Realisierung von Intranet-Portalen

Damit die Implementation eines Portal-Projekts keinen Schiffbruch erleidet, sollten einige wichtige Punkte beachtet werden.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/11

     

Das Portal (lateinisch porta, «Pforte») bezeichnet in der Informatik ein Anwendungssystem zur Integration von Anwendungen, Prozessen und Diensten, Bereitstellung von Funktionen zur Personalisierung, Sicherheit, Suche und Präsentation von Informationen. In der Architektur bezeichnet der Ausdruck Portal ein grosses Tor, einen repräsentativ gestalteten Eingang.





Mit dieser Definition ist bereits gesagt, was ein Portal in einem Unternehmen zu erfüllen hat. Es muss Informationssystem und repräsentativer virtueller Arbeitsraum zugleich sein. Der Vergleich mit dem Eingang zu einem Gebäude ist in der Tat eine gute Gedankenstütze bei der Planung und Realisierung von Portalen. Das Gebäude besteht in diesem Fall aus vielen verschiedenen Räumen mit Informationen und Werkzeugen. Mit deren Hilfe können die Mitarbeiter eines Unternehmens ihre tägliche Arbeit effizienter erledigen. Es gibt einen Empfang, über den der Besucher möglichst schnell an seinen Bestimmungsort gelangt. Eine Nachrichtensprecherin, die wichtige Neuigkeiten verbreitet. Einen zentralen Auskunftsdienst, der Informationen schnell bereithält. Sitzungszimmer, in denen die Teilnehmer, die Traktanden, Präsentationsmaterial und Notizen jederzeit eingesehen werden können. Aktenschränke, die einem auf Knopfdruck das gewünschte Dokument herausgeben. Büros, in denen man mit anderen Mitarbeitern arbeiten kann. Und einen Aufenthaltsraum mit einem Anschlagbrett, wo man über den letzten Firmenausflug diskutieren, neue Mitarbeiter präsentieren und Leute kennenlernen kann. Das Portal ist also der Eingang in ein virtuelles Abbild des Unternehmens, in dem der Mitarbeiter alles selbst finden und machen kann – mit Betonung auf «selbst».





Der Informationsprozess


Informationsdrehscheibe

Das Portal erfüllt eine ganz wichtige Funktion im Informationsprozess. Es ist nämlich die zentrale, standardisierte Drehscheibe, auf der sämtliche im Unternehmen vorhandenen Informationen publiziert, gefunden und als Entscheidungsgrundlage verwendet werden können (siehe auch Diagramm «Der Informationsprozess»).
Für den Mitarbeiter spielt es keine Rolle mehr, wo die Information tatsächlich liegt oder in welcher Form sie vorhanden ist (als Dokument, als Web-Content oder als Datenbankeintrag). Er muss auch nicht mehr wissen, welche Systeme es im Unternehmen gibt und in welchen Containern seine Information potentiell sein könnte. Somit kann im Hintergrund ein System komplett durch ein anderes ersetzt werden, ohne dass der Informations-suchende Mitarbeiter davon betroffen ist. Das Portal bildet immer die Schnittstelle zwischen Mitarbeiter und Systemen, wobei die Systeme wiederum in verschiedene Schichten unterteilt sind (siehe auch Diagramm «Das Portal in der Service-orientierten Architektur»).
Es ist nur möglich, ein Portal vollumfänglich einzusetzen, wenn eine entsprechende sogenannte Service-orientierte Architektur (SOA) vorhanden ist. Portale erfordern ein Umdenken – nicht nur beim Benutzer, sondern in erster Linie in der IT. Dort herrscht seit Jahren ein Silo-Denken, in dem jedes System vom Server bis zum Client eine in sich abgeschlossene Einheit bildet. Das ist für die Portal-Planung äusserst hinderlich, weil solche Silos meist eine Vielzahl von Funktionen erfüllen, die sich mit denen anderer Silos überschneiden. Das macht eine Konsolidierung an sich gleicher Informationen aus verschiedenen Systemen praktisch unmöglich.


SOA erleichtert Einsatz

Eine Service-orientierte Architektur geht nicht von der Fragestellung aus, welche Systeme, sondern vielmehr, welche Prozesse man für den täglichen Betrieb im Unternehmen benötigt. Diese werden mittels elektronischen Workflows modelliert und von verschiedenen Diensten und Applikationen unterstützt, die wiederum auf Informationen zugreifen. Das Portal ist in diesem Modell die Sicht des Benutzers auf die dahinterliegenden Schichten. Es bietet ihm alle Funktionen an, die er benötigt, um seine Informationen zur Verfügung zu stellen und wieder zu finden. Dadurch erübrigt sich der direkte Zugriff auf die einzelnen Applikationen. Alle Interaktionen laufen über das Portal.


