Ein Markt im Umbruch
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/18
Heute geht es im Client Management mehr denn je um eine Integration in Gesamtkonzepte, aber auch um das Erschliessen neuer Geschäftsmodelle. Dabei spielen sowohl Ansätze wie ITIL (IT Infrastructure Library) als auch die steigenden Integrationsanforderungen von Teillösungen in Gesamtkonzepte der IT eine wichtige Rolle. Der wachsende Druck, Business-relevante Daten beispielsweise zu Kosten und zur Einhaltung von Lizenzbestimmungen zu liefern, ist ebenso ein Treiber für die Veränderungen wie die wachsenden Herausforderungen bei Sicherheit und Patch Management. Und schliesslich geht es auch darum, immer mehr Systeme und neue Kundengruppen, beispielsweise im Bereich der Kleinunternehmen, zu unterstützen.
Die Entwicklung der vergangenen Jahre spiegelt das zum Teil bereits wider. Funktionen für das Lizenzmanagement sind heute fast schon als Standard zu bezeichnen. Kaum ein Anbieter kann hier nicht mit Lösungen aufwarten. Und während es noch vor wenigen Jahren etliche isolierte Lösungen beispielsweise für die Softwareverteilung, die Inventarisierung oder die Verteilung von Betriebssystemen gab, werden heute überwiegend Suiten angeboten, die einen sehr breiten Funktionsumfang haben – auch wenn man oft einzelne Elemente daraus gesondert lizenzieren kann.
Inzwischen ist aber auch klar, dass man mit dem Fokus auf die Kernfunktionen des System Lifecycle Management wie Betriebssystemverteilung, Softwareverteilung, Inventarisierung und Patch Management alleine nicht mehr dauerhaft am Markt reüssieren können wird. Es braucht hier inzwischen deutlich mehr. Dabei gibt es aber etliche unterschiedliche Entwicklungsrichtungen, von der Ausrichtung auf das Asset und Contract Management über die Anbindung an ITSM-Systeme (IT Service Management) bis hin zur flexiblen Integration mit anderen IT-Prozessen oder eben der Mandanten- und Remotefähigkeit für die Unterstützung von kleineren Kunden durch Service-Lösungen.
Zu den wichtigsten Trends zählt sicherlich, dass das System Lifecycle Management nicht mehr nur als technische Lösung für die Automatisierung von IT-Funktionen betrachtet werden kann. Reporting-Funktionen bis hin zur Aufbereitung von Compliance-relevanten Fakten in Dashboards gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Ein besonders wichtiges Feld dabei ist die License Compliance, also die Analyse der korrekten Nutzung von Lizenzen, um Verletzungen der Lizenzbestimmungen ausschliessen zu können. Aber auch wirtschaftliche Analysen sind heute von deutlich grösserer Bedeutung. Es geht eben nicht mehr nur um die Frage, welche Systeme man hat, sondern auch um deren Kosten, die Kenntnis von Leasing-Verträgen für eine zeitgerechte und kostenoptimierte Neubeschaffung oder die Unterstützung des IT-Accounting.
Immer noch ein wichtiges Thema ist die Unterstützung zusätzlicher Endgeräte. Viele Unternehmen kommen mit einem reinen Windows-Management gut aus. Aber gerade der Einbezug mobiler Endgeräte, die ja häufig nicht verwaltet und damit inhärent unsicher sind, gewinnt an Bedeutung. In heterogenen IT-Infrastrukturen gilt es zudem, auch Linux- und UNIX-Systeme sowie gegebenenfalls Macintosh-Rechner mit zu verwalten.
Ein weiteres Thema, das in den vergangenen Jahren vermehrt ins Blickfeld gerückt ist, ist der Zusammenhang zwischen dem System Lifecycle Management und der Network Access Protection, also dem Schutz von Netzwerken vor Systemen, die bestimmte Sicherheitsanforderungen in der Konfiguration, beim Status der Patches oder der Virenscanner nicht erfüllen.
Network Access Protection setzt die Fähigkeit voraus, dass erkannte Probleme bei Systemen behoben werden, beispielsweise durch die Rekonfiguration oder die Installation neuer Softwarekomponenten. Anders formuliert: Ohne ein enges Zusammenspiel zwischen Werkzeugen für die Network Access Protection und für das System Lifecycle Management lassen sich hier keine effizienten Lösungen umsetzen. Das bedeutet, dass man bei der Auswahl von Produkten auch auf entweder vordefinierte Schnittstellen oder eine ausreichende Offenheit und Service-Orientierung achten muss, um die Integrationsherausforderungen zu lösen.
Vor allem in grösseren Unternehmen sind Themen wie ITIL (IT Infrastructure Library), ISO 2000x und ITSM (IT Service Management) zu einem wichtigen Thema für die IT geworden. Sie dienen dort zunehmend mehr als Leitlinie für die Gestaltung der IT.
ITIL bezieht sich dabei auf Best Practices für die Gestaltung und den Umgang mit IT-Infrastrukturen und wird durch die ISO-Norm mit ihrem – logischerweise – stärker normativen Charakter ergänzt. ITSM wiederum ist ein Marketing-Oberbegriff, unter dem diese Ansätze einzuordnen sind. Bei ITSM gibt es ungefähr so viele Konzepte wie Anbieter im Markt. Dabei können Ansätze für das Service-Management oder Service-Desks im Vordergrund stehen, meist abhängig davon, wo die Hersteller ihre bisherigen Stärken haben.
