"Swiss IT Magazine": Was war Ihr Antrieb, als Sie vor zehn Jahren das Label Swiss Made Software ins Leben gerufen haben?Luc Haldimann: Ich war damals ganz neu mit meiner Firma Unblu am Markt, und habe nach einer Möglichkeit gesucht, die Schweizer Herkunft unserer Lösung auszuweisen – leider vergebens. Also habe ich mit Hilfe einiger Bekannten aus der Software-Branche selbst die Initiative ergriffen und
Swiss Made Software initiiert. Das Label diente somit vorerst zum reinen Selbstzweck. Allerdings wollte ich – wenn ich schon ein Label ins Leben rufe – das auch richtig machen und es auch anderen zur Verfügung stellen.
Warum ist Swiss Made Software als Label konzipiert, nicht als Verband?Unser Fokus liegt auf der Darstellung unserer Herkunft, auch wenn wir mit unseren Publikationen und Events auch viele Aktivitäten verfolgen, die über das Label hinausgehen und eher zu einem Verband passen würden. Kommt hinzu, dass es bereits genügend Verbände in der Schweizer ICT-Branche gibt, und wir als Label, das nicht einem Verband zugehörig ist, auch unsere Unabhängigkeit wahren können. Wir können mit unserem Label alle Anbieter erreichen, unabhängig davon, ob sie in einem Verband sind.
Haben Sie sich 2008 schon mit der Frage beschäftigt, wie Swiss Made Software 2018 aussehen könnte, und entspricht die heutige Realität in etwa diesem Bild?Ich bin sehr erfreut darüber, wie weit wir gekommen sind – vor allem in den letzten paar Jahren. In der Anfangszeit musste ich die Erfahrung machen, dass der Weg weit und steinig ist. Es brauchte seine Zeit, bis die Schweiz als Software-Standort wahrgenommen wurde. Heute aber sind wir dort, wo ich einst hinwollte. Wir zählen inzwischen über 500 Träger, allein im letzten Jahr sind 100 neue dazugekommen. Wir versammeln mit diesen Trägern über 10’000 Mitarbeiter der ICT-Kernbranche, haben über 600 Produkte und Dienstleistungen deklariert. Und ich bin überzeugt, dass das Wachstum weitergeht, wir konnten auch 2018 schon wieder zahlreiche neue Träger gewinnen.
Wie erklären Sie sich das beschleunigte Wachstum in der jüngeren Vergangenheit?In den ersten Jahren habe vor allem ich persönlich für das Label geweibelt. Über die Jahre haben wir aber unsere Strukturen professionalisiert, sind aktiver geworden mit gedruckten und digitalen Publikationen, Events und mehr. Entsprechend hat die Sichtbarkeit des Labels auch zugenommen. Ausserdem hat die Idee eines Schweizer Softwarelabels im Laufe der Zeit an Bedeutung gewonnen. Und nicht vergessen darf man, dass die Schweizer ICT-Branche gewachsen ist. Heute beschäftigt die ICT-Kernbranche 200’000 Leute, vor zehn Jahren waren es noch 100’000. Allerdings ist das Ganze kein Selbstläufer, hinter
Swiss Made Software steckt auch heute noch sehr viel Arbeit. Erfreut bin ich darüber, dass unsere Träger sehr treu sind – wir verzeichnen nur sehr wenige Abgänge.
Gibt es auch Schweizer Softwarefirmen, die Sie gerne als Träger an Bord hätten, aber noch nicht gewinnen konnten?Natürlich gibt es solche. Ich möchte jetzt nicht mit Namen um mich werfen, aber gerade grössere Anbieter wie Swisscom oder die Schweizerische Post, die im B2C-Bereich tätig sind, würden wir gerne noch für uns gewinnen. Und ich bin überzeugt, dass wir das über kurz oder lang auch schaffen – wir werden die Gespräche diesbezüglich auch noch intensivieren.
Was macht denn Swiss Made Software für eine Trägerfirma besonders interessant?Ich bin überzeugt, dass die Bedeutung der lokalen Herkunft in den letzten Jahren zugenommen hat, national wie international. Der Ursprungsgedanke greift heute wieder mehr, nachdem die Globalisierungswelle doch auch für Ernüchterung gesorgt hat. Die Auszeichnung Swiss Made ist ein lokaler Faktor, der sich gut exportieren lässt. Nicht zu vergessen ist zudem auch der Community-Gedanke. Man ist als Träger Teil der Swiss-Made-Software-Community, wir versuchen nicht nur, die Unternehmen sichtbar zu machen, sondern auch untereinander zu vernetzen.