Umgang mit Informationen

Informationen werden meist nicht direkt im Portal erarbeitet. Dazu werden wie gewohnt Produktivitätswerkzeuge wie Word oder Excel eingesetzt. Ist die Information aber einmal erstellt, wird sie über das Portal weiterverarbeitet. Sie stösst vielleicht einen elektronischen Workflow an oder wird in ein System eingespeist. Die Integration des Portals in die Produktivitätswerkzeuge ist von höchster Bedeutung. Wenn die Mitarbeiter ihre Arbeitsweise wegen des Portals komplett umstellen müssen, ist die Akzeptanz sehr gering. Können beispielsweise Dokumente nicht mehr mit einem Doppelklick aus dem Windows Explorer oder direkt aus dem Portal geöffnet, bearbeitet und wieder gespeichert werden, ist das ein massiver Einschnitt in die Gewohnheiten der Mitarbeiter.Es ist zwar richtig, dass das Portal die Produktivität des Teams resp. der breiten Masse steigert. Dies darf aber nicht zu Lasten der individuellen Produktivität des Einzelnen gehen. Und diese ist nun einmal immer noch direkt abhängig von altbekannten Anwendungen wie Word oder Outlook.


Prioritäten setzen

Eines der grössten Probleme bei der Planung eines Portals ist herauszufinden, womit man zuerst anfangen möchte. Es gibt derart viele verschiedene Anwendungen für Portale, dass man im ersten Moment oft von den Möglichkeiten erschlagen wird. In vielen Fällen ist auch der Ideenschatz in einem Unternehmen so gross, dass es gar nicht möglich ist, allen Anforderungen gleichzeitig gerecht zu werden. Die Einsatzmöglichkeiten eines Intranet-Portals reichen vom Extranet- und Internet-Auftritt über Dokumentenverwaltung und Enterprise Search bis hin zu Business Intelligence und Workflow. Zusammengefasst hilft ein Portal, die Information, die Organisation und die Kollaboration in einem Unternehmen zu verbessern. Alle genannten Beispiele lassen sich einem oder mehreren dieser drei Bereiche zuordnen. Wichtig ist, mit einem bestimmten, klar abgegrenzten Thema anzufangen, wenn man mit der Planung beginnt. Sonst verliert man sich schnell, und das Projekt und die Anforderungen wachsen schneller, als die Umsetzung erfolgen kann.


Projektausschuss bilden

Ein Portal einzuführen ist ein knallhartes Projekt, bei dem viele mitreden und bei dem mit harten Bandagen gekämpft wird. Nach einer euphorischen Anfangsphase vergrössert sich spätestens beim Zusammenkürzen der Anforderungen auf einen praktikablen Umfang der Widerstand innerhalb des Projektteams. Als nächstes wird man feststellen, dass einem nicht die richtigen Kompetenzen im Projekt zur Verfügung stehen und dass es schwierig ist, die Ressourcen für die Pflege und den Betrieb des Portals zu finden. Für eine erfolgreiche Umsetzung müssen von Anfang an Vertreter aus den einzelnen Abteilungen, aus der IT und aus dem Management im Projektausschuss sitzen. Das Projekt sollte entweder bei einem Abteilungsleiter oder im höheren Management aufgehängt sein und ist als strategisch zu betrachten. Es muss von Anfang an kommuniziert werden, dass ein Portal nur dann genutzt wird, wenn es lebt. Dazu sind Ressourcen nötig, die laufend für den Unterhalt und die Aktualisierung der Inhalte sorgen. Auch diese Ressourcen sollten direkt in den einzelnen Abteilungen gefunden und durch eine zentrale Stelle in der IT koordiniert werden. Falls eine Kommunikationsstelle besteht, muss auch sie in die Planung, Umsetzung und Koordination des Unterhalts miteinbezogen werden. Erst wenn alle diese Punkte abgehakt sind, sollte man sich an die inhaltliche und technische Implementation machen.


Mit Widerstand rechnen

Die nächste Hürde kommt dann, wenn das Portal zum ersten Mal einem grösseren Kreis zum Testen präsentiert wird. Bis zu einem gewissen Grad hat man es selber in der Hand, diesen Widerstand mit geschickter Kommunikation zu brechen. Doch selbst wenn man es schafft, den zukünftigen Benutzern eine gute Story aufzutischen, werden viele die neue Lösung nur zögerlich bis gar nicht benutzen. Man wird viel Schlechtes über das Portal hören und wenig Gutes. Das hat vor allem damit zu tun, dass es zu diesem Zeitpunkt immer noch Alternativen zum Portal gibt, die den Mitarbeitern besser geläufig sind und mit denen sie vielleicht schon seit Jahren gearbeitet haben.


Portal-Nutzung durchsetzen

Wer es trotz aller Widrigkeiten bis zur Ausbreitung des Portals schafft, sollte dafür sorgen, dass der Mitarbeiter nach einer kurzen Einführungsphase gezwungen ist, das Portal zu benutzen. Dies kann dadurch geschehen, dass gewisse neue Funktionen so wichtig sind, dass er sie einfach einsetzen muss, oder indem alle Alternativen, die vorher noch bestanden, abgeschaltet werden. Das Portal sollte in der Tat der einzige Zugang zu Informationen und Werkzeugen sein. Wenn dann die Inhalte auch noch lebendig und interessant sind, wird es sich durchsetzen. Das Ziel ist, dass die Mitarbeiter das Portal als das beste System erachten, das es in ihrer Firma gibt. Schliesslich ist es das virtuelle Abbild davon. Und nur wenn dieses Ziel erreicht wird, ist das Portal nicht nur ein Hype, sondern die Zukunft.


Der Autor

Patrick Püntener ist CEO
der Basler Itsystems, Patrick.Puentener@itsystems.ch




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