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High-End-PCs: Hochleistung am Schreibtisch

Trotz noch geringer Nachfrage offerieren praktisch alle Hersteller PCs mit den neuesten und schnellsten Pentium-4-Prozessoren – aber mit AMDs Athlon und Apples PowerPC stehen zwei valable Alternativen bereit.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/22

     

Office-User aufgepasst: Wer seinen Computer ausschliesslich zum Schreiben von Geschäftsbriefen, Erstellen von Excel-Sheets und zum Websurfen einschaltet, braucht keines der hier vorgestellten rund zwanzig High-End-Modelle. Im Grunde genommen tut es für die genannten Zwecke nach wie vor die bejahrte Pentium-II-Kiste; ein Pentium-III-PC ist schon fast Luxus.



Das Einsatzgebiet von PCs der höheren Leistungsklasse umschreibt die Firma Apple sehr treffend: Es handle sich, so die Inserate und Werbespots, bei ihren G4-Modellen um "Desktop-Supercomputer". Neben wissenschaftlichen Berechnungen, die traditionell von solcher Multi-Gigaflop-Leistung leben, profitieren davon so unterschiedliche Arbeiten wie Videoschnitt, MP3-Encoding, 3D-Modeling, komplexe Finanzanalysen, CAD und nicht zuletzt der kommerzielle Auswuchs von Virtual Reality, vulgo als Gaming bekannt - ein Grossteil der jeweils schnellsten PCs wird interessanterweise an Privatanwender verkauft.


Performance: Mehr als Prozessorleistung

Kenner warnen immer wieder davor, einen Computer allein aufgrund der Prozessorleistung zu beurteilen. Zwar machen uns die Chip-Schmieden regelmässig weis, ihre neuesten Siliziumscheiben seien die alleinseligmachende Lösung aller Computerprobleme, und die PC-Hersteller doppeln mit mittlerweile im Gigahertzbereich angelangten Imponierzahlen nach. Doch weder besteht ein Computer nur aus dem Prozessor, noch ist er eine Einzweckmaschine wie zum Beispiel das Auto, mit dem man im Prinzip nur von A nach B gelangt - je nach Einsatzgebiet spielen verschiedene Komponenten des Geräts eine mehr oder weniger wichtige Rolle.



Im Zentrum stehen Arbeitsspeicher, Harddisk, Grafiksystem und Prozessor; aber auch Faktoren wie Netzwerkanbindung, Erweiterbarkeit, Verarbeitungsqualität des Gehäuses und Geräuschentwicklung im Betrieb - eine Angabe, die leider nur wenige Hersteller machen. Gerade bei schnellen Prozessoren, die viel Wärme abgeben, ist eine leise Lüftung jedoch gern gesehen.




Last but not least kommt es auf Garantie- und Supportleistungen an: Wird ein Computer wirklich benötigt, kann jede Stunde Ausfall viel Geld kosten und On-Site-Support wird essentiell. Grosse Unterschiede zeigen sich auch beim Telefonsupport: Während nur Gateway eine Gratisnummer anbietet und manche Hersteller kostenlosen Support entweder zum Lokal- oder zum normalen Telefontarif offerieren, zocken einige Firmen den Kunden mit Hotline-Preisen bis zu über vier Franken pro Minute regelrecht ab - auch wenn die Systeme dieser Anbieter zu den günstigsten zählen, darf die Supportpolitik von Top-D und Jet als wenig kundenfreundlich bezeichnet werden.




