Swiss Made Software: Klimaziele mit Immobilien ­erreichen
Quelle: Optiml

Swiss Made Software: Klimaziele mit Immobilien ­erreichen

Weite Teile des Immobilienbestandes sind nicht energieeffizient. Das ETH-Spinout Optiml hat eine Plattform für Planung und Optimierung von Renovierungen und energetischen Sanierungen geschaffen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2024/09

     

Bei der Dekarbonisierung wird selten zuerst die Immobilienbranche genannt. «Dabei ist sie für 40 Prozent der energiebedingten Emissionen verantwortlich», so Nico Dehnert, CCO des Zürcher Start-ups Optiml. Gleichzeitig ist diese Branche aber auch einer der Sektoren, der die Klimaziele mit höheren Erfolgschancen bewältigen könnte. Stichwort Renovierung und energetische Sanierung: «Gemäss der Europäischen Kommission sind mehr als 75 Prozent der über 130 Millionen Gebäude nicht energieeffizient», erklärt Dehnert. Ausserdem ist es Teil unserer Kultur, die Gebäude stehen zu lassen.

Im Kontext von Optiml sprechen wir also nicht von Neubauten. Die gute Nachricht: die dafür notwendigen Technologien sind bereits zur Hand. Das Wissen um richtige Verglasung, Dachisolation oder Wärmepumpen ist nicht neu, und weitere innovative Technologien wie zum Beispiel smarte Sensoren kommen stetig hinzu. Wo also andere Branchen noch von skalierbaren und bezahlbaren Zukunftstechnologien wie Carbon Capture & Storage (CCS) oder gar Fusionsreaktoren träumen, kann man hier direkt loslegen.


Problematisch ist allerdings die Komplexität bei der Dekarbonisierung von Gebäuden und heterogenen Portfolios, gepaart mit mangelnder Digitalisierung der Branche. Hier positioniert sich Optiml mit einer Mischung auf Proptech- und Cleantech-Ideen. «Wenn ein altes Gebäude renoviert werden soll, muss es zunächst sondiert werden. Hochqualifizierte Energieberater sind dafür heute vor Ort, führen eine Bestandaufnahme durch und erstellen einen Bericht. Für institutionelle Assetmanager und Investoren wie die Credit Suisse oder SPS handelt es sich um Hunderte oder Tausende Gebäude. Die gewonnen Erkenntnisse wandern vielerorts in regelrechte Excel-Teppiche, mit Hunderten von Zeilen und Spalten», erklärt Nico Dehnert.

Mehr als zehn Jahre Entwicklung

Darauf aufbauend wird geplant: Welche Massnahmen werden in Jahr eins, Jahr zwei und so weiter umgesetzt, und zu welchen Kosten. Gibt es allerdings neue Regulatorien oder Förderungen, beginnt der Prozess von vorne. Das ist zeit- und kostenintensiv.
Optiml setzt dem eine eigens entwickelte digitale Plattform entgegen, in deren Algorithmen mehr als zehn Jahre Forschungsarbeit geflossen sind. «Mein Mitgründer Evan Petkov hat im Rahmen seiner Doktorarbeit an der ETH Zürich Algorithmen über fünf Jahre entwickelt, mit über 100 Branchenexperten validiert und verfeinert», erklärt Dehnert. 2022 wurde Optiml dann als Tech-Spinout gegründet und ein erster Prototyp entwickelt.

Hier konnte die Lösung vor allem damit überzeugen, dass sie zwei Dinge unter einen Hut bringen konnte: Optimierung von Dekarbonisierungs- und Investionsstrategien in Übereinstimmung mit den Unternehmenszielen (z.B. Rentabilität, Fristen). «Wenn Sie zum Beispiel ein Pensionsfonds sind, dann wollen Sie jedes Jahr ein paar Prozent Rendite erwirtschaften. Unsere Software hilft ihnen, die Gebäuden zu identifizieren, bei denen sie umgehend tätig werden müssen, welche ein hoffnungsloser Fall sind und wo sie noch Zeit haben», erklärt Dehnert weiter.


Nico Dehnert bezeichnet das als Narrow AI oder Entscheidungsintelligenz. Die Empfehlungen der Applikation können sehr ins Detail gehen: Gebäude eins braucht in Jahr eins eine Wärmepumpe, ein neues Dach oder einen Spitzenlastkessel für Biomasse. Dazu wird ein detaillierter Investitionsplan erstellt, inklusive der reduzierten Heizkosten für Mieter, CO2-Steuern, Subventionen und so weiter.

Darüber hinaus werden die Pläne laufend angepasst und Sensitivitäten berechnet – sollten sich, wie zuvor erwähnt, die Energiepreise ändern oder neue Regulierungen eingeführt werden, reduziert sich der Aufwand dank Optiml drastisch.

Namhafte Investoren gefunden

Somit wird die Evaluation dynamisch und es soll eine langfristige Investitionssicherheit ermöglicht werden. Dies auch, weil die Applikation auf die Erfahrung der Gebäudeexperten baut, diesen jederzeit die Möglichkeit einer Dateneingabe beziehungsweise -anpassung ermöglicht und vorhandene Daten mit Hunderten Datenbanken anreichert, erklärt Dehnert. «Diesen Leistungsumfang gibt es sonst nirgendwo. Ein Excel oder auch der Mensch stossen bei hunderten Parametern pro Gebäude einfach an natürliche Grenzen», so Dehnert weiter.

Eine Bestätigung für den Optiml-Ansatz sieht er unter anderem bei der Güte der Investoren: «Der erste Geldgeber war Innovation Endeavors, das ist der Venture Fund des ehemaligen Google-CEO Eric Schmidt, der nur in Start-ups rund um das Thema Klimawandel investiert. Wir sind die erste Schweizer Firma, die Geld erhalten hat und zudem eine der wenigen, in die zu so einem frühen Zeitpunkt investiert wurde», erzählt Nico Dehnert. Weitere Investoren sind Planet A Ventures, Bitstone Capital, Kompas VC und WSG. Gleichzeitig konnte das Unternehmen bereits einige bedeutende Preise gewinnen. 2024 erhielt Optiml den Proptech of the Year Award der ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.). Zudem erhielt Optiml einen W.A. De Vigier Award und erreichte den zweiten Platz bei der Venture Startup Competition in der Kategorie ICT.


Die Lösung richtet sich allerdings nicht nur an Grosskunden, sondern auch an deren Berater (Ingenieur- und Architekturbüros, Nachhaltigkeitsberater), aber auch Pensionskassen. Letztere haben häufig schlanke Teams und verlassen sich auf externe Unterstützung. Zusammen können sie die für die Applikation notwendigen Daten in das neue Front-end einpflegen. So haben alle Beteiligten unmittelbar Einsicht.
Gerade hat Optiml erfolgreich eine neue Finanzierungsrunde abgeschlossen. In Summe konnte das Unternehmen dabei vier Millionen Dollar von bestehenden und neuen Investoren einsammeln, welche für die nächsten Wachstumsschritte verwendet werden.


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Aus welcher Stadt stammten die Bremer Stadtmusikanten?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER