Schon seit mehr als 5'000 Jahren kämpfen Menschen gegen Krebs -
die ersten Aufzeichnungen darüber stammen aus dem alten Ägypten. In dieser Zeit haben Wissenschaftler, Ärzte und Pflegekräfte enorme Fortschritte gemacht - sei es in der Forschung, bei der Diagnostik oder den Behandlungsmöglichkeiten. Doch die Herausforderung wächst weiter: Jedes Jahr sterben weltweit etwa 10 Millionen Menschen an Krebs. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass die Zahl der Neuerkrankungen bis 2050 stark zunehmen wird - von geschätzten 20 Millionen im Jahr 2022 auf über 35 Millionen Fälle pro Jahr –
ein Anstieg um 77 Prozent.
Auch wenn die Welt noch nach einer endgültigen Heilung für Krebs sucht, eröffnen moderne Technologien neue Wege im Kampf gegen die Krankheit. Besonders Cloud-Computing macht vieles möglich: Dank bezahlbarer und skalierbarer Cloud-Lösungen können Gesundheitsdienstleister und Patienten die Krankheit von der Früherkennung bis zur Genesung effektiver bekämpfen. Dank künstlicher Intelligenz beispielsweise, können Mediziner heute in kürzester Zeit wichtige Erkenntnisse aus genetischen, klinischen und bildgebenden Daten gewinnen. Grosse Datenmengen lassen sich heute in kürzester Zeit analysieren. Gleichzeitig verbindet die sichere Datenübertragung Forscher rund um den Globus und ermöglicht eine Zusammenarbeit in Echtzeit. Auch für Patienten ergeben sich neue Möglichkeiten: Durch Telemedizin und digitale Fernbetreuung können sie aktiver an ihrer Behandlung mitwirken.
„Die Technologie ist kein Wundermittel gegen Krebs, aber sie unterstützt die wahren Helden im Kampf gegen die Krankheit“, erklärt Peter Ronchetti, General Manager Switzerland/Austria Public Sector bei AWS. „Technologie macht die Forschung effizienter, beschleunigt und präzisiert Diagnosen, treibt die Medikamentenentwicklung voran und verbessert durch Telemedizin sowie inklusivere klinische Studien den Zugang und die Versorgung."
Forschung: Wie die Analyse des Erbguts uns hilft, Krebs besser zu verstehen
Krebs entsteht durch eine unkontrollierte Teilung abnormaler Zellen, die meist durch genetische Veränderung in unserem Erbgut ausgelöst wird. Was die Sache so kompliziert macht: Die Gene im Tumor verändern sich laufend, während er wächst. Und obwohl jede Krebsart zwar ihre eigene genetische Signatur hat, sind die Gene in jedem Tumor und sogar die Zellen innerhalb eines Tumors unterschiedlich.
Um diese genetischen Unterschiede bei Krebs zu verstehen, müssen enorme Datenmengen generiert und analysiert werden. Damit Ärzte die richtigen Erkenntnisse aus den Daten ziehen können, müssen sie auf diese Informationen zugreifen können - selbstverständlich unter strikter Wahrung des Patientenschutzes. Die Daten müssen sicher gespeichert und durch Visualisierung und Analyse so aufbereitet werden, dass sie sowohl die Patientenbehandlung als auch die Entwicklung neuer Medikamente unterstützen.
Ein solches Projekt ist der
Cancer Genome Atlas. Hierbei wurden Daten von fast 20'000 Tumoren sowie gesunden Gewebeproben von 11'328 Patienten mit 33 verschiedenen Krebsarten gesammelt.
Die daraus gewonnenen Visualisierungen zeigen, wie sich verschiedene Krebsarten entwickeln und ausbreiten. Sie geben Aufschluss über die Ursprungszellen, wie verschiedene Virusvarianten Mutationen anstossen und welche Signalwege im Körper für die effektive Behandlungen genutzt werden können. Der Atlas ist Teil des AWS
Registry of Open Data und steht Forschern weltweit zur Verfügung.
Besserer Zugang zu schnellerer Diagnostik
Ein Meilenstein in diesem datengestützten Ansatz zur Entschlüsselung von Krebs ist die kostengünstige DNA-Sequenzierung eines jeden Patienten. Das kalifornische Unternehmen Ultima Genomics hat auf AWS einen leistungsstarken, kosteneffizienten Sequenzer der nächsten Generation entwickelt. Während die Sequenzierung eines kompletten menschlichen Genoms vor zehn Jahren noch 1'000 Dollar (ca. 900 CHF) kostete, ist sie heute für nur 100 Dollar (ca. 90 CHF) möglich.
Die von Ultima Genomics entwickelte Genomsequenzierung beschleunigt die Krebserkennung durch kostengünstige genetische Analysen erheblich. Ein weiteres Beispiel für eine schnellere Diagnostik ist das
Münchner Leukämielabor, das mithilfe von
Amazon Elastic Compute Cloud (Amazon EC2) seine genomische Datenverarbeitung optimiert hat: Die Rechenzeit wurde von 20 auf drei Stunden reduziert, was sowohl die Geschwindigkeit als auch die Genauigkeit der Diagnose verbessert.
Die meisten Krebsdiagnosen beginnen allerdings nicht mit einer umfassenden genetischen Analyse. Oft entdecken Ärzte Anzeichen für Krebs bei einer routinemässigen Untersuchung oder wenn Patienten wegen scheinbar unzusammenhängender Beschwerden in die Praxis kommen. Künstliche Intelligenz trägt hier entscheidend zur Verbesserung der Überlebensraten bei, indem sie subtile visuelle Indikatoren der Krankheit erkennt - auch wenn diese nicht im Fokus der ursprünglichen Untersuchung standen.
„Krebsdiagnosen basieren noch immer hauptsächlich auf der mikroskopischen Untersuchung von Gewebeproben durch Pathologen“, erklärt Michael Rivers, VP Digital Pathology bei Roche Tissue Diagnostics. Das Unternehmen
hat gemeinsam mit Ibex und AWS KI-gestützte Diagnostikwerkzeuge für pathologische Labore entwickelt, die über seine Navify-Plattform zugänglich sind. „Die Digitalisierung dieser Proben ermöglicht den Einsatz KI-basierter Bildanalysen zur Unterstützung von Diagnose und Therapieplanung.“
Eine der beeindruckendsten Möglichkeiten der KI in der Diagnostik ist laut Rivers die Fähigkeit der Grundlagenmodelle, unter kontrollierten Bedingungen eigene Strategien zur Bildanalyse zu entwickeln. „Erklärbare KI ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Lösungen. Wir stellen den Pathologen Wärmekarten und Overlays zur Verfügung, die zeigen, wie der Algorithmus ein Bild interpretiert. Die endgültige Diagnose liegt aber immer in der Verantwortung des Pathologen.“
Individualisierte Krebsbehandlung für alle
Wenn Ärzte die genetischen Besonderheiten des Krebses ihrer Patienten kennen und darauf aufbauend eine massgeschneiderte Behandlung anbieten können, verbessern sich die Heilungschancen.
Genomics England untersucht dafür das Erbgut von Krebspatienten und ihrer Tumore, um die bestmögliche Therapie zu finden. Dabei wird analysiert, welche Gene das Krebswachstum fördern, welche Behandlungen am erfolgversprechendsten sind und mit welchen Nebenwirkungen der einzelne Patient rechnen muss.
Eine aktuelle Studie in der Fachzeitschrift Nature Medicine, die sich auf Daten von Genomics England stützt, zeigt: Bei neun von zehn Patienten mit Hirntumoren sowie Darm- und Lungenkrebs können genetische Erkenntnisse den Weg zur richtigen Behandlung weisen. Diese personalisierten Therapien setzen oft auf zielgerichtete Medikamente - eine Form der Chemotherapie, die sich gezielt gegen die veränderten Krebszellen richtet. Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden werden dabei gesunde Zellen geschont.
Um diese Arbeit weiter voranzutreiben, nutzt Genomics England die KI-Modelle von Anthropic (Claude) auf Amazon Bedrock. Diese helfen Forschern unter anderem dabei, Zusammenhänge zwischen Genvarianten und Krankheiten - einschliesslich Krebs - besser zu verstehen.
Bei Krebs gibt es keine Einheitslösung - jeder Fall ist so einzigartig wie die Gene im Tumor selbst. Die Cloud hilft dabei, diese Herausforderung in eine Stärke zu verwandeln, indem sie den Kampf gegen Krebs individueller und inklusiver gestaltet. Das führt nicht nur zu gezielteren und wirksameren Therapien. Es hat auch einen grossen psychologischen Nutzen: Wenn sich Patienten persönlich verstanden und unterstützt fühlen, verbessert dies nicht nur die Behandlungsergebnisse, sondern auch die gesamte Patientenerfahrung erheblich.
Der Autor
Peter Ronchetti, General Manager Switzerland/Austria Public Sector bei AWS