Die Betreuungsarbeit in Kitas und Tagesstrukturen steht unter einem hohen Kostendruck. Gleichzeitig lassen sich erfolgreiche Automatisierungsrezepte zum Beispiel aus der Industrie kaum anwenden. «Ein Kind braucht Aufmerksamkeit. Das lässt sich genauso wenig optimieren wie die Essgeschwindigkeit. Man muss also andere Wege gehen», so Nina Lodise, CEO und Mitgründerin des Start-ups
Leoba. Zusammen mit der Berner Fachhochschule und der Firma Apptiva hat das Unternehmen eine Lösung für das Management von Betreuungseinrichtungen entwickelt. «Unsere Lösung deckt alles ab vom Aufnahmeformular bis zur Rechnungsstellung», so Mitgründer und Vorsitzender der Geschäftsleitung Diego Lodise. Sogar Einkaufslisten oder Traktanden sind dabei. «Wer unsere Lösung einsetzt, braucht keine weiteren Produkte», erklärt er weiter.
Bei Leoba setzt man somit auf die totale Digitalisierung aller administrativen Abläufe. «Will man Zeit und Kosten sparen, ist das der Ort, an dem man ansetzen muss», erklärt Nina Lodise. Die gelernte Sozialarbeiterin und angehende Juristin spricht aus Erfahrung, stand sie doch bereits Betreuungseinrichtungen vor. Ein Beispiel dafür ist die Tagesaktualität der Daten. «Während Corona bin ich eine Weile ausgefallen. Anpassungen an den Stammdaten der Kinder konnte aber nur ich machen. Somit gab es keine Updates», erinnert sie sich. Das kann kritisch sein, zum Beispiel, wenn bei einem Kind eine neue Allergie auftritt. Leoba löst dies, indem die Eltern jederzeit alle Informationen online anpassen können. «Das taucht dann unmittelbar bei der Essensplanung auf. Das Personal muss nur die neuen Informationen beachten», so Nina Lodise.
Detailliertes Customizing
Doch der konsequente Zug zur Digitalisierung beginnt schon bei der Anmeldung: Einzelne Kunden können jedes Jahr mehr als 400 Anmeldungen erhalten, die manuell ins System übertragen werden mussten. Dank
Leoba entfällt diese Arbeit jetzt vollständig – die Eltern geben die Daten einfach über den Browser ein. Die Software erstellt darauf genaue Pläne, an welchen Tagen welches Kind anwesend ist, ob es Medikamente braucht und so weiter. Dieses Formular lässt sich vollständig an die Bedürfnisse der Betreuungseinrichtung anpassen. «Das ist eine unserer Stärken. Die Software wurde entwickelt, um ein hohes Mass an Flexibilität zu bieten. Das sagen zwar viele – aber bei uns geht es wirklich», freut sich Diego Lodise.
Ein anderes Beispiel ist die Personalplanung, die vielerorts noch auf Excel und Kopfrechnen hinausläuft. Hier müssen zahlreiche Elemente unter einen Hut gebracht werden: Je nach Belegung muss mehr oder weniger Personal vorhanden sein. Dabei ist die Zusammensetzung der Kinder nach Alter relevant, da unterschiedliche Ausbildungsniveaus nötig sind. Berücksichtigt werden muss auch der Umstand, dass viele Personen in diesem Bereich Teilzeit arbeiten, sowie die Auflagen der jeweiligen Trägerschaft – gemeint sind Vorstand und Gemeinden. Summa summarum: Es ist kompliziert und von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich.
Testing mit hundert Kunden
Der Fokus auf die Anpassungsfähigkeit der Software ergab sich direkt aus dem Feedback zahlreicher Kunden. «Wir konnten den Dachverband Tagesstrukturen Mittagstisch Aargau (DTMA) als Partner für die Testphase gewinnen und somit von Anfang an die Bedürfnisse der Kunden integrieren», berichtet Nina Lodise. Die Testphase konnte so mit über 100 Betreuungseinrichtungen durchgeführt werden. Dabei war sogar Nina Lodise von der Vielfalt der Anforderungen überrascht, obwohl sie im Lauf ihrer Karriere bereits viel praktische Erfahrungen gesammelt hat.
Das Projekt konnte ausserdem weitere interessante Partner gewinnen: Neben der Fachhochschule Bern, die Know-how im Bereich Usability beisteuerte, konnten das Hightech Zentrum Aargau sowie die Aargauische Kantonalbank als Partner gewonnen werden.
Die Lösung wurde komplett in der Schweiz entwickelt und wird auch vollständig hier gehostet. «Für uns war es wichtig, dass keine Daten ins Ausland gehen», erklärt Diego Lodise. Aktuell unterstützt die Lösung Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch. Weitere Sprachen sollen folgen. Dies, um auf die Bedürfnisse der Eltern einzugehen, die ausserdem via App mit der Betreuungseinrichtung kommunizieren können – zum Beispiel, um Abwesenheiten zu kommunizieren oder Einsicht in den Tagesablauf der Kinder zu erhalten.
Modularität auf Wunsch
Die Kosten für die SaaS-Lösung richten sich im Wesentlichen nach der Anzahl der Betreuungsplätze. Dabei legt man bei
Leoba Wert darauf, dass die Lösung für Institutionen aller Grössen erschwinglich ist. Theoretisch kann ein Kunde sogar nur Teile der Lösung benutzen und so einen angepassten Preis erhalten. «Modularität ist möglich, aber nicht zentral. Das System ist so aufgebaut, dass man nichts weiter braucht und die Effizienzgewinne optimal im Verbund sind», so Diego Lodise. Dass die Kunden dies erkennen, leitet er davon ab, dass niemand bisher nur an Teilangeboten interessiert war. «Alle Kunden wollten bisher nur das gesamte System».