Editorial

Mehr Speed für den Misthaufen

Aus dem World Wide Web wurde quasi über Nacht das World Wide Wait, das weltweite Warten. Heute stehen wir an der Schwelle zum Internet der nächsten Generation.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/17

     

Es ist noch nicht so lange her, da bestand das Internet aus einigen grauen Regierungsseiten sowie ein paar Universitätsseiten mit wenig Informationen zu mehr oder weniger aktuellen Vorlesungen und anderen News aus dem Campus-Leben. Tim Berners-Lee hat diese Angebote mit der Erfindung der Seitenbeschreibungssprache HTML möglich gemacht, das World Wide Web war geboren. Die Übertragung war trotz tiefster Bandbreiten einigermassen zügig, schliesslich galt es bloss einige wenige Buchstaben durch die Kabel zu schleusen.



Das hat sich vor fünf, sechs Jahren gründlich geändert. Netscape, damaliger Marktführer für Web-Browser, führte Möglichkeiten zur Integration von Bildern und Sounds in Webseiten ein, andere Firmen doppelten mit Plug-ins für verschiedenste multimediale Inhalte nach. Gleichzeitig entdeckten Firmen und Private das Internet als grosse Spielwiese, auf der sich allerlei Allotria treiben liess. Die Zahl der Webseiten stieg explosionsartig, dito die Zahl der zu übertragenden Bits und Bytes.




Und die Hardware? Die hinkte für einmal der Entwicklung hinterher. Überlastete Einwahlknoten, überforderte Leitungen und deshalb quälend langsam eintreffende Daten dürften wohl jedem Surfer bestens bekannt sein.



Aus dem World Wide Web wurde quasi über Nacht das World Wide Wait, das weltweite Warten. Heute stehen wir an der Schwelle zum Internet der nächsten Generation. Nicht nur, dass sich die Webangebote von Unternehmen zunehmend in Richtung seriöser Business-Plattform entwickeln und die Backbones mittlerweile genügend Bandbreite auch für hohe Datenaufkommen bieten. Mit ADSL und dem Internet-Zugang per TV-Kabel stehen heutzutage auch privaten Anwendern mit kleinerem Budget hochperformante Connections zur Verfügung.



Endlich rücken die Internet-Killeranwendungen der Zukunft in greifbare Nähe. Künftig werden wir übers weltweite Netz in sinnvoller Qualität telefonieren können, und auch die gleichzeitige Übertragung von Echtzeitbildern für Video-Telefonate dürfte dann nicht mehr allzulange auf sich warten lassen. Streaming Media in Bildschirmgrösse und mit hoher Qualität, Video on Demand und andere vielversprechende Anwendungen warten bereits auf ihren Einsatz im Alltag.



Aber nicht nur neue Anwendungen werden von der höheren Bandbreite profitieren. Auch die bestehenden Web-Angebote werden weiter ausgebaut und dennoch schneller übertragen werden können.



Bis es soweit ist, dürfte es allerdings doch noch einige Zeit dauern. Einen schnelleren Einfluss auf die Verbesserung der Web-Performance kann man sich dagegen von der neuen ESI-Caching-Technologie (Edge Side Include) versprechen, die Oracle und der Caching-Spezialist Akamai gemeinsam entwickelt haben. Mit dem Verfahren lassen sich nun auch komplexe Webseiten mit einer Kombination aus statischen und dynamischen Elementen optimal auf möglichst dezentralen Servern cachen. Die Inhalte werden so direkter und schneller zum Surfer gebracht (vgl. Print-Ausgabe S. 13).



A propos Inhalte: "Das (heutige) Internet ist ein grosser Misthaufen", hat Joseph Weizenbaum, einer der Entwickler des Internet-Vorläufers Arpanet, unlängst gesagt. Das dürfte sich auch mit neuer Technologie und höherer Performance so schnell nicht ändern.



Ohne Server kein Web: Im April hat der Open-Source-Webserver Apache gemäss Netcraft einen Marktanteil von 62,25 Prozent auf sich vereint. Über diese und andere Entwicklungen aus den Bereichen Open Source und Linux wollen wir Sie künftig verstärkt informieren. Die zweiwöchentlich erscheinende Spezialseite "Linux-News" startet in der Print-Ausgabe auf Seite 8.




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