Umweltschutz und Energiesparen sind die Gebote der Stunde. Gerade die Ereignisse in Japan führen drastisch vor, dass heute Energie nicht unendlich, sauber und gefahrenfrei zur Verfügung steht. Es gibt grosse Fortschritte bei der Produktion erneuerbarer Energien und weitere Energieträger, wie zum Beispiel Methanhydrid, drängen stärker in den Vordergrund. Trotzdem lässt sich eine Stromlücke, insbesondere in der Schweiz, nicht ausschliessen. Gleichzeitig wird das Bewusstsein der Menschen für die Bedeutung des «ökologischen Fussabdrucks», also beispielsweise den Verbrauchs eines Geräts über seinen ganzen Lebenszyklus hinweg, immer grösser.
In der Schweiz wurden im Jahr 2009 laut einer Studie des Bundesamtes für Energie immerhin 4,8 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs für Informations- und Kommunikationstechnologien (inkl. Unterhaltungselektronik) aufgewendet. Nach einem Höchstwert in 2007 geht der Energieverbrauch derzeit insgesamt leicht zurück. Da man von einer steigenden Anzahl Geräte ausgehen kann, dürfte dies auch an der zunehmenden Energieeffizienz der einzelnen Devices, sowohl im privaten, als auch im Business-Umfeld, liegen. Dazu gehört auch die IT-Infrastruktur, an die man bei IT und Energiesparen nicht unbedingt zuerst denkt. Die Industrie tut also was, und sie tut das Richtige. Tut sie aber auch genug?
Einsparungen an vielen Orten möglich
In einer Studie hat das Beratungsunternehmen IDC untersucht, welche Teile der ICT-Infrastruktur welche Einsparmöglichkeiten bieten und was damit erreicht werden kann. Der «ICT Sustainability Index» kommt im Dezember 2009 zu dem Ergebnis, dass bis 2020 in den G20 Staaten bis zu 5,8 Milliarden Tonnen (GT) CO2 eingespart werden können. Untersucht wurden die Wirtschaftsbereiche Energiegewinnung und -verteilung, Transport, Logistik, Industrie und Bauwesen. In allen diesen Sektoren kann der Einsatz von State-of-the-Art-ICT – sowohl Hardware- als auch Software-seitig – signifikant CO2 einsparen.
Neben allen Steuerfunktionen, die durch eine moderne IT übernommen werden können und wobei das Einsparpotential in der optimalen Abstimmung der Prozesse liegt, sind es aber die Computer selbst, die Energie und damit CO2 einsparen oder verbrauchen können. Das gilt für Rechenzentren genauso wie für Client-Geräte.
Strom sparen in Rechenzentren
Rechenzentren sind aufgrund ihres Dauer-Lastbetriebes grosse Energiefresser. Die Server selbst, die Sicherstellung der notwendigen Umgebungsbedingungen oder die Sicherheitsanforderungen, um nur die plakativsten Dinge zu nennen, brauchen ständig Energie.
Das Thema ist nicht neu und auch bisher schon hat man versucht, auf unterschiedlichste Art Energie in Rechenzentren zu sparen. Das fing bei der Aufstellung der Server nach Kriterien wie der Optimierung des Luftstroms an und ging bis zum Einbau energieeffizienter Komponenten und Klimaanlagen. Einige Hersteller sind sogar dazu übergegangen, die Geräte mit Wasser zu kühlen. Auch Virtualisierungskonzepte dienen der effizienten Energieausnutzung, indem sie helfen, Server besser auszulasten und dadurch zusätzliche Geräte einzusparen.
Alle diese Anstrengungen haben ihre Wirkung, kratzen aber eigentlich nur an der Oberfläche. Die Geräte, die im Lastbetrieb arbeiten oder für Stosszeiten zur Verfügung gehalten werden, werden davon nicht energieeffizienter. Hier, im Energieverbrauch in Last- und Standby-Zeiten, liegen die grössten Potentiale.
Effizienzsteigerung im Lastbetrieb ist «work in progress», es geht in kleinen Schritten in die richtige Richtung. Hersteller wie beispielsweise Fujitsu haben jetzt die «Bastion Stand-by» geknackt und den Energieverbrauch in Ruhezeiten auf 0 Watt zurückgefahren. Und zwar nicht nur für Clients oder Server, sondern auch für Monitore.
Die 0-Watt-Technologie
Stand-by-Modi verbrauchen Strom, ohne ihn wirklich nützlich einzusetzen. Hier den Verbrauch auf «0» zu setzen, schadet niemandem, nützt der Umwelt aber sehr. Aber, wie geht das, keinen Strom zu verbrauchen und trotzdem nicht ganz «aus» zu sein?
Die Vorläufer-Technologie «Low-power Soft Off» hat durch einen vorgelagerten Schaltkreis, der, einmal reaktiviert, alle anderen Funktionen anstösst, den Energieverbrauch extrem gesenkt. Die damit ausgestatteten Fujitsu-Geräte haben schon ab Herbst 2008 die von der EU geforderten Grenzwerte unterboten. Der Nachteil: Die Geräte konnten nur über einen Button am Gerät reaktiviert werden, eine Remote-Aktivierung ging nicht.
Die neue, zum Patent angemeldete 0-Watt-Technologie kombiniert nun alle Systeme eines Geräts, die Energie nutzen (Prozessoren, Mainboards etc.) mit einer möglichst effektiven Stromversorgung. Es galt ausserdem, die Netzgeräte zu optimieren und die System-Hardware sowie BIOS und Betriebs-Software punktgenau aufeinander abzustimmen. Zudem werden nur sehr energieeffiziente Komponenten benutzt.
