Novell ZENworks 6.5: Der lange Marsch

Mit der Version 6.5 von ZENworks stellt Novell den Gesamtansatz in den Vordergrund. Noch hapert es aber an einigen Stellen mit der Integration der Module.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/19

     

Als Novell die erste Version von ZENworks auf den Markt gebracht hat, war ZENworks eine reine Desktop-Management-Lösung. Mit der Zeit kamen mit ZENworks for Servers und ZENworks for Handhelds weitere Produkte hinzu. Der nächste Schritt nach der Akquisition von Ximian wäre ZENworks for Linux gewesen, also ein auf Ximians Red Carpet basierendes Produkt für die Verwaltung von Linux-Servern und -Desktops. Da Novell zudem bei Patchlink auch noch eine Patch-Management-Lösung lizenziert hat, hätte das nach und nach zu einer recht unübersichtlichen Produktpalette geführt. Das dürfte einer der massgeblichen Gründe für die Konsolidierung der Produkte unter der Bezeichnung ZENworks 6.5 sein, wobei es mit ZENworks 6.5 Desktop Management oder ZENworks 6.5 Linux Management immer noch viele Module als Einzellizenzen gibt. Der zweite wichtige Grund ist, dass Novell sich als Infrastruktur-Anbieter für heterogene Umgebungen positioniert – mit der Unterstützung von Windows, Linux, Unix und NetWare auf der Server-Seite sowie Windows und Linux auf dem Desktop. ZENworks 6.5 soll alle dafür erforderlichen Funktionen bereitstellen. Die Unabhängigkeit von NetWare und von spezifischen Novell-Clients ist dabei ein wichtiges Ziel.


Die Komponenten

ZENworks 6.5 besteht aus fünf Hauptkomponenten und einigen Add-ons. ZENworks 6.5 Desktop Management ist eine Client-Management-Anwendung mit Funktionen wie der Client-Konfiguration, der Inventarisierung und der Softwareverteilung. Für ZENworks Linux Management ist schon kurz nach dem Release die Version 6.6 angekündigt worden. Diese Version unterstützt die neuesten Varianten von Suse Linux. ZENworks Linux Management ist für die Analyse von Abhängigkeiten zwischen installierten Paketen auf Linux-Systemen und die Softwareverteilung auf Linux-Clients und -Servern zuständig. Das ZENworks Patch Management wurde ebenfalls schon kurz nach dem Release der ZENworks 6.5 Suite aktualisiert. Statt der Version 5 wird nun die Version 6 der von PatchLink lizenzierten Software für die Verteilung von Patches angeboten. Die Version 5 hatte in unseren Tests einige Probleme bereitet, so dass diese Aktualisierung sehr zu begrüssen ist. Ein weiteres Modul ist ZENworks Server Management, das frühere ZENworks for Servers. Dieses bietet Funktionen wie die Softwareverteilung auf Server, aber auch die Lastanalyse von Netzwerk und Servern. Schliesslich gibt es noch ZENworks Handheld Management. Auch das ist eine Client-Management-Lösung, die im Gegensatz zum Desktop Management aber nicht auf Windows-Geräte, sondern auf PDAs und andere mobile Clients ausgerichtet ist.






Neben diesen fünf Kernkomponenten gibt es noch Zusatzmodule, die auf den Companion-CDs geliefert werden: das Software Packaging für die Erstellung von Softwarepaketen für das Server Management und das Desktop Management, die Personality Migration für die Übernahme von Benutzerkonfigurationen bei Aktualisierungen von Windows-Systemen und das gross als Data Management bezeichnete Modul, hinter dem sich aber nichts anderes als Novell’s Produkt iFolder verbirgt. Die verschiedenen Module werden komplett mit der ZENworks 6.5 Suite ausgeliefert und finden sich in unterschiedlichen Zusammenstellungen bei den Einzellizenzen wie beispielsweise dem ZENworks 6.5 Desktop Management, in dem unter anderem auch Patch Management, Personality Migration und Packaging enthalten sind.


Suite oder Einzelprodukte?

Bei der Vielzahl an Modulen stellt sich die Frage, ob ZENworks 6.5 wirklich eine integrierte Suite oder doch eher ein Sammelsurium von Einzelprodukten ist, die im Laufe der Zeit von Novell entwickelt, zugekauft oder lizenziert wurden. Wenn man einzelne Funktionen wie das Linux Management oder das Patch Management herausgreift, dann scheint die Antwort zunächst eher zu sein, dass es sich um eine vertrieblich bedingte Zusammenstellung handelt. Denn das Patch Management ist ein weitgehend eigenständiges Produkt, das seine Informationen beispielsweise in einer Microsoft-SQL-Server-Datenbank ablegt, während beim Linux Management entweder PostgreSQL oder Oracle 9i eingesetzt werden kann. Auch bei den unterstützten Betriebssystemen gibt es deutliche Unterschiede. Viele Funktionen von ZENworks Server Management sind nur für Windows- und NetWare-Server, nicht aber für Linux oder Solaris verfügbar. ZENworks Patch Management läuft nur auf Windows-Servern, das Linux Management dagegen (wenig überraschend) nur auf Linux-Servern. Eine wirklich zentrale Struktur wird sich also zum derzeitigen Stand nicht realisieren lassen, bei der mit wenigen Management-Servern gearbeitet wird.