Office- und allgemein eingesetzte Home-Computer; Internetnutzung: Hier ist die Systemleistung nicht entscheidend; das wichtigste Kaufkriterium ist oft der Preis. Ein Celeron- oder Duron-System beziehungsweise ein G3-Powermac genügen völlig. Auch in dieser Kategorie sollte allerdings nicht an Arbeitsspeicher gespart werden - das ist überhaupt das Dümmste, was der PC-Käufer tun kann. Gelegentlich trifft man noch Geräte mit sage und schreibe bloss 64 Megabyte RAM an; eine Hersteller-Frechheit, die wenigstens in der hier präsentierten High-End-Klasse nicht mehr vorkommt. Die Mindestanforderung für jeden vernünftigen Einsatz sind heute 128 Megabyte; der Standard deren 256. Angesichts der zunehmenden Ausbreitung digitaler Medien im Büro- und Privatalltag (Digicams, MP3-Player und so weiter) sollte auch die Kapazität der Harddisk nicht zu klein gewählt werden: Zehn Gigabyte sind anno 2001 ein Nichts, zumal Grössen von vierzig und mehr Gigabyte heute kaum mehr die Welt kosten. Für ein Office-System eventuell mitentscheidend sind die beiliegenden Applikationen. Beim PC-Kauf erhält der Kunde oft gute Software praktisch ohne Zusatzkosten: Acer, Dell und Maxdata legen ihren Produkten gleich eine komplette Office-Version bei, bei IBM gibt es die Lotus SmartSuite, und beim Presario von Compaq, bei Fujitsu-Siemens und Gateway gibt es immerhin Microsoft Word.




CAD, Bildbearbeitung, Grafik, Layout: Eine ausgewogene Kombination von Arbeitsspeicher, Prozessor, Harddisk und Grafiksystem verhilft zu flüssiger Arbeit. Geeignet sind hier die speziell für den Grafikbereich zusammengestellten "PC-Workstations", erhältlich zum Beispiel von Dell, IBM, HP und Compaq. Sie wurden ursprünglich als Alternative zu Unix-basierten Systemen auf den Markt gebracht und zeichnen sich vor allem durch eine besonders leistungsfähige Grafikkarte mit 3D-Unterstützung, durch den Einsatz von SCSI-Disks und durch Preise im allgemeinen über viertausend Franken aus, ausserdem sind sie teilweise mit einem Xeon-Prozessor ausgestattet und erlauben oft den Einbau eines zweiten Prozessors. Wer auf Dual-Processing und High-End-Grafikkarte verzichten kann, ist jedoch auch für diesen Einsatzbereich mit einem der High-End-PCs in unserer Tabelle bestens bedient. Die Modelle von HP und Peacock sind auf Wunsch mit einer Dual-Head-Grafikkarte von Matrox zum Anschluss von zwei Bildschirmen lieferbar; ideal für platzintensive Anwendungen.




Audio- und Videoproduktion: Schnelle Harddisks sind besonders wichtig. Am besten sind Ultra-160m-SCSI-Platten mit 10'000 Umdrehungen pro Minute. Die modernen Ultra-ATA-100-Disks mit 7200 Umdrehungen sind zwar nicht wesentlich langsamer und nach wie vor deutlich billiger; viele Anwender schwören aber gerade für den Multimedia-Einsatz nach wie vor auf SCSI-basierte Systeme. Immerhin: Auch Apple ist von der frühreren SCSI-only-Philosophie abgekehrt und setzt selbst im 733-MHz-Powermac-Flaggschiff nur noch ATA-Festplatten ein. Erstaunlicherweise bieten die wenigsten Modelle erweiterte Schnittstellen für die Multimedia-Bearbeitung: Ausser beim Powermac und der Presario-Maschine von Compaq müssen FireWire-Interfaces mit zusätzlichen PCI-Karten nachgerüstet werden; Digital-Audio-Anschlüsse wie S/PDIF überlassen alle Hersteller samt und sonders externen Zusatzgeräten oder zusätzlich zu erwerbenden Soundkarten.




Gaming: Je aktueller das Game, desto höher sind seine Ansprüche an den Prozessor und das Grafiksystem. Die Game-Programmierer und die Hersteller von Grafikkarten jagen ihre Produktentwicklungen seit Jahren gegenseitig in immer neue Höhen; eine neue Grafikkarte ist bei ihrem Erscheinen auf dem Markt schon fast wieder veraltet. Die gute Nachricht: Praktisch alle vorgestellten Modelle sind mit zumindest brauchbaren Grafikkarten ausgestattet: An der Spitze liegt der Dimension 8100 von Dell mit dem GeForce3-Chip von nVidia; die meisten anderen Geräte kommen mit einer GeForce2- oder einer gleichwertigen Karte und mit mindestens 32 Megabyte Videospeicher. Für reine Gamer weniger wichtig sind der Arbeitsspeicher - die Standardausstattung von 128 oder 256 Megabyte genügt - genau so die Harddisk-Performance.



