Geschäftsreisen mit Stil - Do's und Don'ts im Ausland
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/30
Weltumspannende Kontakte von Unternehmen, Institutionen sowie Privatpersonen sind heute an der Tagesordnung, und die Fähigkeit, miteinander erfolgreich zu kommunizieren, ist zunehmend gefragt. Grundvoraussetzung sind Sensibilität und Selbstvertrauen: Das Verständnis anderer Verhaltensweisen und Denkmuster, aber ebenso die Fähigkeit, den eigenen Standpunkt transparent zu vermitteln, Flexibilität zu zeigen soweit möglich, jedoch klar zu sein, wo es notwendig ist. Schwieriger wird es, wenn der Geschäftspartner Ausländer ist oder man sich als Schweizer auf internationalem Business-Parkett beweisen muss.
Gerade der Kontakt zu ausländischen Geschäftspartnern birgt Gefahren. Leicht ist ein Fauxpas begangen, allzu häufig durch Eitelkeit und Unwissen. Bei Reisen ins Ausland oder bei Treffen mit ausländischen Geschäftspartnern gibt es deshalb einiges zu beachten. Die unterschiedlichen Begrüssungsrituale, Gepflogenheiten und Körpersprachen sollten keinesfalls als Details oder kalten Kaffee abgetan werden. Es liegt nicht nur im persönlichen sondern auch und vor allem anderen im geschäftlichen Interesse, sich über Kultur, Menschen und deren Gewohnheiten zu informieren, die das öffentliche Leben des Landes bestimmen, in das man gerade reist.
Die Vielfalt der Kulturen zu kennen, erleichtert manch eine Annäherung an einen Geschäftspartner oder vermeidet Peinlichkeiten und Missverständnisse. Peter Isler, Absolvent der renommiertesten Butler-Schule Englands und Leiter einer Schule für Stil und moderne Umgangsformen in Basel, rät, sich vor jedem Auslandbesuch mit der fremden Kultur zu befassen. "Um gute und erfolgreiche Geschäftsbeziehungen im Ausland zu pflegen, ist es unerlässlich, sich mit den kulturellen Besonderheiten des Landes vertraut zu machen." Dies sollte sich nicht nur auf die Geschäftspraktiken beschränken, sondern auch über Gepflogenheiten rund ums Essen, den Humor, die Art, sich zu kleiden, und die religiösen Gebräuche. Gerade letztere spielen im asiatischen Raum eine elementare Rolle.
Wie bei jedem Aufenthalt im Ausland gehört das Gespür für die jeweilige Situation und die Menschen dazu, um sich angemessen zu verhalten. Ignoranz gegenüber den kulturellen Eigenheiten ist dabei ebenso fehl am Platz wie übereifriges Anpassen: Die eigene kulturelle Identität muss man nicht verstecken. Wer zu Hause über gute Umgangsformen verfügt, wird auch im Ausland nicht anecken. Grundzüge der landestypischen Gebräuche sollte man aber kennen und achten.
Es geht bei Geschäftsreisen nicht darum, die Landessprache perfekt zu beherrschen. Doch wer zumindest ein paar Sätze sprechen kann, erfreut mit der höflichen Geste und zeigt Interesse über das Geschäftliche hinaus. Adrian Humbel, Director Market Development EMEA von Novell, rät zu Vorsicht, wenn es um Themen wie Politik, Religion oder Sexualität geht. "Gerade am Anfang einer Geschäftsbeziehung sollten sensible Gesprächsinhalte vermieden werden. Zu Missverständnissen kann auch der verschieden gelagerte Humor der ausländischen Geschäftspartner führen. Wortspiele in einer fremden Sprache werden oft falsch interpretiert und führen zu peinlichen Situationen", erklärt der weitgereiste Geschäftsmann.
Gleiches gilt etwa für Geschäftsessen, wenn ungewohnte Speisen serviert werden: Auch wenn für den europäischen Gaumen Ungewohntes auf den Tisch kommt, ist es ratsam, nicht zu pingelig zu sein und ruhig alles zu probieren, um den Gastgeber nicht zu beleidigen. Es ist zwar kein Muss, sich mit Stäbchen abzuquälen, aber es zu versuchen, ist eine nette Geste.