Mit dieser Sichtweise tut man Novell aber unrecht. Novell ist dabei, aus verschiedenen Komponenten eine einerseits offene und andererseits gut integrierte Infrastruktur zu realisieren. Ein gutes Beispiel dafür ist ZENworks Handheld Management. Das erste Release setzte noch das Active Directory voraus. Mittlerweile ist das Produkt aber in gleicher Weise mit dem Novell eDirectory integriert wie beispielsweise ZENworks Desktop Management. Die Entwicklung von ZENworks in den letzten beiden Jahren zeigt, dass Novell das Ziel einer plattformunabhängigen System-Management-Lösung für heterogene Netzwerke konsequent verfolgt. ZENworks Handheld Management steht ebenso dafür wie die Entwicklung bei ZENworks Desktop Management, das mittlerweile auch ohne auf den Clients installierte Software auskommt. Es wird sicher noch einige Zeit dauern, bis das Ziel erreicht ist. Im Kern geht es dabei vor allem um die Integration des Linux Management und des Patch Management – bei den anderen Modulen ist diese schon weit vorangeschritten. Dort stehen dann vor allem funktionale Erweiterungen im Mittelpunkt.





Oft sind dazu auch grössere Hürden zu nehmen. So scheitert die Unterstützung von MySQL als Datenbank für die Server-Management-Komponente derzeit noch daran, dass nicht alle erforderlichen Datenbankfunktionen unterstützt werden. Hier arbeitet Novell eng mit MySQL zusammen, damit diese auch mit der mit NetWare gelieferten Datenbank neben den Produkten von Oracle, Microsoft und Sybase eingesetzt werden kann.


Viele Verwaltungsschnittstellen

In dieser Situation ist es wenig überraschend, dass man bei ZENworks 6.5 auch kein pauschales Urteil für alle Komponenten fällen kann. Zu gross sind die Unterschiede in bezug auf Administrationsschnittstellen und Implementierung. Die Bewertung hängt in vielen Fällen auch davon ab, welche Systemplattformen verwaltet werden sollen. Bei den Verwaltungsschnittstellen fällt auf, dass die ConsoleOne der Standard für das Management von ZENworks ist, auch wenn eigentlich der iManager das strategische Produkt für die Administration ist. Komplexe Funktionen wie das Desktop Management sind aber schwer auf eine Web-Schnittstelle umzusetzen, so dass Novell hier auf zukünftige Releases verweist. Auch mit PatchLink und damit für die Patch-Management-Komponente, die derzeit noch über ein eigenständiges Interface verwaltet wird, soll es eine engere Integration geben. Mitte 2005 soll mit dem nächsten grossen Update für ZENworks auch eine vollständige Unterstützung von Linux im Modul ZENworks Server Management folgen.






Diese historisch bedingte Heterogenität spielt für die Nutzung des Produkts eine wichtige Rolle. Für sich genommen können die meisten Komponenten überzeugen. Das gilt auch für das Patch Management mit der aktualisierten Version. Man muss sich aber im klaren darüber sein, dass man mit ZENworks 6.5 noch kein voll integriertes System-Management-Produkt für Server- und Client-Systeme mit unterschiedlichen Betriebssystemen erhält. Dass die Java-basierende ConsoleOne für ZENworks verwendet wird, ist zwar nachvollziehbar, aber doch etwas lästig. Denn viele der neuen Funktionen wie beispielsweise UDDI oder die Archivierungs- und Versionierungsdienste, die mit NetWare 6.5 ausgeliefert wurden, lassen sich nur über den browserbasierten iManager verwalten. Damit hat man immer zwei Verwaltungsschnittstellen für eine Umgebung mit eDirectory und NetWare-Servern. In grösseren Umgebungen, in denen die Verwaltungsaufgaben auch entsprechend aufgeteilt sind, ist das weniger kritisch als in kleineren Netzwerken, in denen Administratoren noch umfassende Verantwortlichkeiten haben.


Installationsprozesse

Bevor man mit der Einrichtung von ZENworks beginnt, ist zunächst konzeptionelle Arbeit angesagt. ZENworks setzt als Novell-Produkt zumindest bei den Komponenten Desktop Management, Server Management und Handheld Management das Novell eDirectory voraus. In diesem werden die Konfigurationsinformationen zu ZENworks wie beispielsweise Richtlinien für die Client-Konfiguration gespeichert. Da es bei allen Modulen auch lastintensive Funktionen wie die Softwareverteilung und die Inventarisierung gibt, muss genau geplant werden, auf welchen Servern welche ZENworks-Komponenten installiert und wie diese Informationen miteinander synchronisiert werden. Dabei spielt das ZENworks Server Management eine wichtige Rolle, da dieses auch Installationspakete über einen mehrstufigen, als Tiered Electronic Distribution (TED) bezeichneten Prozess auf verschiedene Server verteilen kann.