Wichtig ist, dass System-Lifecycle-Management-Produkte die Umsetzung von Ansätzen für das IT Service Management unterstützen, was aber bei sehr vielen Produkten der Fall ist – schon deshalb, weil die Gestaltungsspielräume dabei erheblich sind. Die Umsetzung von definierten Prozessen und Workflows ist allerdings ein Kernelement, das keineswegs von jedem Produkt am Markt geboten wird. Auch hier lohnt sich mithin ein näherer Blick auf die Funktionen der verschiedenen Produkte am Markt.
Eher zu den ungelösten Herausforderungen, nichtsdestotrotz aber auch zu den wichtigsten Trends zählt das Konfigurationsmanagement. Dabei geht es um die zentrale Steuerung von Konfigurationseinstellungen in den verwalteten Systemen. Die meisten Lösungen bieten hier eine rudimentäre Unterstützung, über die Teilbereiche der Einstellungen oder einzelne Registry-Parameter zentral vorgegeben werden können. Die Messlatte liegt hier aber immer noch ziemlich hoch, weil die Gruppenrichtlinien von Windows-Systemen eine sehr umfassende Steuerungsfunktionalität liefern.
Ausser den wenigen Anbietern wie Novell, die Gruppenrichtlinien in ihre Management-Infrastrukturen einbinden können, haben die Hersteller daher hier meist doch erhebliche Schwächen. Hinzu kommt, dass selbst die Anbieter, die beispielsweise Windows und Linux verwalten können, in aller Regel kein plattformübergreifendes Systemmanagement unterstützen. Das Konfigurationsmanagement muss selbst in den Teilen, die systemunabhängig beschrieben werden können, in der Regel pro Plattform durchgeführt werden – soweit es überhaupt in sinnvoller Weise unterstützt wird.
Allerdings lässt sich hier zumindest ein zaghaftes Erwachen von Anbietern wie beispielsweise enteo/Frontrange erkennen, die beginnen, mehr Funktionalität für das Konfigurationsmanagement in ihre Systeme zu integrieren. Erst der Druck der Kunden dürfte hier aber zu weitergehenden Entwicklungen führen.
Deutlich greifbarer ist dagegen der Trend hin zu Managed Services sowohl für kleine als auch mittlere Unternehmen. Brainware sieht beispielsweise auch in der Schweiz eine steigende Nachfrage für Managed Services für kleinere Unternehmen, die von speziellen Providern erbracht werden, nachdem das Konzept im japanischen Markt erfolgreich umgesetzt wurde. Und auch enteo/Frontrange ist dabei, solche Ansätze mit Fokus auf den Mittelstand umzusetzen.
Managed Services gibt es natürlich in Teilbereichen wie dem Patch-Management schon seit längerer Zeit. Nun werden sie aber auch für das eigentliche Systemmanagement interessanter. Ein reizvolles Potential ist dabei die Bereitstellung von Applikationen, weil das gegebenenfalls durch Dienstleister zu deutlich interessanteren Konditionen als durch die kleinen Unternehmen selbst umgesetzt werden kann, wenn die Spielräume bei der Lizenzierung ausgenutzt werden.
Es spricht viel dafür, dass Managed Services im Bereich System Lifecycle Management auch im Zuge des generellen Trends hin zu SaaS (Software as a Service) stark an Gewicht gewinnen werden.
Von der Seite der Anbieter im System Lifecycle Management ist dagegen verstärkt zu hören, dass sich die Anzahl der Migrationen auf Windows Vista noch in Grenzen hält. Das dürfte sich aber erfahrungsgemäss im Laufe der kommenden 12 bis 18 Monate verändern – auch Windows Vista hat, wie schon andere Windows-Versionen, lange Migrationszeiträume.
Dagegen setzen die Kunden verstärkt auch schon für Windows XP auf Windows PE (Preboot Environment) für die Staging-Umgebungen, über die Betriebssysteme eingerichtet und verteilt werden – ein Trend, den Rey Schallberger, CEO von Brainware, bestätigt: «Windows PE bietet signifikante Vorteile für die Umsetzung von Deployment-Prozessen und wird daher von vielen Kunden bevorzugt.»
Generell gilt, dass bei der Verteilung von Betriebssystemen heute sehr viel mehr als bisher auf Flexibilität geachtet wird, um Images möglichst einfach anpassen zu können und nicht mehr für jede Variante der Hardwarekonfigurationen ein eigenes erstellen und verwalten zu müssen.
Ein klarer Trend ist auch die Unterstützung von Service-orientierten Architekturen für die Integration von System-Lifecycle-Management-Lösungen mit anderen Anwendungen, seien es Identity-Provisioning-Systeme oder Antragsverfahren in der IT. Und gerade im ITSM-Umfeld geht es oft auch um die Automatisierung vieler Abläufe mit einer Steuerung durch übergeordnete Systeme wie beispielsweise die Service Desks. Anbieter müssen daher ihre Funktionalität auch als Services exponieren, um die Anbindung und Steuerung der Service-Lifecycle-Management-Lösungen zu unterstützen. Hier unterscheiden sich die verfügbaren Lösungen am Markt jedoch erheblich – und entsprechend ist das auch eines der wesentlichen Auswahlkriterien.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass sich der Markt für das System Lifecycle Management im Umbruch befindet. Man kann dieses Thema nicht länger isoliert betrachten, sondern muss immer den Kontext zur Gesamt-IT sehen. Bei der Auswahl von Lösungen (mehr Tips dazu in der Marktübersicht ab der folgenden Seite) spielen entsprechend die Offenheit, aber auch spezielle Anforderungen wie beispielsweise die Unterstützung von ITSM-Konzepten eine wichtige Rolle. Wer aber seine Strategie und die genannten Trends beachtet und seine Auswahlentscheidungen entsprechend gestaltet, kann das Risiko von Fehlentscheidungen minimieren.