2009 in Barcelona stattgefunden hat, zeigte sich eine ungebrochen hohe Nachfrage nach sogenannten Smart- und Business-Phones.


Die Einsicht, dass das Handy das neue Massenmedium ist, findet langsam, aber sicher auch bei den Schweizer Unternehmen Einzug. Dementsprechend positionieren sich bereits zahlreiche Firmen mit attraktiven Informationsangeboten und spezifischen Diensten in diesem Umfeld. Die Erfahrungswerte mit dem noch jungen Medium sind allerdings begrenzt. Entsprechend hoch ist daher das Fehlerpotential, wie Andreas Windler, Leiter Projekte und Entwicklung bei Swiss Txt, erläutert: «Die meisten New-Media-Anbieter sind im Be--reich Web tätig und liefern das mobile Portal als Zusatz-Goodie zur Website. Dadurch ergeben sich oft Einschränkungen bei der Unterstützung verschiedener Endgeräte: Das Portal sieht vielleicht auf dem iPhone oder dem Nokia N95 gut aus, nicht aber auf den vielen anderen Geräten.»


Die SRG-Tochter Swiss Txt mit Sitz in Biel konzipiert und entwickelt im Geschäftsfeld Multimedia Solutions mobile Kommunikationslösungen und legt dabei besonderes Augenmerk auf die Präsentation der Inhalte.



Modellvielfalt

Ein grosses Problem bei der Entwicklung mobiler Portale und Anwendungen ist die enorme Vielfalt von Geräten. Handys und Smartphones haben äusserst unterschiedliche Fähigkeiten – und es gibt sie in ständig wachsender Zahl: Aktuell sind knapp 4500 verschiedene Gerätetypen von 161 Herstellern im Umlauf, und jedes Jahr kommen über 200 neue Modelle auf den Markt.


- Dimensionen der Anzeige: Die grössten Unterschiede zeigen sich bei der Grösse und der Auflösung des Bildschirms. Die Bandbreite reicht vom klassischen Handy-Display mit vielleicht 160x120 Pixel bis zum 3,5-Zoll-Touchscreen mit 800x480 Pixel. «Die differenzierte Darstellung der Inhalte auf den verschiedenen Endgeräten ist eine echte Herausforderung», meint Windler.


- Wirrwarr der Formate: Auch die Unterstützung von Bild-, Video- und Audioformaten ist je nach Gerät höchst unterschiedlich ausgeprägt. Nach den Angaben der Hersteller beherrschen beispielsweise nur 16 Prozent aller Geräte das MP3-Format, bei 71 Prozent liegen offiziell keine Informationen dazu vor. Während das iPhone sich auf MPEG4-Video versteht und bei Windows-Media-Dateien schlappmacht, liegen die Verhältnisse bei Windows-Mobile-Geräten naturgemäss anders.


- Diversifizierte Browserlandschaft: Im herkömmlichen Web teilt sich der Browsermarkt heute im wesentlichen auf drei grosse Akteure auf: Firefox, Internet Explorer und Safari. In der mobilen Welt sieht es völlig anders aus: Nach wie vor spielen mindestens zehn Browsertypen mit teils völlig unterschiedlichen Eigenschaften eine signifikante Rolle. Der niedrigste Marktanteil liegt bei 3 Prozent, und keiner der Mobilbrowser erreicht mehr als 22 Prozent. Die Mobilbrowser sind zudem oft weniger fehlertolerant und stürzen öfter ab als konventionelle Webbrowser.


Es ist also schwierig, eine mobile Website zu erstellen, die einerseits die Möglichkeiten der Geräte wirklich ausnutzt und andererseits auf den meisten Geräten problemlos läuft. In der Praxis kommt es denn auch immer wieder zu Darstellungsfehlern, das Gerät stürzt wegen nicht konformen Scripts ab oder Audio- und Videodateien kommen im falschen Format. «Für den Nutzer ist es besonders störend, wenn er für teures Geld etwas herunterlädt, was er dann doch nicht betrachten kann», stellt Andreas Windler fest: Der Betreiber eines nicht richtig funktionierenden Mobilportals habe mit Imageschäden zu rechnen.


Geräteerkennung tut Not

Ein Mobilportal, das vor zwei Jahren auf die damals wichtigsten Geräte massgeschneidert wurde, läuft auf den aktuellen Handys und Smartphones nicht mehr optimal. «Die Entwicklung für nur bestimmte Gerätetypen ist eine Sackgasse», meint Windler, «man müsste ständig optimieren und anpassen, was erheblichen Mehraufwand mit sich bringt.»


