Crusoe: Stromverbrauch gering, Leistung durchschnittlich
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/38
Sony und NEC haben Mitte Oktober die ersten Notebook-Modelle mit dem 600-MHz-Prozessor Crusoe TM5600 von Transmeta angekündigt. Der LaVie MX von NEC ist nur in Japan erhältlich; er soll mit einer Batterieladung bis zu elf Stunden laufen. Sony liefert in den USA ab Ende Oktober das Vaio-Modell C1VN für rund 2300 Dollar aus; in der Schweiz wird ein ähnliches Gerät namens C1VE in rund zwei Wochen folgen. Beide Modelle gleichen mit integrierter Videokamera und Breitformat-Bildschirm (1024x480 Pixel) dem bisherigen PictureBook C1XD, das mit einem 400-MHz-getakteten Mobile Pentium II arbeitet. Eine 12-Gigabyte-Harddisk, 128 MB RAM und als Neuerung ein Rage-Mobility-Grafikchip von ATI bieten genug Raum für die Multimedia-Anwendungen, auf die Sony mit der PictureBook-Serie abzielt.
Auch andere Hersteller interessieren sich für Crusoe, haben jedoch noch keine konkreten Ankündigungen gemacht. IBM zum Beispiel hat Prototypen auf Basis des Ultramobil-Modells 240 getestet, bisher aber nicht entschieden, ob noch dieses Jahr ein Crusoe-basierter ThinkPad X20 auf den Markt kommt.
Der neue Chip zeichnet sich vor allem durch einen geringen Stromverbrauch aus und ist damit für den mobilen Einsatz prädestiniert. Dabei hilft die sogenannte LongRun-Technologie, die sowohl Taktfrequenz als auch Spannungsversorgung den aktuellen Betriebsanforderungen anpasst. Der in den neuen Notebooks verwendete Crusoe TM5600 kann wahlweise mit 300 MHz bei 1,2 Volt oder mit 600 MHz bei 1,6 Volt betrieben werden. In typischen Office-Anwendungen verbraucht Crusoe weniger als 1 Watt Strom, im Leerlauf gerade mal 60 Milliwatt.
Das Sony-Modell zeigt, dass die Stromersparnis sich durchaus auf die Batterielaufzeit auswirkt: Während der Vorgänger C1XD mit dem Standardakku "bis zu 2 Stunden" läuft, versorgt die gleiche 20-Wh-Batterie laut Datenblatt das Crusoe-basierte C1VN während "2,5 bis 5,5 Stunden" mit Energie.
Aber auch Intel schläft nicht: Der Prozessorgigant hat mit SpeedStep eine vergleichbare Stromspar-Technologie im Programm und zielt für künftige Mobile-Pentium-III-Varianten auf einen Stromverbrauch von 0,5 Watt.
Erste Tests der Zeitschrift c't mit dem Sony-Notebook zeigen, dass der neue Prozessor in der Praxis nur durchschnittliche Leistung bringt. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass Crusoe Intel-Prozessorbefehle nicht direkt ausführen kann, sondern per "Code-Morphing" zuerst in den internen VLIW-Befehlssatz übersetzen muss.
Mit 600 MHz bringt es der Crusoe auf einen BAPCo-Sysmark-2000-Wert von 50. Ein gleich schnell getakteter Pentium III schafft immerhin 92, und auch ein PIII mit 500 MHz kommt spielend auf 86 Punkte. Verglichen wurde mit einem Acer-Notebook mit identischem Grafiksystem. Ob der Transmeta-Chip wie erhofft zum Intel-Killer wird, ist damit vorerst fraglich.