Obwohl die Prozessorleistung also nicht der einzige Massstab für die Gesamtleistung des Systems ist, zeigt unsere Tabelle von jedem Hersteller das höchstgetaktete derzeit erhältliche Modell. Daneben bieten alle Hersteller auch Varianten mit langsameren Prozessoren an.


Athlon: Bisher Nase vorn

Seit Intel den Pentium 4 auf den Markt gebracht hat, entbrennt mit jeder Taktfrequenzrunde die Diskussion aufs neue, welcher Prozessor denn nun der schnellste sei. Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Auf den ersten Blick darf man überhaupt nicht zählen: Aufgrund der Taktfrequenzen lassen sich die Prozessoren keinesfalls direkt vergleichen. Ein PowerPC-Chip arbeitet mit völlig anderem Befehlssatz als ein Prozessor auf x86-Basis, und das Innenleben eines Pentium 4 weicht erheblich von dem eines Athlon ab.



Auch auf den zweiten Blick wird die Sache nur scheinbar klar: Wenn es um die reine Rechengeschwindigkeit geht, mit der Integer- und Floating-Point-Zahlen verarbeitet werden (SPECint- und SPECfp-Benchmark), hat der Pentium 4 gegenüber dem Athlon die Nase vorn. Das Problem: Die so kundgegebene theoretische Leistung hat mit der Praxis nichts zu tun. Benchmarks müssen anhand kommerzieller Applikationen durchgeführt werden, sonst geben sie keinerlei Aussage über die Alltagstauglichkeit eines Systems.




Aufschlussreich: Während auf der AMD-Website einige Vergleichstests zwischen den hauseigenen Prozessoren und den Modellen von Intel publiziert werden, findet man bei Intel ausschliesslich Quervergleiche innerhalb der Pentium-Familie, deren schnellstes Mitglied naturgemäss Pentium 4 heisst.



Für den Direktvergleich verlässt man sich am besten auf herstellerunabhängige Tests, und hier schneidet der Pentium 4 eher schlecht ab. Untersuchungen von ZDNet Deutschland zeigen folgendes (Angaben stets für den P4/1700 und den Athlon/1333): Der Business Winstone 2001 (Office-Anwendungen) ergibt für den Athlon einen Wert von 66,3, während der Pentium 4 auf 57,8 kommt - nur wenig mehr als der 1-Gigahertz-Athlon mit 55,5. Auch beim Content-Creation-Winstone 2001 (Website-Erstellung) vermag der P4 mit 67,9 die 74,4 Punkte des
Athlon nicht zu erreichen. Noch schlimmer sieht es für den Intel-Prozessor beim Betrachten komplexer HTML-Seiten und PDF-Dateien an: In beiden Benchmarks ist sogar der 1000-Megahertz-Athlon schneller als der Pentium 4. Bei Shockwave-Inhalten und Java-Anwendungen zeigt der Pentium 4 etwas mehr Leistung; bei Flash-Movies und JavaScript-Verarbeitung liegt der Athlon/1333 leicht vorne.




Pentium 4: Im Kommen

Seine wahre Stärke zeigt der Pentium 4 erst dann, wenn die Software mit den neuen SSE2-Multimediabefehlen arbeitet und auch sonst auf die P4-Architektur optimiert ist. So gibt es zum Beispiel einen neuen Treiber für GeForce-Grafikkarten, der bis zu 90 Prozent Leistungszuwachs bringt. Im Viewperf-Benchmark mit dem Data Explorer DX-06 (Berechnung und Anzeige von 3D-Grafiken) rennt der Pentium 4 (33,28) dem Athlon (23,17) denn auch regelrecht davon.



Leider bieten noch nicht viele Softwarepakete direkte Unterstützung für den Pentium 4, aber ihre Zahl nimmt zu. Mit einem neuen, kostenlos erhältlichen Plug-in, das Adobe in Zusammenarbeit mit Intel entwickelt hat, sollen beispielsweise in Photoshop 6 gewisse Funktionen auf Pentium-4-Systemen bis zu 70 Prozent schneller laufen.




