Ausbaufähige Fundamente
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/15
Business-Manager interessieren sich nicht für SOA. Ihr Fokus liegt vielmehr auf den Geschäftsprozessen und -modellen. Wie sich durch eine prozesszentrierte Organisation die Leistungsbilanzen einzelner Fachbereiche verbessern lassen, wurde in den letzten Jahren unter verschiedenen Begriffen diskutiert und zum Teil auch erfolgreich umgesetzt. Business Process Re-Engineering, Lean Production oder die Konzentration auf Kernkompetenzen lauten einige der durchaus konstruktiven Rezepte. In anderen Fällen hat sich jedoch keine dauerhafte Verbesserung eingestellt.
Seit einiger Zeit wurde die Diskussion um die Optimierung und Steuerung von Businessprozessen um einen weiteren Ansatz bereichert: die Service-orientierte Architektur. Das Bemerkenswerte daran ist, dass sich die grundlegenden Konstrukte von SOA sowohl in der IT-Welt als auch in der Welt der Fachabteilungen nützlich einsetzen lassen. Dazu zählen beispielsweise wiederverwendbare IT- oder Business-Services, die eigenständig genutzt, aber auch in Kombination mit anderen zu neuen Prozessen zusammengesetzt werden können. Eine gute Analogie dazu sind die Fertigungsprinzipien in der Automobilbranche, die wesentlich von der System- und Modulbildung geprägt sind.
Von aussen betrachtet, wird damit Business Process Management zum Treiber für SOA. Gleichzeitig jedoch eröffnet eine SOA durch den Komponenten-basierten Ansatz den Fachabteilungen neue Möglichkeiten, flexibler auf geänderte Marktbedingungen oder neue unternehmerische Zielvorgaben zu reagieren. Denn eine Verknüpfung zwischen den fachlichen Anforderungen an das Business Process Management und der IT, welche die technischen Fundamente bereitstellt, bedeutet in der Konsequenz, dass die Erfüllung der geschäftsprozessualen Vorgaben durch eine SOA einfacher wird.
Im optimalen Fall ist die Fachabteilung in der Lage, die Businessprozesse aus einem Art Baukastensystem zu designen. Es werden Abläufe, Zusammenhänge und Abhängigkeiten definiert, wobei es an dem Punkt darauf ankommt, dass die Fachabteilung und die IT die gleiche Sprache sprechen. Denn die von den Prozessexperten entwickelten Modelle müssen bis in alle technischen Verästelungen von der IT in ihren Infrastrukturen und mit ihren Mitteln umgesetzt werden.
Statt Aufträge an die IT zu vergeben, um Änderungen in den technischen Systemen vorzunehmen, gibt die Fachabteilung nun die Richtung vor. Beim Design, der Steuerung und dem Monitoring der Geschäftsprozesse ist man nicht mehr auf die Kapazitäten der IT angewiesen. Eine Anpassung in den Modellen und Abläufen kann innerhalb weniger Tage statt erst nach mehreren Wochen vorgenommen werden. Die Voraussetzung für ein derartiges Business Process Management ist eine einheitliche Modellier- und Runtime-Umgebung.
Nur in einer idealen Welt laufen die Geschäftsprozesse völlig störungsfrei. Im richtigen Leben kommt es immer wieder zu Abweichungen, Ausnahmefällen und unerwarteten Ereignissen. Bekanntlich gibt es sehr unterschiedliche Strategien, um mit solchen Situationen umzugehen. Die meisten laufen allerdings darauf hinaus, dass einzelne Mitarbeiter dazu ausersehen sind, für Abhilfe zu sorgen. Möglicherweise gibt es auch interne Vorschriften, wie in solchen Fällen vorzugehen ist. Dennoch werden solche Situationen eher intuitiv abgehandelt und einer Lösung zugeführt.
Dabei lassen sich mehrere Ebenen einer SOA unterscheiden. Auf der Business-Ebene sind Aktivitäten wie Exception Handling oder branchenabhängige Governance-Vorschriften in die Service-orientierte Unternehmensarchitektur eingebunden. Diesem Ansatz zufolge können solche Services natürlich auch mit Hilfe unternehmensweiter Business-Process-Management-Funktionen zu neuen, komplexen Geschäftsprozessen zusammengefügt werden.
Unter Business-Aspekten erfolgt dies in den Fachabteilungen. Technisch betrachtet schliesslich werden die Komponenten an einen zentralen Service Bus angebunden, der wiederum die Konnektivität zu anderen, bereits im Unternehmen vorhandenen Applikationen herstellt. Spätestens hier wird deutlich, dass sich das Fehlermanagement nicht auf die fachlichen Aspekte beschränken darf, sondern auch die technische Ebene berücksichtigen muss. Bei allen technischen Problemen in einer komplexen SOA ist weiterhin die IT gefragt. Das Stichwort lautet hier SOA Governance. Entsprechende SOA-Runtime-Governance-Lösungen ermöglichen eine Überwachung des Status und der Einsatzfähigkeit einer SOA. Wichtig ist dabei der Überblick über die Vorgänge in einer SOA, denn nur so lassen sich beispielsweise auch SLAs einhalten.
SOA Governance befasst sich mit der Identifikation, Vermeidung und Beseitigung technischer Probleme in verteilten, komplexen SOA-Systemen. Mit dem Ziel des Business Process Management geht es hier darum, potentielle technische Fehler zu diagnostizieren, zu erkennen und zu beseitigen, bevor sie die Geschäftsprozesse beeinflussen.
Das technische Monitoring im Rahmen der SOA Governance ermöglicht ein durchgängiges End-to-End-Lifecycle-Management, das sowohl die fachlichen als auch die technischen Ausnahmesituationen enthält. Das schafft Transparenz in einer Service-orientierten Unternehmensarchitektur und ermöglicht erst ein ganzheitliches Business Process Management.