Ein 0-Watt-PC mit der Beispielkonfiguration Intel Core 2 Duo E8600 Prozessor, 2GB DDR2 RAM und 500GB HDD verbraucht im «Idle Mode» dadurch nur noch 32 Watt, im «Sleep Mode» (ACPI S3) sogar nur 1,6 Watt und im «Soft Off Mode» (ACPI S5), also im Standby-Modus, noch 0,0 Watt, also nichts mehr. Hierzu mussten insbesondere an der Stromversorgung und am Mainboard Anpassungen vorgenommen werden.
Auch, wenn es sich für das einzelne Gerät um kleinere Einsparungen handelt – es wird ja der Stand-by-Strom eingespart, die Energie zum Betrieb des Systems wird weiterhin benötigt –, die signifikanten Einsparungen kommen über die Menge der Geräte zu Stande.
Wieso nicht einfach abschalten?
Das Argument «wieso schaltet man die Geräte nicht einfach komplett aus?» gilt sicherlich für den privaten Einsatz. Im Geschäftsumfeld laufen nachts Sicherungen, Updates oder andere Wartungsarbeiten. Diese tagsüber durchzuführen, hiesse, die Arbeit der Mitarbeiter zu behindern. Und jemanden zu schicken, der in der Aussenstelle die Geräte ein- und ausschaltet, rechnet sich auf keinen Fall. Es muss also eine andere Möglichkeit her.
Apropos Updates: Die aktuellen 0-Watt-Geräte lassen sich auch per Remote aus dem Standby-Modus aktivieren. Über die Funktion «Wake on LAN» (WOL) kann der Administrator festlegen, wann er remote Arbeiten auf dem Gerät ausführen möchte (zum Beispiel Software-Updates). Das Gerät fährt dann automatisch hoch und wartet auf Kommandos. Dauert das Update länger als vorher definiert, wartet das Gerät, bis der Prozess abgeschlossen ist. Danach schaltet es automatisch wieder ab und trennt sich vom Netz. Das funktioniert bei Desktop-Geräten genauso wie bei Servern.
Weitere Verbesserungsmöglichkeiten
Auch auf dem Datenhighway «fahren» die Datenpakete nicht gänzlich ohne Energie. Das wird auch so bleiben. Es gibt aber auch bei eingeschaltetem Gerät Phasen, in denen nichts passiert, zum Beispiel wenn das Telefon klingelt und man die Eingabe unterbricht. Das Gerät verbraucht hier Energie, die auch eingespart werden könnte.
Hier weiter zu optimieren, wird eine der Herausforderungen der Zukunft sein. Es muss das Ziel der Hersteller sein, auch in dieser Situation dem «0-Watt-Verbrauch» möglichst nahe zu kommen, den PC möglichst schnell in einen extrem energiesparenden Modus fallen zu lassen – und ihn mit einem Klick auf die Tastatur wieder aufzuwecken. Nicht nur energieeffiziente Netzteile leisten hierzu einen grossen Beitrag – inzwischen haben diese einen Wirkungsgrad von bis zu 89 Prozent erreicht –, sondern die Prüfung und Abstimmung alle Komponenten, Prozesse und auch Strategien bringt die Einsparungen.
Blickt man etwas weiter in die Zukunft, stellt sich die Frage: Gibt es weniger als nichts? Weniger als 0 Watt Verbrauch, wenn auch «nur» im Standby-Modus? Und reicht es aus, nur alle «Verbraucher» zu optimieren, um immer genug Energie zur Verfügung zu haben?
Der verstärkte Einsatz von umweltfreundlichen oder umweltfreundlich produzierten Bauteilen wird, genauso wie die Energieeinsparungen im Verbrauch, den ökologischen Footprint drastisch verkleinern. Auch strategische Entscheidungen werden dazu beitragen. Die Frontends an sich werden zum Beispiel in Zukunft mit immer weniger eigener Rechenleistung ausgestattet sein. Das alles hat immense Auswirkungen auf den Energieverbrauch. Es wird aber nicht ausreichen, weltweit den Energiebedarf einer sich immer weiter entwickelnden Bevölkerung mit steigenden Bedürfnissen zu decken.
Manuel Gutierrez ist Managing Director bei der Fujitsu Technology Solutions Schweiz AG.
Projekt «Steeper»
Nicht nur Fujitsu arbeitet derzeit an 0-Watt-Technologien. Die Eidgenössisch Technische Hochschule Lausanne (EPFL) hat vergangenen Oktober in Zusammenarbeit mit IBM sowie mehreren weiteren Universitäten und Industrieforschungszentren in ganz Europa eine neue Forschungsinitiative lanciert, die sich mit dem steigenden Energieverbrauch befasst. In dem Projekt mit dem Namen «Steeper», das auf drei Jahre angelegt ist, wollen die Forscher neuartige Transistoren — die Grundbausteine von Computerchips und integrierten Schaltkreisen — entwickeln, die den Energieverbrauch dieser Geräte im aktiven Zustand um das zehnfache senken. «Unsere Vision ist es, gemeinsam mit der Industrie an der Entwicklung eines Computers zu arbeiten, dessen Stromverbrauch im Ruhezustand vernachlässigbar gering ist. Wir nennen ihn den Null-Watt-PC», erklärt Adrian M. Ionescu vom Nanolab der EPFL und Koordinator von Steeper. Um sein Ziel umzusetzen, erforscht das Konsortium so genannte Tunnel-Feldeffekttransistoren (Tunnel-FETs), die aufgrund ihres speziellen Aufbaus die Energieeffizienz im Vergleich zu heutigen Transistoren signifikant verbessern sollen. Untersucht werden drei verschiedene Arten von Tunnel-FETs, solche auf der Basis von Silizium (Si), Silizium-Germanium (SiGe) und Nanodrähten aus III-V-Halbleitern.