Bluetooth stark im Kommen

Während der letzten Jahren wurde viel geredet und geschrieben über Bluetooth. Wir zeigen Ihnen, was umgesetzt wurde, und was von der Technologie in der Zukunft zu erwarten ist.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/42

     

Seit nunmehr bald drei Jahren ist von Bluetooth die Rede, doch konnte sich die Technologie weder auf breiter Anwenderbasis durchsetzen, noch gelang es, den Funkstandard zwischen den verschiedenen Konkurrenztechnologien klar zu positionieren.



Ziel der Bluetooth-Technologie ist es, Geräte in einem persönlichen Umfeld miteinander zu verbinden. Daniel Kohler, Country Manager 3Com Schweiz, beschreibt die Technologie wie folgt: "Mit Bluetooth ist es möglich, unterschiedlichste Peripherie miteinander zu verbinden, etwa Handy, PC oder Notebook mit Drucker, PCs mit Handy für Remote Connections oder auch Direktverbindungen zwischen PCs und/oder Notebooks. Dabei ist wie bei der 802.11b-Funktechnologie ein LAN keine Voraussetzung für die Verbindung. Ein anderer Vorteil von Bluetooth ist, dass die Verbindungen adhoc hergestellt werden."




Für den Betrieb von Bluetooth-Netzwerken ist einerseits die entsprechende Hardware (Adapter oder Peripheriegeräte mit integrierter Bluetooth-Schnittstelle) nötig, andererseits auch Treiber und Applikationen. 3Com liefert beispielsweise mit jeder 3Com Wireless Bluetooth PC Card das Tool Bluetooth Software Connection Manager, womit ein Datenaustausch per Drag&Drop ermöglicht wird.


Bluetooth im Vergleich zu WLAN

Während Wireless Local Area Network (WLAN) mit einer Reichweite von bis zu etwa 100 Metern für ein Lokalnetzwerk ausgelegt ist, beschränkt sich Bluetooth zur Zeit mit 10 Metern Reichweite auf das persönliche Umfeld des Users. Daher der Begriff Personal Area Network (PAN).



Lucas S. Gagneux, Business Development Manager Mobile Solutions bei HP Schweiz, drückt es so aus: "Das Ziel der Bluetooth-Initianten ist der Ersatz des lästigen Kabels zwischen den verschiedenen persönlichen Devices."




Zu den Funktionen, die Bluetooth ermöglicht, zählen laut Gagneux unter anderen der Austausch von Dateien, Visitenkarten und Kalendereinträgen sowie die Übertragung und Synchronisation von Daten. Die Bluetooth-Technologie kann aber auch zu Fernbedienungszwecken, als Schlüssel, E-Fahrkarte oder für andere Dienste beispielsweise im öffentlichen Bereich eingesetzt werden.



Auch 3Com sieht die beiden Wireless-Technologien in sich ergänzender Form. Daniel Kohler erläutert: "Während Bluetooth Informationen geringer Bandbreite pulsartig in Form von Paketen überträgt, ist Wi-Fi die ideale Wireless-LAN-Technologie für den Transfer permanenter Datenströme von Breitbandapplikationen im Internet- und Netzwerkumfeld. Die Architektur von Bluetooth ist besonders für die Übertragung kleinerer Dateien von Geräten wie Notebooks und Handys geeignet, wo preiswertere und leistungsschwächere Kommunikationseinheiten mit deutlich geringerem Energiebedarf zum Einsatz kommen."



Somit ist bei Bluetooth und WLAN also von zwei verschiedenen Technologien für unterschiedliche Einsatzzwecke die Rede.




Bluetooth in der Praxis

Bereits als die ersten Bluetooth-Geräte an der CeBIT 2000 präsentiert wurden, war der damals neue Funknetzstandard schon seit etlicher Zeit in aller Munde. Bis dann aber wirklich Bluetooth-Geräte auf den Markt kamen, sollte noch einmal gut ein Jahr verstreichen. Aber auch jetzt, Ende 2002, sind noch lange nicht alle Versprechen eingelöst, die die Produzenten vor zwei Jahren bezüglich Bluetooth gemacht haben.



Seit dem Sommer letzten Jahres sind immerhin einige Geräte auf den Markt gekommen. Eines der ersten Bluetooth-Handys war das Ericsson R520m, bei welchem Bluetooth hervorragend für den Einsatz eines schnurlosen Headsets angewendet werden konnte. Hingegen scheiterten zuerst die meisten Versuche, Handhelds oder Notebooks mit dem R520m ins Internet zu bringen. Erst als Ericsson ein Software-Update für das R520m veröffentlichte, war es möglich, über Bluetooth zu surfen.




