«Green IT ist für uns ein schöner Nebeneffekt»
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/05
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Infoweek: Die Marke und das Getränk Rivella kennt fast jeder. Ihren IT-Leiter und die IT-Abteilung nur wenige. Wie sieht Ihre Organisation aus?
Franz Mannsberger: Wir haben ein sehr schlankes IT-Team, das aus total nur sieben Leuten besteht. Dazu gehören zwei Verantwortliche für die Windows-Clients und -Server, zwei SAP-Verantwortliche/-Projektleiter, zwei Informatik-Lehrlinge und ich als IT-Leiter. Zusammen betreiben wir praktisch die gesamte IT des Unternehmens mit ihren rund 250 Benutzern.
Das ist wirklich ein sehr kleines Team.
Ja, das ist so. Aber als ich 2002 bei Rivella anfing, waren wir sogar nur vier Leute. Mit der IT wuchs dann stetig auch unser Team mit. Denn unsere Strategie ist, rund 80 Prozent des täglichen Geschäfts intern zu betreiben. Natürlich arbeiten wir daneben für grössere Projekte mit vielen IT-Dienstleistern und Spezialisten zusammen. Wir haben ja beispielsweise keine eigene Entwicklungsabteilung. Wir streben dabei langfristige Partnerschaften an. Zurzeit sind es total sechs an der Zahl.
Software as a Service und Cloud Computing sind für Sie also kein Thema?
Nein, wir wollen wie erwähnt alles, was sinnvoll ist, selber betreiben. Bezüglich Backup habe ich mich einmal umgeschaut, ob wir das eventuell als Service beziehen könnten. Aber das rechnet sich für uns aktuell nicht. Das ist eines unserer grossen Probleme: Wir sind mit rund 250 Benutzern ein sehr grosses KMU, aber gleichzeitig zu klein, um so schöne Lösungen wie «Grosse» zu erhalten. Es gibt meiner Meinung nach kein optimales Lizenzmodell für Unternehmen unserer Grösse und Art.
Ihr Team betreut eine moderne, grosse IT. Wie sieht sie ganz grob aus?
Unsere IT-Infrastruktur hat sich in den letzten Monaten stark verändert. Die Rivella-Verwaltung und wir sind im Dezember 2008 in ein neues Gebäude gezogen und haben in diesem Zusammenhang viel zentralisiert und konsolidiert. Unter anderem wurde ein neuer, einheitlicher Personalausweis, der auch zur Bezahlung an Automaten dient, inklusive Zutritts-System eingeführt. Wir haben ausserdem einen IT-Raum geschlossen und im Neubau mit einem anderen kombiniert. Daneben existiert noch ein zweiter, der in Zukunft als redundanter, gespiegelter Serverraum des neuen dienen soll und so für eine deutlich höhere Verfügbarkeit sorgen wird. Von 24 Stunden Ausfallzeit wollen wir damit auf weniger als einen halben Arbeitstag, also unter 4 Stunden kommen.
Stimmt es, dass Sie in letzter Zeit auch sehr viel virtualisiert haben?
Ja, wir befassen uns schon ganz lange mit dem Thema Virtualisierung. Denn unsere IT wuchs rasant. Ein Beispiel: Als ich 2002 zu Rivella kam, hatten wir sechs produktive Server, heute sind es rund fünfzig. Wir konnten nicht einfach immer nur neue Geräte kaufen. Deshalb wird auf den Servern, die seit zwei Jahren vor allem HP-Blade-Modelle sind, mit VMware ESX virtualisiert. Client-seitig setzen wir seit 2002 auf den heutigen Citrix Presentation Server und betreiben damit eine Applikations-Bereitstellung. Mit dem Einzug in das neue Gebäude haben wir zudem unser Netzwerk virtualisiert. Weiter steht ein Projekt zur Speichervirtualisierung mit einem SAN an.
Virtualisierung hat unbestritten einige Vorteile. Haben Sie aber auch Nachteile festgestellt?
Mit der Virtualisierung wurde alles viel komplexer. Vorher wusste ich, was wo und auf welchem Server läuft. Heute muss ich wortwörtlich eine Liste haben, wenn ich mich orientieren will.
Sie haben Blade-Server erwähnt und dass viel konsolidiert wurde. Spielt da das Thema Green IT eine Rolle?
