Desktop-Scanner unter 300 Franken
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/36
Internet-Profis verwenden zwar keine absoluten Low-end-Produkte, aber auch nicht die neuesten High-end-Scanner. Dies hat eine Umfrage von Infoweek bei verschiedenen Web-Publishing-Büros ergeben.
Laut Heidi Regli, Internet-Projektleiterin von Quaras, liegt der Grund für die etwas teureren, bei Quaras verwendeten Modelle aber weniger in der mangelnden Auflösung oder Farbtiefe. Diese seien auch bei preisgünstigen Produkten in der Regel mehr als genügend. Für die Profibüros zählen aber Kriterien wie: "die längere Lebensdauer, bessere Verarbeitung, Geschwindigkeit und als nicht unwesentlicher Punkt die mitgelieferte Software. Für den Soho-Bereich genügt aber die Leistung eines Low-end-Scanners durchaus." Dass die Auflösung eine kleine Rolle spielt, hänge damit zusammen, dass im Internet ohnehin nicht mehr als 72 dpi publiziert werden können. Jedoch würden zum Retuschieren und Bearbeiten von eingescanntem Material Auflösungen von 300 dpi und mehr verwendet, welche nachher auf 72 dpi heruntergerechnet werden.
Wirft man einen Blick auf die aktuellen Verkaufszahlen von Scannern, stellt man fest, dass schon bald praktisch neben jedem Computer auch einer dieser Bild-Digitalisierer stehen wird.
Laut einer IDC-Studie beträgt das durchschnittliche jährliche Wachstum bei Scannern 27 Prozent. Für den Bereich der Flachbettscanner rechnet IDC in diesem Jahr mit 26,6 Millionen ausgelieferten Einheiten, wobei sie einen Anteil von 97 Prozent der gesamten Scannerverkäufe ausmachen. Ein Grund für das Wachstum ist sicher der massive Preiszerfall in den letzten Jahren, der es jedem Kleinunternehmen erlaubte, sich einen Scanner anzuschaffen. Dieser Preissturz wurde in letzter Zeit aber stark gebremst. Zum einen ist für viele Hersteller die Schmerzgrenze erreicht - einige Digitalisierungskünstler sind für unter 100 Franken erhältlich -, zum andern sind nach Angaben der Hersteller Billligstprodukte zu wenig gefragt, der Kunde erwartet eine gewisse Qualität. Wir haben in unserer Übersicht die Preisgrenze bei 300 Franken gesetzt.
Die wichtigsten Eckdaten eines Flachbettscanners sind ganz klar Auflösung und Farbtiefe, angegeben in dpi und Bit. Bei der Auflösung reden die Hersteller in der Regel von zwei Werten: der optischen und der interpolierten Auflösung. Die interpolierten Wertangaben können jedoch vernachlässigt werden, da sie nur Augenwischerei sind. Hier werden lediglich von einer Software durch Algorithmen Pixel dazugerechnet. Eine Qualitätssteigerung wird damit aber nicht erzielt.
Viel aussagekräftiger ist hingegen die optische Auflösung. Diese gibt die effektive Auflösung an, mit der der Scanner arbeitet. Dafür sind zwei Kriterien massgebend: erstens das CCD-Element (Charge-Coupled Device), ein Schlitten, der mit Tausenden von nebeneinander aufgereihten Sensoren bestückt ist und das Bild abtastet, und zweitens die Schrittweite eben dieses Scanschlittens. Je kleiner und genauer dessen Schrittweite ist, desto höher die Qualität des Scans. Die Auflösung von Scannern im unteren Preissegment liegt in der Regel zwischen 300 und 1200 dpi, jedoch bieten beispielsweise der Canon N1220U, der Plustec Optic Pro U24 oder der Genius ColorPage HR7 sogar eine optische Auflösung von 1200x2400 Bildpunkten.
Eine hoher Wert ist aber noch lange keine Garantie für Qualität. Die Verarbeitung der Materialien und die Güte der Optik fallen dabei ebenso ins Gewicht. Weiter sollte bei der Auflösung immer auch beachtet werden, dass bei 1:1 eingescannten Vorlagen der Drucker die Bilder auch in eingescannter Qualität wiedergeben kann. Eine hohe Auflösung macht aber Sinn, wenn Vorlagen stark aufgeblasen werden sollen, da sonst die Bilder schnell körnig und verpixelt werden.
Die Farbtiefe - angegeben in Bit - sollte ebenfalls nicht unterbewertet werden. Zwar unterstützen die meisten Bildbearbeitungsprogramme nach wie vor nur 24 Bit. Alle Scanner sind hingegen in der Lage, Bilder mit einer Farbtiefe von über 30 Bit oder wie die Modelle von Acer oder Genius sogar 48 Bit zu liefern. Die Daten werden nach dem Scan einfach heruntergerechnet und als 24-Bit-File gespeichert. Trotzdem sind die überzähligen Farbinformationen nicht einfach verloren oder überflüssig - die zusätzlichen Farbinfos sorgen dafür, dass der Farbbereich der Software von 24 Bit durch die zusätzlichen Farbinformationen vollumfänglich ausgenutzt wird und somit schärfere Bilder herauskommen als bei einem 24-Bit-Scanner.
Wer die Packung seines eben erworbenen Scanners öffnet, wird feststellen, dass eine wahre Flut von Software auf ihn wartet. Alle Hersteller liefern ein mehr oder weniger interessantes Software-Bundle mit, das aus einem Paket von Bildbearbeitungs- und Texterkennungssoftware besteht, sogenannter OCR-Software (Optical Character Recognition).