Die eigentlichen Installationsvorgänge sind einfach zu bewerkstelligen. Probleme gab es ausser mit der Version 5 des ZENworks Patch Management nicht. In diesem Bereich hat Novell viel verbessert, wenn man den Vergleich mit früheren Versionen zieht. Die einzelnen Module lassen sich über Assistenten relativ einfach installieren. Dabei ist auch die insgesamt sehr gute und umfangreiche Dokumentation von Novell hilfreich.


Umfassende Funktionalität

Wenn man sich damit angefreundet hat, mehrere verschiedene Administrationsschnittstellen zu nutzen, sind die wichtigsten Konfigurationsvorgänge bei ZENworks dann auch gut zu bewerkstelligen. Beim Desktop Management gefällt vor allem die erweiterte Unterstützung von MSI-Dateien im aktuellen Release. ZENworks 6.5 unterstützt diese neben der klassischen Snapshot-Technologie. Nicht mehr ganz neu, aber von hoher Bedeutung ist die mehrstufige Architektur, bei der es auch einige Optimierungen wie die automatische Erkennung des am besten geeigneten Middle-Tier-Servers gibt. Arbeitsstationen, auf denen der Novell Client installiert ist, können direkt mit den Backend-Servern von ZENworks for Desktops arbeiten. Andere Clients greifen über den Browser auf den Middle-Tier-Server zu, der dann die Kommunikation mit den Backend-Servern übernimmt. Damit können Funktionen wie die Client-Konfiguration und die Softwareverteilung auch mit Windows-Clients genutzt werden, auf die nicht erst aufwändig der Novell-Client verteilt werden muss. Die Unterstützung für PXE oder Citrix MetaFrame komplettieren dieses Modul, das durch umfassende Funktionalität und gute Nutzbarkeit überzeugen kann.





Beim Server Management gibt es neben der Softwareverteilung und Inventarisierung zunehmend mehr Monitoring-Funktionen. Dazu zählt die Analyse des Netzwerkverkehrs ebenso wie das Health Reporting für die eingebundenen Server. Novell kombiniert hier einerseits Fähigkeiten des früheren ZENworks for Servers wie die TED, von ZENworks Desktop Management beispielsweise mit der MSI-Unterstützung bei der Softwareverteilung und von klassischen Novell-Produkten wie dem LANalyzer für das Monitoring.
Beim Handheld Management ist einerseits die breite Unterstützung unterschiedlicher Devices nennenswert. Wichtig ist aber auch, dass hier die Integration mit Novells Kerntechnologien wie dem eDirectory nun abgeschlossen ist. Das Handheld Management zeigt sich als integrierter Teil der Produktsuite.






Die beiden anderen Komponenten, Linux Management und Patch Management, können von ihrer Kernfunktionalität her ebenfalls überzeugen. Ximian’s Red Carpet ist das führende Produkt für das Softwaremanagement auf Linux-Systemen. Beim Patch Management gefällt vor allem die breite Unterstützung für Anwendungen. Patches können nicht nur für Windows und gängige Microsoft-Produkte, sondern beispielsweise auch für den Adobe Acrobat Reader automatisch erkannt und geladen werden.


ZENworks – besser als sein Ruf

Novell hat in jedem Bereich seiner ZENworks-Suite Produkte, die in einem Vergleich zu «best-of-breed»-Lösungen in den jeweiligen Segmenten ernstzunehmen sind. Was zum Teil noch fehlt, ist die engere Integration der Module. Novells strategische Ausrichtung ebenso wie die Entwicklungen der letzten beiden Jahre und die Aussagen von Novell-Verantwortlichen lassen aber erwarten, dass Novell diese Integration konsequent vorantreiben wird. Viele der Schwächen in diesem Bereich werden nach und nach gelöst.






Ein kritischer Punkt aus Sicht vieler Entscheidungsträger ist die enge Bindung von ZENworks an Novell-Plattformen. Das gilt heute für NetWare nicht mehr. Sowohl ZENworks als auch das eDirectory können unabhängig von NetWare-Servern betrieben werden. Das eDirectory wird als Kernkomponente aber weiterhin benötigt. Novell verweist zwar darauf, dass mit dem NSure Identity Manager (früher DirXML) eine automatische Synchronisation der Informationen in den Verzeichnissen erfolgen kann. Wirklich befriedigend ist dieser Lösungsansatz aber nicht. Viel interessanter dürften aber die im September angekündigten virtuellen Verzeichnisdienste von Novell sein. Damit sollen Informationen im eDirectory sichtbar werden, die eigentlich im Active Directory gespeichert sind. Mit diesem für das erste Halbjahr 2005 angekündigten Produkt würde die Einbindung des eDirectory und damit auch von ZENworks in Active-Directory-Umgebungen wesentlich vereinfacht. Das wiederum macht ZENworks 6.5 zusammen mit den Integrationsbemühungen für die einzelnen Komponenten bei strategisch ausgerichteten Entscheidungen für das Systemmanagement deutlich attraktiver als das Produkt vielleicht bei einer kurzfristigen Betrachtungsweise ist.




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