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Mehr als ein E-Mail-Dienst dank Google

Weil die verwendete E-Mail-Lösung zu wenig Speicherkapazität bot und nur mangelhaft vor Spam schützte, hat Sunrise den Dienst an Google ausgelagert und auf Google Apps umgestellt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/04

     

Sunrise bot seinen 2,86 Millionen Kunden bislang die E-Mail-Dienste «Freesurf plus», «Mysunrise» und «Premiumsurf» an. Diese Services basierten auf einem Mailsystem mit verschiedenen Frontends, welche teilweise Sunrise-Eigenentwicklungen waren. Die drei Plattformen des Mailsystems stammten historisch bedingt aus unterschiedlichen Häusern wie Diax, Sunrise, Internet Access oder Spectraweb, welche wiederum in verschiedenen Bereichen wie beispielsweise den Webportalen verschiedene Lieferanten eingesetzt hatten.


Aufgrund der zu geringen Speicherkapazität, des mangelhaften Spam-Schutzes und der unzureichenden Benutzerfreundlichkeit boten die Dienste den Kunden keine zeitgemässe Leistung mehr. Für den Betreiber Sunrise kam der hohe Aufwand für die Kundenbetreuung sowie den Plattformbetrieb hinzu. Die Anonymität der Mailkonten führte überdies dazu, dass die E-Mail-Benutzer unbekannt blieben und keine Zuordnung zu den Kundendaten erlaubten.


Um die Probleme mit den bestehenden E-Mail-Diensten zu lösen, initiierte Sunrise verschiedene Projekte zum Ausbau oder Ersatz der E-Mail-Plattformen. Der Telekom-Anbieter analysierte unterschiedliche Ansätze wie den schrittweisen Ausbau der bestehenden Dienste oder den Inhouse-Aufbau einer neuen Plattform unter der Führung eines externen Spezialisten. Keiner erwies sich jedoch als dauerhaft geeignet. Laut Christian Wulle, zuständiger Product Manager bei Sunrise, habe man rasch erkannt, dass Sunrise «im Gegensatz zu spezialisierten Dienstleis-tern wie eben Google mit Gmail niemals dauerhaft die notwendigen Ressourcen bereitstellen kann, um einen solchen Dienst stets auf dem neusten Stand der Entwicklungen halten zu können». Dem Scheitern der Lösungsversuche folgte so die Einsicht, dass der Betrieb eines E-Mail-Dienstes nicht zu den Kernkompetenzen von Sunrise gehört und an erfahrene Spezialisten ausgelagert werden sollte.


Die Herausforderung war es, ein Unternehmen zu ?nden, das E-Mail-Dienste mit dem gewünschten Leistungsumfang über längere Zeit zuverlässig betreibt und weiterentwickelt, um das E-Mail-Angebot dauerhaft auslagern und somit effizienter und professioneller gestalten zu können.



Outsourcing als Lösung

In der Evaluierungsphase wurden verschiedene Möglichkeiten unter die Lupe genommen. Nach eingehender Analyse verschiedener Anbieter ?el die Wahl auf Google Apps. Denn für die Bedürfnisse von Sunrise präsentierte sich die Google Apps ISP Edition bei weitem als beste Lösung, da keine andere gehostete Lösung ein ähnliches Leistungsvermögen und so umfangreiche Zusatzdienste wie das Angebot von Google biete: «Wichtig ist uns, dass das Produkt kontinuierlich verbessert und ausgebaut wird, ohne dass wir selber grundlegende Entwicklungsarbeit leisten müssen», so Wulle. «Derzeit gibt es kaum vergleichbare Lösungen, die bereits ähnlich weit entwickelt sind.»


Weitere Kriterien für die Entscheidung für Google Apps als Grundlage des neuen Sunrise-E-Mail-Dienstes waren für das Unternehmen die Stabilität und Geschwindigkeit der Systeme sowie die aussergewöhnlich umfangreiche Speicherkapazität und der gute Spam-Schutz. Zusammen mit der bewährten Benutzerfreundlichkeit, dem günstigen Preis pro Mailbox und der Möglichkeit der bedarfsgerechten Anpassung an das Kundenumfeld stellte sich Google Apps so als massgeschneiderte Lösung für Sunrise dar. Beeindruckt zeigte sich Sunrise auch von den technischen Möglichkeiten des neuen E-Mail-Dienstes. Das neue «Sunrise mail» bietet auch eine persönliche Startseite (PSP), wo unter Verwendung der Google-Gadget-Technologie den Kunden zahlreiche Zusatzleistungen wie der SMS-/MMS-Sender, der TV-Tipp des Tages oder Music-Charts zur Verfügung stehen. Diese «Spielmöglichkeiten» gehören zu den Lieblingsfeatures von Wulle: «Das Konzept der Google Gadgets ?nden wir besonders spannend. Damit lassen sich ganz einfach und schnell eigene Inhalte einbinden. Ausserdem gefällt uns die Tatsache, dass die Grösse der Mailbox ständig wächst.»


Das gesamte Provisioning, unter anderem Registration, Lifecycle- und Passwort-Management, wird von Sunrise unter Verwendung der verfügbaren APIs und SAML-Single-Sign-On (SSO) betrieben. Aufgrund spezieller Gesetzesbestimmungen in der Schweiz musste zudem eine dedizierte Infrastruktur für die verlangte Überwachung des Mailverkehrs aufgebaut werden. Dies erforderte Entwicklungsarbeit sowohl bei Sunrise als auch bei Google. Implementiert wurde diese Infrastruktur zur Erfüllung gesetzlicher Richtlinien durch den Schweizer Spezialisten für Informationsintegration Basis06.