Nein, nicht direkt. Green IT ist für uns viel mehr ein schöner Nebeneffekt. Ein Beispiel: Mit dem Umzug im Dezember haben wir alle Citrix-Arbeitsplätze mit 140 auf die Client-Virtualisierung optimierten Thin Clients ausgestattet und damit die alten, grossen sowie überdimensionierten Rechner ersetzt. Der Nebeneffekt: Thin Clients brauchen deutlich weniger Strom. Wir sind also quasi nebenbei deutlich «grüner» geworden und sparen Geld. Auch wurde beim Neubau des Rivella-Verwaltungsgebäudes natürlich speziell auf umweltfreundliche Lösungen geschaut. So werden im neuen Serverraum beispielsweise Klimageräte mit Wärmerückgewinnung eingesetzt.
Was für Projekte stehen in nächster Zukunft an?
Es kommt einiges auf uns zu. Als erstes werden wir demnächst unsere zweijährlich stattfindende grosse Sicherheitsüberprüfung durchführen. Auf deren Ergebnis bin ich sehr gespannt, weil es die erste am neuen Standort ist. Einige andere Projekte wie die Einführung eines SAN oder die Spiegelung der Serverräume habe ich bereits angesprochen. Daneben evaluieren wir derzeit eine neue SAP-Plattform, werden im dritten Quartal unser ECM-System mit dem neusten Update versehen und unser im Sommer 2008 eingeführtes CRM-System ausbauen. Ausserdem haben wir ein Voip-Pilotprojekt geplant, das in Richtung UC gehen soll. Dabei stellt sich vor allem die Frage, wie und ob es sich in unsere virtualisierte Infrastruktur einbinden lässt. Schliesslich planen wir für 2010 die Einführung von Office 2007 und teilweise auch von Windows 7. Windows Vista überspringen wir.
Office 2007 wird kommen. Das bedeutet bekanntlich viel Schulungsaufwand. Wie schult Rivelle seine Mitarbeiter in IT-Belangen?
Wir haben ein Key-User-Programm, wo wir einzelne Benutzer in den verschiedenen Abteilungen speziell schulen und die dann ihr Wissen an ihre Kollegen weitergeben. Das funktioniert aber nicht wie gewünscht und kommt sehr auf die Initiative des Key-Users an. Für Office 2007 planen wir allerdings, die rund 200 Benutzer alle einzeln zu schulen. Wir haben dafür einen Schulungsraum mit rund 10 Arbeitsplätzen. Sie können sich vorstellen, dass sich die Schulungen also über einige Zeit hinziehen werden...
Wie sieht Ihr IT-Budget für das laufende und kommende Jahr aus?
Unser Budget ist seit längerem konstant und wird es auch in den kommenden Jahren sein, sofern die aktuelle, wirtschaftliche Krise keine allzu tiefen Spuren hinterlässt. Das Jahresbudget beträgt etwas weniger als drei Millionen Franken, was rund zwei Umsatzprozenten entspricht. Bezüglich Investitionen rechnen wir mit 0,5 bis einer Million Franken jährlich.
Haben Sie als IT-Leiter Einsitz in der Geschäftsleitung?
Nein, ich bin nicht in der GL. Dort sitzt der CFO, dem ich direkt unterstellt bin. Wir haben einen sehr guten Kontakt. Bis jetzt habe ich auch alle gewünschten Projekte realisieren dürfen. Es gibt ab und zu kleine Verschiebungen, aber das ist ja normal.
Abschliessend fragen wir uns, was Rivella ohne IT wäre. Gäbe es das beliebte Getränk noch?
Es ist bei uns nicht so extrem wie beispielsweise bei Banken. Unser Betrieb würde auch bei einem Ausfall der IT weiter funktionieren, da die Produktionsmaschinen für die Getränke separat von der restlichen IT laufen. Aber: Ein paar Prozesse, wie die Warenbewirtschaftung zum Beispiel, die heute elektronisch mittels Strichcode und Scanner funktioniert, müsste herkömmlich «analog» per Hand geschehen. Das würde zu einem grossen Zusatzaufwand führen. Allerdings würde ein solches Szenario nur bis zu zwei Tagen gut gehen, soweit im Voraus läuft nämlich die Planung. Danach würden der Produktionsabteilung neue Auftragsdaten aus dem SAP-System fehlen und die Rivella-Herstellung ins Stocken geraten.