Trotz teils mageren Testergebnissen sollte der Power-User heute bei einer Neuanschaffung ein Pentium-4-System ins Auge fassen. Erstens ist zu erwarten, dass mit der Zeit mehr Anwendungen auf den neuen Prozessor optimiert werden, und dann erweist sich der Chip als durchaus zukunftsfähig. Man erinnere sich im übrigen daran, dass sowohl der erste Pentium als auch die MMX-Technologie anfangs auch nicht gerade mit Lob überschüttet wurden - die einzige neue Prozessorgeneration von Intel, die sofort Lorbeeren erhielt, war der Pentium II. Zweitens schlägt ein P4-basierter PC nicht exorbitant zu Buche: Verschiedene Geräte mit 1700-Megahertz-Prozessor sind schon für unter 3000 Franken zu haben. Für 4500 Franken - eigentlich kein übertriebener Preis für einen High-End-PC - bekommt man bei allen Herstellern ein hervorragendes System mit viel Speicher und grosser Harddisk. Und drittens setzen trotz hervorragender Leistungstests nur wenige Hersteller überhaupt auf den Athlon; es ist fast schon schwierig, einen High-End-PC auf Athlon-Basis zu bekommen. Systeme mit AMD-Prozessor scheinen vor allem im Low-End-Bereich verbreitet zu sein. Die grosse Ausnahme: Das Brentford-Modell mit dem brandneuen Athlon/1400, der auf der AMD-Website noch gar nicht zu finden, aber laut Frank Buchmann von WT Management innerhalb der üblichen Lieferfristen durchaus erhältlich ist.




PowerPC: Eine Frage des Geschmacks

Im grafischen Gewerbe, bei Webdesignern und Multimediaproduzenten erfreut sich der Macintosh auch im einundzwanzigsten Jahrhundert höchster Beliebtheit. Mac-Fans verteidigen ihre Plattform nach wie vor mit geradezu religiösem Eifer, und Apple hat zwar nicht mehr zweistellige Marktanteile wie vor zehn Jahren, ist aber für sich genommen immer noch einer der grösseren Computerhersteller. Mit MacOS X tritt die Apple-Plattform zudem endlich ins Zeitalter des präemptiven Multitasking und der geschützten Speicherbereiche ein.



Wir haben deshalb auch den derzeit schnellsten Power Macintosh in unsere Übersicht aufgenommen. Er arbeitet mit einem PowerPC-Prozessor der Generation G4, der mit 733 MHz getaktet ist. Dies erscheint gegenüber den 1700 MHz des neuesten Pentium wenig. Der PowerPC ist jedoch ein RISC-Prozessor mit einem völlig unterschiedlichen Instruktionssatz und leistet laut Apple 5,5 Gigaflops - eine Masseinheit für Supercomputer, die im PC-Umfeld keinen Vergleich zulässt. Eine SPEC-Resultat gibt Apple nicht an; mehr noch als beim Vergleich zwischen Pentium und Athlon gilt hier deshalb: Nur praxisnahe Benchmarks mit echten Applikationen bringen brauchbare Resultate. Apple gibt als Beispiel an, dass mit dem 733-MHz-Power Mac eine "um bis zu 57 Prozent schnellere Bildbearbeitung als mit dem Pentium 4/1500" möglich sei, dies anhand einer "Reihe von Leistungstests mit Adobe Photoshop 6". Damit hätte die Firma mit dem Apfel zumindest in einem ihrer traditionellen Anwendungsgebiete leistungsmässig zur Konkurrenz aufgeschlossen.




Weniger konkurrenzfähig ist der Preis: Mit 5800 Franken kostet der 733er-Power Mac denn doch einiges mehr als ein Pentium-4-PC. Allerdings ist das Gerät mit einer schnellen 60-Gigabyte-Festplatte, einem Gigabit-fähigen Ethernet-Anschluss und zwei FireWire-Schnittstellen sehr gut ausgestattet. Und für einen Tausender mehr gibt es von Apple einen Computer mit integriertem DVD-Brenner, dessen Erzeugnisse sich auf handelsüblichen DVD-Playern abspielen
lassen.



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