Thomas Bader, Mitglied des Organisationskomitees Big Brother Award
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/20
In der Liste der Nominierten finden sich kaum IT-Unternehmen. Sind die alle so nett, oder handelt es sich um ein Rudel Wölfe im Schafspelz?
Das Fehlen von Schweizer IT-Unternehmen liegt daran, dass Softwarefirmen, die Kontrollmassnahmen in ihre Produkte einbauen, in der Schweiz kaum zu finden sind. Da zudem
nicht alle Datenschutzverletzungen belegt werden können, bleiben sie oft verborgen, und die Verursacher können nicht nominiert werden.
Bei den Begründungen für die Nominationen findet man
eigentlich nur Dinge, die schon gemacht wurden, als IT eine viel kleinere Rolle gespielt hat. Heisst das, dass der Datenschutz in der Informatik heute schon weitgehend umgesetzt ist?
Nein, überhaupt nicht. Aber die Werkzeuge, die sie bereitstellen, können sowohl zum Eindringen in die Privatsphäre als auch zum Schutz derselbigen verwendet werden. Zusätzlich ist beim Personal in IT-Unternehmen eine Sensibilisierung bezüglich Datenschutz vorhanden.
Auch Schnüffeleien im Internet scheinen nicht im Trend zu liegen. Oder sind die Schnüffeleien im Internet inzwischen dermassen ausgefeilt, dass sie fast nicht mehr festgestellt werden können?
Schnüffeleien im Internet sind sehr im Trend. Ein Beispiel wäre, dass Internetzugangsanbieter vom Staat dazu verpflichtet wurden, E-Mails für 6 Monate zu speichern. Auch Spyware ist ein Thema, das nicht unterschätzt werden sollte.
Lässt sich gegen Schnüffeleien, vor allem am Arbeitsplatz, technisch etwas tun, oder hängt es vom Glück der Betroffenen ab, ob sie die Bespitzelung bemerken?
Da das Personal in der Regel die Computer nicht selber administriert, kann hier einzig das Vertrauen in die Abteilung, welche die Rechner verwaltet, beruhigend wirken. Zudem haben die Administratoren normalerweise permanent Zugriff, so dass auch der Einsatz von Verschlüsselungssoftware nicht unbedingt Sicherheit bringt.
Sind die Benutzer denn ausreichend sensibilisiert oder herrscht da noch ein grosser Aufklärungsbedarf?
Der Bedarf an Aufklärung ist meiner Ansicht nach sehr gross, was wir immer wieder an unserer Veranstaltungsreihe Frühlingsüberwachen beobachten können.
Sehen Sie die Big Brother Awards überhaupt als adäquates Mittel, um gegen die Überwachung zu kämpfen?
Ich sehe die BBA als eines der Mittel, die der Aufklärung über die Problematiken im Zusammenhang mit der Erosion der Privatsphäre dienen. Denn es ist sehr wichtig, dass auch die kritische Meinung zur Thematik ihren Platz hat, da sie sonst gerne verschwiegen wird.