Bildbearbeitungsprogramme kommen häufig in einer abgespeckten, also einer LE-Version daher. Je nach Hersteller kann dies aber stark variieren. Produkte, die häufig beigelegt werden, sind zum Beispiel Photexpress von Unlead oder Adobes Photo Deluxe.
Die OCR-Software dient dazu, dass Textvorlagen editierbar werden. Dazu werden die eingescannten Bilder, die sich als Bitmaps präsentieren, vom Programm in ASCII-Charaktere übersetzt, womit sie als Text editierbar sind. Ein häufig mitgeliefertes Programm ist hier OmniPage von Caere.
Es ist aber fraglich, ob solche umfangreiche Softwarepakete tatsächlich einen Mehrwert darstellen, da inzwischen viele leistungsfähige Programme wie zum Beispiel Paint Shop Pro auf dem Internet zu finden sind und gratis heruntergeladen werden können. Denn erstens wirken sie sich sicher nicht preissenkend aus, und zweitens bezahlt der Käufer für Software, mit der er unter Umständen gar nicht arbeiten will.
Auf Treiberseite hat sich Twain (Technology without an interesting name) als Standard etabliert. Durch den Twain-Treiber erfolgt der Datenaustausch zwischen Scanner und Bildbearbeitungssoftware. Ausserdem übernimmt das Twain-Modul auch Rechenaufgaben wie beispielsweise das Interpolieren oder das Entfernen von Rauschen oder Moiré-Effekten. Meist ist der Twain-Treiber nur für den entsprechenden Scanner ausgelegt, wird aber von allen Herstellern standardmässig in den Lieferumfang gepackt.
Ein weiterer Trend, der bei Low-Cost-Scannern auszumachen ist, ist die Bedienerfreundlichkeit. Einige Anbieter wie zum Beispiel HP locken mit One-Touch-Bedienungselementen, die sämtliche Einstellungen für den User übernehmen. Was für den Anwender, der bloss zwischendurch ein Bild einscannen will, sicher ein gewisses Mass an Komfort bietet, kann für den etwas ambitionierteren Bildbearbeiter auch zum Problem werden. Der Digitalisierungskünstler erweist sich schnell einmal als unflexibel in seinen Automatikeinstellungen. So können sich Anwendungen, die etwas von der üblichen Nutzung abweichen, leicht als Ding der Unmöglichkeit herausstellen - vorausgesetzt natürlich, man will die Automatik auch nutzen.
Einige Modelle bieten allerdings ein interessantes Feature, um den Scanner in Kombination mit dem Drucker als Fotokopierer zu verwenden, und dies unter Ausschluss der PCs. Mittels Knopfdruck können die Daten direkt an den Drucker weitergegeben werden, worauf der eine Kopie des eingelegten Dokuments erstellt. Mit einem ähnlichen Prinzip können Scans auch direkt in eine E-Mail eingebunden werden.
Die Evaluation der Geschwindigkeit eines Scanners gestaltet sich als schwierig. Auch von Herstellerseite können hier keine vergleichbaren Angaben gemacht werden. Sie ist von diversen Faktoren abhängig. Dazu zählen die gewünschte Auflösung, der Anschluss an den Rechner und zu guter Letzt natürlich die Leistung des Rechners selbst.
Beim Thema Aufrüstung sieht es in dieser Preisklasse etwas düster aus. Zwar können Durchlichteinheiten, sofern noch nicht implementiert, bei einigen wenigen Modellen nachgerüstet werden. Einzugshilfen jedoch werden von keinem Hersteller als Add-on geboten.
Unter dem Strich kann man sagen, dass auch im Preissegment unter 300 Franken durchaus leistungsfähige Scanner zu haben sind. Man muss sich einfach über das gewünschte Einsatzgebiet im klaren sein. Geht es nur darum, Fotos einzuscannen, um diese beispielsweise am PC nachzubearbeiten, gelegentliche Texte zu editieren oder Bilder in die eigene Homepage einzubinden, reichen Scanner dieser Preisklasse allemal. Gerade um Fotos auf dem Internet zu publizieren, machen teurere oder komplexere Scanner wenig Sinn, da ohnehin mit einer tiefen Auflösung gearbeitet werden muss, um die Datengrösse gering zu halten. Wünscht man sich hingegen auch anspruchsvollere Dienste seines Peripheriegerätes - seien dies nun starke Vergrösserungen, Scans von Folien, Dias und Filmen oder werden grössere Bild- und Textmengen digitalisiert -, wird man nicht darum herumkommen, einen grösseren Geldbetrag in die Hand zu nehmen. Im höheren Preissegment gehören Features wie Durchlichteinheit, vereinzelt auch Einzelblatteinzug sowie eine Auflösung über 1200 dpi zum Standard. Daneben gibt es noch eine Reihe von Spezialprodukten wie beispielsweise Film- und Diascanner sowie Dokument- oder gar Buchscanner, die jedoch hauptsächlich von Spezialisten eingesetzt werden.
Abschliessend kann man sagen, dass mit den meisten Low-Cost-Scannern ganz ordentliche Resultate erzielt werden können. Selbst für die Druckvorstufen genügen die Resultate. Zu erwähnen ist auch die Softwareausstattung, die sich bei den meisten Modellen sehen lassen kann.
Und obwohl SCSI in dieser Klasse noch eher die Ausnahme ist, lassen sich auch mit den weit verbreiteten USB-Anschlüssen angenehme Scan-Geschwindigkeiten erzielen.