Back to the roots...

Viele der neuen Features beim Windows Server 2003 arbeiten im Befehlszeilen-Modus. Ein Abschied von der grafischen Oberfläche ist das aber nicht.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/10

     

Als Microsoft einst mit DOS in das Betriebssystem-Geschäft eingestiegen ist, gab es dort nur die Befehlszeile. Mit der Erfolgsgeschichte von Windows rückte diese aber schnell in den Hintergrund. Bei Windows NT fand sich dann nur noch das MS-DOS-Icon, das den Zugang zu einer Befehlszeile gab, die sich im wesentlichen auf die DOS-Befehle und ein paar vom LAN-Manager geerbte Befehle beschränkte. Die Administration der Systeme sollte grundsätzlich über die viel einfacher zu bedienende grafische Oberfläche erfolgen.




Entsprechend war auch Windows 2000 geprägt von nett anzuschauenden grafischen Administrationswerkzeugen - und von nur wenigen zusätzlichen Befehlen in der Befehlszeile. Dass manche der neuen Befehle zu allem Überfluss auch noch schlecht dokumentiert und reichlich komplex waren, machte es nicht besser. Das beste Beispiel für einen solchen Befehl war ntdsutil.exe, das eigentlich schon eine ganze Anwendung mit wiederum eigener Befehlszeile war. Und wenn es zusätzliche Befehle gab, dann fast immer nur im Rahmen des Resource-Kits als Add-on und mit eingeschränktem Support.


GUI o.k., aber...

Microsoft hatte mit dem Ansatz, grafische Schnittstellen zu schaffen und damit die Administration von Servern zu vereinfachen, im Prinzip recht. Server-Betriebssysteme sind ohnehin schon komplex genug, so dass man sich das Leben nicht auch noch durch eine möglichst komplexe Bedienung erschweren muss. Und wer einen Massenmarkt anpeilt, muss es der Masse der Administratoren auch einfach machen, die Systeme zu beherrschen.



Aber da gibt es eben auch noch die andere Seite der Medaille. Und dort finden sich beispielsweise Anwendungen für das Benutzermanagement, die zwar für kleine und mittlere Netzwerke geeignet sein mögen, für die Verwaltung Tausender Benutzer aber doch recht unhandlich sind. Da findet sich eine Registry, die so komplex und umfangreich ist, dass mancher den .ini-Dateien doch eine Träne nachweint und sich Konfigurationsdateien wie bei Linux- oder Unix-Systemen wünscht. Da ist die Schwierigkeit, wiederkehrende Aufgaben zu automatisieren, wenn diese nur über grafische Schnittstellen oder alternativ über Low-Level-Funktionen der Win32 API angesteuert werden können. Da fehlen manche Funktionen einfach ganz bei den einfachen Administrationswerkzeugen und müssen dann komplex in den Tiefen des Details konfiguriert werden. Ein Beispiel dafür ist der Zeitraum, nach dem das Active Directory nicht mehr benötigte Objekte intern endgültig löscht. Nicht zuletzt gibt es aber auch schlicht unterschiedliche Wünsche der Administratoren an die Benutzerschnittstelle. Der eine mag mehr die grafischen Tools, der andere liebt die Befehlszeile heiss und innig. Und ein anderer wiederum bastelt sich am liebsten für alles und jedes kleine Scripts in VBScript, Perl oder einer anderen Scriptsprache.




Auch wenn Microsoft eigentlich eher undogmatisch, sondern auf den maximalen Profit orientiert ist, hat es lange gedauert, bis sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass eine Administration ausserhalb grafischer Benutzerschnittstellen Sinn macht. Beim Windows Server 2003 hat man das dann auch umgesetzt: Die grafischen Oberflächen wurden einerseits weiter optimiert, und es gibt, wie mit der Group Policy Management Console (GPMC), auch ein paar neue Tools, wo die bisherigen schlicht unzureichend waren. Andererseits hat Microsoft aber in vielen Bereichen neue Funktionen an der Befehlszeile geschaffen, um die Administration und Konfiguration des Systems flexibler zu gestalten. Darüber hinaus gibt es auch mehr und umfassendere Objekte, die in Scripts angesprochen werden können, beispielsweise die Funktionen der GPMC.




Leistungsfähige Werkzeuge

Die leistungsfähigeren Befehlszeilen-Tools finden sich in praktisch allen Bereichen des Systems. Das Management von Datenträgern etwa wird durch eine ganze Reihe neuer Befehle erleichtert, mit denen beispielsweise Partitionen, Disk Quotas, Schattenkopien oder das Distributed File System (DFS) administriert werden können.



Ein anderes Beispiel ist die Konfiguration von IPsec: Hier hat Microsoft bei Windows 2000 zunächst, sicher gut gemeint, einen schrecklich unhandlichen Assistenten implementiert, der die Komplexität von IPsec leider nicht verborgen, sondern noch vergrössert hat. Im Resource Kit gab es zwar schon ein paar Tools, um IPsec auch von der Befehlszeile aus zu verwalten, aber erst jetzt sind diese, in erweiterter Form, in das Basis-Betriebssystem gewandert.




Besonders wichtig sind die neuen Befehle für das Management der vom entsprechenden Windows-Service protokollierten Ereignisse. Diese können wie bis anhin in der Ereignisanzeige betrachtet und verwaltet werden, die Schnittstellen zu den Protokollen sind nun aber offengelegt, so dass beispielsweise auch der Microsoft Operations Manager (MOM) darauf zugreifen kann. Und dieselben Schnittstellen werden nun auch von einigen neuen Tools in der Befehlszeile genutzt, mit denen Ereignisse erfragt und Warnungen definiert werden können.



Am interessantesten ist aber wohl die WMIC, Windows Management Instrumentation Commandline. Das C steht also zur Abwechslung mal nicht für Console, sondern für Commandline. Die WMI ist sicherlich eine der Systemfunktionen für hartgesottene Administratoren. Damit lassen sich Informationen über die Konfiguration des Systems und von Treibern abfragen, die dann beispielsweise in der Computeranzeige dargestellt werden. Bereits bei Windows 2000 konnte mit Scripts auf die WMI-Funktionen zugegriffen werden, aber erst beim Windows Server 2003 gibt es auch eine Befehlszeile, um bestimmte Informationen relativ schnell erhalten zu können. Dabei liegt die Betonung allerdings auf relativ, weil die WMI so komplex ist, dass man sich schon einige Zeit mit ihr beschäftigen muss, um auch zu schnellen Ergebnissen zu kommen.



Was lehrt uns die Hinwendung von Microsoft zu Befehlszeilen? Microsoft ist lernfähig und hat erkannt, dass es ein GUI alleine nicht tut. Microsoft reagiert irgendwann auf die Wünsche der Benutzer, auch wenn es manchmal etliche Jahre dauert - denn das Fehlen einer leistungsfähigen Befehlszeile wurde schon bei Windows NT 3.1 oft kritisiert. Und der Windows Server 2003 ist sicher der am flexibelsten administrierbare Server der Windows-Geschichte - sei es über grafische Tools, Scripts oder die Befehlszeile.



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