Implementierung und Migration

Für die Implementierung war eine genaue Bestandsaufnahme der aktuellen Situation wichtig. «Es galt, die Möglichkeiten der von Google angebotenen Tools und APIs auszuloten und den Aufwand für spezifische Anpassungen zu schätzen», so Wulle.


Bei der Projektdurchführung erwies sich schliesslich die Umwandlung der bereits bestehenden E-Mail-Konten auf Grund der Umstellung lokaler E-Mail-Konten und wegen der Umgewöhnung an die neue Mail-Oberfläche zum Teil als schwierig. «Dies führte zu einer erheblichen Anzahl Kunden, die für den Wechsel Unterstützung angefordert haben», so Wulle. Abgefedert werden konnte dies mit der Bereitstellung eines automatischen Wizard, der alle notwendigen Einstellungen wie Mailserver und Ports im E-Mail-Programm vornahm. Für den Wizard griff Sunrise auf die Dienste der Software-Entwickler von Mquadr.at zurück. Zudem wurden in der Migrationsphase zusätzlich temporäre Mitarbeiter von Tempobrain für die Kundenbetreuung eingesetzt. Die personalisierten Informationsmails an die Kunden wurden von der Firma Mayoris erledigt.


«Weitere Knacknüsse waren ebenfalls hauptsächlich im Bereich der Migration zu finden, da ja drei verschiedene bestehende Dienste auf einen einzigen neuen zusammengefasst wurden», erzählt Wulle weiter. Hier mussten ausgefeilte Prioritätenlisten und Staffelungen ausgearbeitet werden. «Die anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zur Überwachung des Mailverkehrs führten ebenfalls zu einigem Mehraufwand, da eine Hosted Solution anders funktioniert als eine herkömmliche Inhouse-Lösung.»


Von der Vertragsunterzeichnung bis zum Launch standen gut vier Monate zur Verfügung. Die eigentliche Implementierung inklusive Tes-ting dauerte rund drei Monate. Für die Migration, die im Februar 2008 begann, benötigte Sunrise hingegen auf Grund der intensiven Kundenbetreuung und der damit verbundenen gestaffelten Kommunikation wesentlich mehr Zeit als geplant, sie erstreckte sich über rund neun Monate.


Das neue «Sunrise mail» mit E-Mail, Kalender und persönlicher Startseite basiert auf der Google Apps ISP Edition und ersetzt alle bisherigen Maildienstleistungen für Privatkunden von Sunrise. Der Dienst steht allen Kunden zur Verfügung. Zu seiner bestehenden erhielt jeder Kunde eine neue E-Mail-Adresse hinzu.


Sicherheitsbedenken räumt Wulle aus dem Weg: «Sunrise übermittelt Google einzig den Namen sowie die E-Mail-Adresse des Mailkontos. Eingehende und ausgehende Nachrichten sowie Kontakte werden auf den Systemen von Google weltweit an verschiedenen Orten gespeichert, was die Ausfallsicherheit markant erhöht.»



Weiterentwicklung begeistert

«Die Unterstützung von Google während der gesamten Implementierungsphase war sehr gut, und auch bei der Wartung der Services pro?tieren wir von der kontinuierlichen Weiterentwicklung durch Google», äussert sich Wulle zufrieden zum Umstellungsprozess des E-Mail-Dienstes, der Ende 2008 abgeschlossen wurde. «Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung entsteht bei uns praktisch kein Entwicklungsaufwand für die Mailapplikation mehr, was ja auch Ziel des Projekts war», erklärt Wulle. Aufgrund der positiven Erfahrungen ist sich der Telekom-Anbieter sicher, dass Google Apps in naher Zukunft noch viele weitere Unternehmen überzeugen wird: «Wir gehen davon aus, dass sich weltweit weitere ISPs für eine Hosted Solution, basierend auf Google Apps, entscheiden werden. Eigenentwicklungen und der Inhouse-Betrieb von Diensten, die nicht zum Kerngeschäft gehören, rechnen sich zusehends nicht mehr. Ein Outsourcing solcher Dienstleistungen ist deshalb naheliegend.»


Wulle sieht aber auch noch Verbesserungspotential, insbesondere beim Customizing der Benutzeroberfläche sowie der Bereitstellung weiterer nützlicher Funktionen, die durch Sunrise angeboten werden, wie Gadgets auf der persönlichen Startseite.


Sunrise plant, die bestehende Partnerschaft mit Google in naher Zukunft noch weiter zu vertiefen. Schliesslich nutzt das Unternehmen nicht nur die Mail-Technologie von Google, sondern setzt auch auf weitere Dienstleistungen wie Google Adsense, Google Adwords oder die ?rmeninterne Unternehmenssuchmaschine GSA (Google Search Appliance).



In Kürze

· Das von Sunrise eingesetzte E-Mail-System bot zu wenig Speicherkapazität, und der Spam-Schutz war ungenügend.


· Sunrise hat zu wenig Ressourcen, um einen solchen Dienst auf dem neusten Stand der Entwicklung halten zu können.


· Deshalb entschied man sich für eine Auslagerung an einen externen Spezialisten.

(abr)


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