Um mit Palm-PDAs in Bluetooth-Netzen teilzunehmen, hat TDK ebenfalls recht früh mit dem Modell blue5 einen entsprechenden Adapter auf den Markt gebracht. Der Adapter, welcher für die älteren Palm V und Vx berechnet ist, wird hinten am Gerät befestigt. Dieses Huckepack-System macht den Palm zwar ein bisschen klobig, aber immerhin ermöglicht blue5 schnurlose Synchronisation sowie Internetzugang mit einem Bluetooth-Handy. Seit Frühling ist auch eine Bluetooth-SD-Karte für Palms m-Serie erhältlich und der jüngste Palm-PDA Tungsten bietet jetzt auch integrierte Bluetooth-Funktionen.



Eine Vielzahl von Bluetooth-Adaptern gibt es für PCs. Schon seit erster Stunde mit dabei sind PCMCIA-Karten verschiedener Hersteller wie IBM, Motorola, Toshiba und 3Com. Allerdings steckten die Treiber der ersten Generation noch in den Kinderschuhen, so dass lange nicht alle Einheiten als universell Bluetooth-kompatibel bezeichnet werden konnten.



Während die meisten Hersteller die Bluetooth-Software-Suite der Firma Digianswer mitlieferten, setzt 3Com mit Erfolg auf die erwähnte selbstentwickelte Software, den Bluetooth Connection Manager. Zwar gab es auch hier Kompatibilitätsprobleme, aber unter dem Strich war Bluetooth Connection Manager einfacher zu bedienen und lieferte mehr Stabilität. Von 3Com stammt auch einer der ersten USB-Adapter, welcher an der diesjährigen CeBIT präsentiert wurde. USB-Adapter für Bluetooth gibt es aber seit Sommer auch von Acer.



Nachdem die ersten Bluetooth-Endgeräte erhältlich waren, tauchten Access Points für Bluetooth auf. So beispielsweise das Modell ALL1550 von Allnet, mit dem bis zu sieben Bluetooth-Geräte an ein Firmennetz angeschlossen werden können.



Noch vor dem Sommer konnte man in einer Analyse der Unternehmensberatung Frost & Sullivan lesen, dass bis 2006 etwa 13'000 Bluetooth-Hotspots in Europa in Betrieb sein sollen. Um diesen zukünftigen Anforderungen gewachsen zu sein, lancierte Red-M ein Management-Tool, mit welchem kombinierte WLAN/Bluetooth-Access-Points administriert werden können. Genos, wie die Management-Software heisst, bietet ein fünfstufiges Sicherheitsmodell für den Zugriff auf lokale Netzwerke. Ausserdem kann Genos in Netzwerkverwaltungs-Tools wie HP OpenView oder TNG Unicenter eingebunden werden.



Verschiedene Bluetooth-Lösungen werden auch für das Ausdrucken angeboten. HP bietet mit dem DeskJet 995C beispielsweise einen Tintenstrahldrucker an, bei welchem Bluetooth bereits integriert ist. Wer aber seinen bestehenden Drucker mit Bluetooth ansteuern will, braucht entweder einen Printadapter oder einen entsprechenden Printserver. Printadapter gibt es von MPI Tech, aber auch 3Com bietet ein Bluetooth Printing Kit bestehend aus einem Print- und dem bereits erwähnten USB-Adapter an. Unter den Anbietern von Printservern findet sich die schwedische Firma Axis, die mit dem 5800 Mobile einen Bluetooth-fähiges Modell anbietet.



Schliesslich gibt es Bluetooth auch für Apple: ab OS X 10.1.3 unterstützen auch die iMacs, PowerMacs und PowerBooks Bluetooth. Ein entsprechender Adapter wird von D-Link angeboten.




Der schwere Start

Vor noch rund einem Jahr, im Sommer 2001, haben laut einer Umfragung von Frost & Sullivan nur drei von 120 befragten Unternehmen Bluetooth-Produkte getestet. Diese Zurückhaltung wird teilweise mit der Verwirrung um die Bluetooth-Technologie begründet. Die Mehrheit der befragten Unternehmen unterlag denn auch dem Missverständnis, dass Bluetooth eine weitere schnurlose LAN-Technologie sei.



Zweifelsohne spielte beim zögernden Verhalten der Kunden aber auch eine Reihe von Startproblemen eine Rolle. Besonders bezüglich fehlender Interoperabilität, aber auch auf Grund von Meldungen über Interferenzen und Sicherheitslücken, warteten viele potentielle Kunden erst einmal ab. So hatte Version 1.0 des Bluetooth-Standards beispielsweise keine Protokolle oder Dienstprofile für das Drucken implementiert. Hersteller, die mit ihren Bluetooth-Lösungen das Drucken ermöglichen wollten, waren in der Folge auf sich selber angewiesen. Hinzu kam, dass Treiber und Management-Software bei der Auslieferung selten Produktionsreife hatten.