Innerhalb unserer Nachbarländer bewegen wir uns meist noch auf sicherem Terrain. Dass in Frankreich Stil und Etikette grossgeschrieben werden, dass man in Grossbritannien keine Emotionen zeigt, dass ein österreichischer Gesprächspartner grossen Wert auf seinen Titel legt - all das ist bekannt. Adrian Humbel erklärt: "In der IT-Branche geht man meist relativ locker mit der Business-Etikette um." Die Geschäftspartner seien alle viel und weit gereist und würden mit internationalem Know-how an ein Meeting im Ausland herangehen. Allerdings hat er die Erfahrung gemacht, dass ein internes Treffen mit lockerer Kleiderordnung am Abend mit einem Essen in einem edlen Lokal enden kann. Er rät dem Geschäftsmann, auf jeden Fall einen Anzug und eine Kravatte im Gepäck zu haben, auch wenn nur Casual-Business-Bekleidung angesagt war.
Weiter oben im Norden Europas wird viel Wert auf Gleichberechtigung gelegt, Frauen werden in allen Positionen ohne Vorbehalt akzeptiert. Die Garderobe für das Geschäftsleben ähnelt der in der Schweiz. Termine sollten absolut pünktlich wahrgenommen werden. In den skandinavischen Ländern gelten in kleinen Unternehmen oft flache Hierarchien. Anders in Grossunternehmen, dort werden besonders in Schweden und Finnland die üblichen Hierarchien beachtet. Finnen legen Wert auf die förmliche Anrede, also unbedingt Geschäftspartner mit ihrem Titel anreden.
Wird man in Finnland von einem Geschäftspartner in seine private Sauna eingeladen, ist das eine Ehrerbietung, die man möglichst nicht ausschlagen sollte.
Pünktlichkeit, diszipliniertes, sehr freundliches Verhalten und Höflichkeit sind im amerikanischen Geschäftsleben wichtige Tugenden. Besonders gegenüber Frauen erwartet man, dass bestimmte Höflichkeitsformen eingehalten werden. Vermeiden sollten Männer intensiven Blickkontakt, Blicke auf den Körper und selbst Komplimente gegenüber Geschäftspartnerinnen: In den USA kann das schon als sexuelle Belästigung gelten.
Die Geschäftsgarderobe ist für Männer unbedingt ein dunkelgrauer oder blauer Anzug, immer mit Krawatte. Frauen sollten Business-Kostüme tragen, lange, enge Hosen sind im Geschäftsleben unüblich und nackte Beine verpönt.
Auch wenn es nach aussen oft anders aussieht, Rangfolgen nicht immer klar erkennbar sind und die Umgangsformen eher leger wirken, herrscht in den USA strenges Hierarchiedenken. Titel in der Anrede sind hingegen nicht so wichtig, Begrüssung mit Handschlag eher unüblich.
In asiatischen Ländern gilt als wichtige Regel, "sein Gesicht nicht zu verlieren". Man gibt nicht zu, etwas nicht zu wissen oder nicht zu wollen. Offene Konfrontationen werden vermieden. Ein "Nein" ist in Asien unbekannt - und auch wenn das Gespräch auf Englisch stattfindet, muss "Ja" keine verbindliche Zusage sein. Es gehört also ein bisschen Kunst dazu, herauszufinden, was das Gegenüber wirklich meint.
Im Geschäftsleben sind Visitenkarten sehr wichtig, sie sollten zweisprachig sein und mit beiden Händen entgegengenommen werden. Gastgeschenke erleichtern geschäftliche Verbindungen. Zum angemessenen Verhalten gehört es, höflich, pünktlich und geduldig zu sein. Die Geschäftsgarderobe ist konservativ: dunkler Anzug für Herren, keine tiefen Ausschnitte bei Frauen. Man begrüsst sich nicht per Handschlag, sondern mit Verbeugungen.
Grosse Bedeutung hat im asiatischen Raum die Körpersprache. Japaner fassen es als Beleidigung auf, wenn jemand ihnen den Rücken zudreht oder die Fussohlen entgegenstreckt.
In manchen Ländern wirken Tugenden wie Pünktlichkeit und Korrektheit irritierend. Es empfiehlt sich, besser nicht darauf zu pochen. Und sollten komplizierte Situationen auftauchen, so helfen in den meisten Fällen Humor und Contenance aus der Falle.
In Sachen Kleidung gilt: Lieber auf Nummer sicher gehen und bewährtes professionelles tragen. Faustregel: eher mehr als zu wenig, nicht zu bunt. Generell gilt: Sich vor Beginn der Reise mit Verhaltensweisen und Tabus des Gastlandes vertraut machen. Ein Tritt ins Fettnäpfchen tut dem Geschäftsabschluss unter Umständen nicht gut.