Für die hauseigenen und kundenspezifischen Mobilportale hat Swiss Txt deshalb vor zwei Jahren eine Alternative gesucht und gefunden: Die Emoveo-Plattform des deutschen Entwicklers Netbiscuits erkennt in Echtzeit, welches Gerät auf das Portal zugreift und liefert die Inhalte in angepasster Form aus. Die Plattform berücksichtigt sowohl Grundeigenschaften wie Bildschirmgrösse und Browsertyp als auch die Unterstützung für Multimediaformate: Audio-, Video und Bildinhalte werden bei Bedarf automatisch auf das geeignete Format transcodiert. «Diese Plattform garantiert, dass unsere Portale auf allen denkbaren Geräten immer gut aussehen.»



Erkennung per Geräteprofil

Eine erste Basis für die Geräteerkennung sind Angaben wie User-Agent, Accept-Charset und Accept-Language im http-Header, den das Gerät mit jeder Anfrage an den Webserver mitliefert. Damit sind jedoch die Möglichkeiten noch nicht im Detail erfasst: Zusätzliche Angaben wie Bildschirmgrösse und Multimedia-Unterstützung lassen sich aus dem User Agent Profile (UAProf) gewinnen.


Es handelt sich dabei um ein XML-Dokument, das auf einem Repository-Server gespeichert ist. Die URL, unter der das Profil zu finden ist, wird ebenfalls im http-Header mitgeschickt. Das XML-Format für das UAProf-Dokument wurde von der Branchenorganisation Open Mobile Alliance definiert und basiert auf den vom World Wide Web Consortium definierten Standards CC/PP Framework (Composite Capabilities/Preference Profile) und RDF (Resource Description Framework).


Traditionell stammen die Geräteprofile von den Telefonherstellern, die jeweils einen eigenen Repository-Server betreiben. Mit der Qualität dieser Informationen hapert es jedoch: «Die Hersteller aktualisieren diese Informationen oft nur widerwillig. Der wachsende Markt für Mobilportale dürfte aber bewirken, dass sich dies ändert», hofft Windler.


Um dem Problem der fehlenden respektive ungenauen technischen Endgeräte-Spezifikationen zu begegnen, unterhält der Anbieter der von Swiss Txt genutzten Emoveo-Plattform an seinem Hauptsitz in Kaiserslautern ein grosses Testlabor, in dem die neu erhältlichen Mobiltelefone laufend untersucht werden. Die Ergebnisse fliessen in eine eigene Gerätedatenbank ein, die so weitgehend auf dem aktuellen Stand gehalten wird.



Zukunft geht Richtung Open Source

«Heute haben wir mit Emoveo eine Plattform, die unsere Anforderungen erfüllt», lobt Andreas Windler die bestehende Lösung. «Allerdings sind damit auch zusätzliche Kosten verbunden.»


Es kommt Windler deshalb entgegen, dass die gängigsten Gerätedaten immer offener verfügbar werden. Das Wireless Universal Resource File (WURFL) stellt die gesammelten Daten via Sourceforge zur Verfügung. Etwas moderner aufgezogen, aber kostenpflichtig ist der Deviceatlas: Je nach Aktualisierungsfrequenz fallen pro Webserver, auf dem die Informationen genutzt werden sollen, Jahresgebühren zwischen 99 und 299 Dollar an. Beide Lösungen bieten eine gute Basis, müssen jedoch mit Daten aus eigenen Recherchen und Geräte-Tests ergänzt werden, sonst kann weder die Vollständigkeit noch die Qualität garantiert werden.


«Wir denken daran, auf Grundlage der frei verfügbaren Geräteprofile für die Zukunft eine eigene Lösung zu entwickeln. Damit würden die zusätzlichen Kosten für die bisherige Plattform wegfallen und wir könnten eine höhere Aktualität und Qualität der Gerätedaten sicherstellen.» Das Know-how für die Entwicklung einer eigenen Lösung ist bei Swiss Txt vorhanden, vor allem auch was das Transcodieren der Multimedia-Inhalte in die vielen verschiedenen Formate anbelangt.


Bereits sieht Swiss Txt jedoch neue Bedürfnisse der Deviceerkennung im Markt, die aktiv angegangen werden sollen. So ist zum Beispiel die Erkennung von Gamekonsolen oder TV-Screens auf Browserbasis in keiner bestehenden Lösung mitberücksichtigt. Letztlich geht es immer wieder darum, den Inhalt für den Konsumenten auf jedem Endgerät korrekt und ansprechend darzustellen.

(ubi)


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