Doch was lange währt, wird endlich gut. Zuerst wurde der Bluetooth-Standard Version 1.1 veröffentlicht, und seither wurde auch diese Version wiederum mit zusätzlichen Profilspezifikationen, hierunter beispielsweise Drucken, ISDN-Access oder Fernbedienung, erweitert.



Während die technologische Entwicklung also durchaus Fortschritte macht, scheint Bluetooth bislang immer noch nicht den Erwartungen des früheren Hype entsprechen zu können. Die Vermutung könnte daher nahe liegen, dass Bluetooth nur eine Nischentechnologie sei. Allerdings prophezeit IDC in einem kürzlich veröffentlichtem Rapport ein Wachstum von 76,6 Millionen Dollar im Jahre 2001 auf 2,6 Milliarden Dollar bis 2006. Daniel Kohler, der eine ähnlich optimistische Prognose von Cahners In-Stat zitiert, meint dazu: "Es geht nicht darum, ob die Bluetooth-Technologie ein Nischen- oder Massenprodukt ist, sondern darum, welchen Nutzen der Käufer davon im täglichen Einsatz hat. Der Nutzen wird zu Beginn im geschäftlichen Umfeld stärker sein. Mit zunehmender Verbreitung erwartet 3Com aber ein günstigeres Chip-Preisniveau, welches dann auch für den privaten Anwender interessant wird."



Gründe für den Optimismus sind also einerseits ein wachsendes Produktsortiment, andererseits ein Preisverfall bei den Bluetooth-Chips, wobei beide Faktoren eine selbstverstärkende Wechselwirkung ausüben. Aber gerade die Grösse des Produktsortiments ist ein kritischer Faktor, denn es macht eben kaum Sinn, Bluetooth-Geräte zu kaufen, solange man nicht mit anderen Produkten kommunizieren kann.




Bluetooth 2.0 - die Zukunft des PAN

Am Bluetooth-Kongresses im letzten Sommer in Amsterdam wurden erstmals Details über den kommenden Bluetooth-Standard Version 2.0 laut. Gemäss der EE Times sollen vor allem die Durchsatzgeschwindigkeiten erhöht werden. So wurde bekannt, dass Bluetooth 2.0 Geschwindigkeiten von 4, 8 und 12 Mbps unterstützen soll. Ausserdem beseitigen die neuen Protokolle das Master/Slave-Problem derzeitiger Piconets, die zusammenbrechen, sobald der Master das Netz verlässt.



Unverändert bleibt hingegen die Reichweite von 10 Metern, so dass trotz der höheren Geschwindigkeiten Bluetooth keine Konkurrenz zu WLAN darstellen wird. Ausserdem werden die Spezifikationen des Standards kaum vor 2004 erwartet, zu einem Zeitpunkt also, wo die Übertragungsleistungen der WLAN-Komponenten bereits bei 54 Mbps liegen dürften.




Lucas Gagneux äussert sich zur Zukunft von Bluetooth wie folgt: "Bluetooth, wie alle Übertragungstechnologien, ist einer konstanten Verbesserung ausgesetzt. Ziele sind die Erhöhung der Datenübertragungsraten, Verringerung der Leistungsaufnahme und Verkleinerung des Formfaktors. In Zukunft erwarten wir einen noch höheren Prozentanteil der Produkte mit integriertem Bluetooth-Modul."



Laut EE Times ist allerdings zur Realisierung der neuen Fähigkeiten von Bluetooth 2.0 mit dem doppelten Strombedarf gegenüber Bluetooth 1.0 zu rechnen, so dass wohl gerade in diesem Bereich noch ein beträchtlicher Arbeitsaufwand fällig ist. Daniel Kohler von 3Com meint daher, dass es noch zu früh sei, abzuschätzen, wann die ersten Bluetooth-2.0-Produkte verfügbar sein werden. Da sich durch den Einsatz von Bluetooth bereits heute Kosten einsparen lassen, sollte man laut Kohler nicht damit warten, sich mit dieser Technologie auseinanderzusetzen.



Auch Lucas Gagneux von HP meint, dass es sich beim Kauf eines PDAs oder Mobiltelefons jedenfalls lohnt, auf die heutige Bluetooth-Technologie zu setzen, zumal die schnellere Technik der zukünftigen Version das bisherige Bluetooth ergänzen und nicht ersetzen wird.



Zudem in der Print-Ausgabe: Technische Facts zum Bluetooth-Standard



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