Um beim Thema der Notwendigkeit zu bleiben: Denken Sie, das Swiss-Made-Label ist für die Schweizer Software-Branche heute wichtiger, als es das vor zehn Jahren war?Es war damals notwendig, und die Notwendigkeit ist nicht geringer geworden in den letzten zehn Jahren. Ich glaube aber, der Wert von Swiss Made Software hat zugenommen, die Bedeutung der Schweiz als Softwarestandort, als Entwicklungsstandort und nicht zuletzt als Standort für Datenhaltung ist gestiegen.
Wenn Sie auf die letzten zehn Jahre Swiss Made Software zurückblicken – auf was sind Sie besonders stolz?Sicherlich auf die Zahl der Träger, die wir heute bei uns vereinen. Stolz sind wir aber auch darauf, was wir mit unseren Events und Publikationen erreichen konnten.
Und gibt es etwas, das Sie heute anders machen würden?Mit den Erfahrungen, die ich gemacht habe, würde ich vielleicht schneller und fokussierter eine gewisse Richtung einschlagen. In der ersten fünf Jahren
Swiss Made Software waren wir noch ein etwas explorativ unterwegs. Wenn ich aber auf die zweite Hälfte blicke, gibt es nicht viel, was ich anders machen würde.
Können Sie mir noch etwas zu den Schwerpunkten erzählen, die Swiss Made Software in absehbarer Zukunft setzen möchte?In diesem Jahr steht sicher der Geburtstag im Mittelpunkt, mit diesem Buch, aber auch mit einigen Events, die noch geplant sind. Dann wollen wir basierend auf dem gedruckten Buch vermehrt auch digital Inhalte publizieren. Dabei streben wir eine gewisse Regelmässigkeit an. Ein weiteres Thema, das uns beschäftigt, ist Hosting in der Schweiz. Wir sind aktuell daran, ein "Hosted in Switzerland"-Logo zu erarbeiten, um solchen Angeboten ein Gesicht zu geben. Wie bereits angesprochen sind wir überzeugt, dass die Bedeutung von Datenhaltung in der Schweiz noch zunehmen wird – nicht zuletzt wegen der jüngsten Datenskandale rund um Facebook und Co. Und auch sonst möchten wir uns etwas breiter aufstellen, uns öffnen, zum Beispiel auch Services rund um Software Platz einräumen. Und nicht zuletzt möchte ich unser Angebot für junge Menschen, die auf der Suche nach einem Praktikum oder einer Diplomarbeit sind, erwähnen. Wir bieten hier eine interaktive Webmap, wo Träger ihr Interesse angeben können, Projekte zu unterstützen. Aktuell haben wir zwischen 50 und 60 Unternehmen, die das tun – damit sind wir die grösste Ressource dieser Art in der Schweiz.
Wenn Sie nun zehn Jahr vorausblicken: Wie wird Swiss Made Software 2028 aussehen?Ich hoffe, dass wir die Zahl der Träger bis in zehn Jahren mindestens verdoppeln können. Wenn jemand in der Schweiz Software herstellt, soll es selbstverständlich sein, dass er diese Software auch mit unserem Label auszeichnet. Und ich hoffe, dass wir unseren Beitrag leisten, die Attraktivität der Software-Entwicklung – gerade auch für den IT-Nachwuchs – in der Schweiz zu steigern.
Zum Schluss: Wenn Sie bezüglich Swiss Made Software einen Wunsch äussern könnten, wie würde dieser Wunsch lauten?Ich wünsche mir, dass die Bekanntheit von Software aus der Schweiz steigt, die Schweiz in Zukunft zum Inbegriff für gute Software wird, Swiss Made Software – nicht bezogen auf unser Label, sondern auf das Produkt Software – sich in der DNA der Schweiz verankert. Software soll eine Kornkompetenz der Schweiz werden, das wäre mein Wunsch.
Zur Person
Luc Haldimann studierte Informatik an der ETH Zürich. Über sein Engagement für den Technologiestandort Schweiz im Rahmen von Swiss Made Software hinaus ist Luc Haldimann Vorstandsmitglied des SwissICT-Verbands sowie Mitgründer und Geschäftsführer des Softwareherstellers Unblu. Davor war er international in leitender Funktion bei der kanadischen Firma Open Text tätig. Weitere Stationen waren IXOS sowie der Content-Management-Hersteller Obtree, dessen Mitgründer und VR-Präsident er war.
Swiss Made Software Kompendium
Dieses Interview entstammt dem
Swiss Made Software Kompendium, der Jubiläumsausgabe anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Labes Swiss Made Software (
www.swissmadesoftware.org). Das Buch ist im Mai erschienen. "Swiss IT Magazine" verschenkt 50 Exemplare des Buches, bei Interesse können Sie sich
hier um eines der Gratis-Exemplare bewerben. Es gilt: First come, first served.
(mw)
(Quelle: Swiss Made Software)