Zürcher Nachdiplom-Studenten als Ideengeneratoren für 3G-Mobilfunk

Abschlussarbeiten eines Nachdiplom-Studiums an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich stossen in der Industrie auf reges Interesse.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/09

     

Das mobile Internet wird die Medienlandschaft noch nachhaltiger verändern als das World Wide Web. In Zukunft wird man über das mobile Endgerät nicht nur telefonieren und gleichzeitig alle Möglichkeiten des Internets zur Verfügung haben, sondern es wird darüber hinaus neue Medienanwendungen geben, die heute neu erfunden werden müssen. Nach diesem Motto bietet die Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich (www.hgkz.ch) seit zwei Jahren das Nachdiplomstudium "Mobile Application Design" an und versteht sich als Ideengenerator und Incubator für den multimediafähigen Mobilfunk der dritten Generation. Studierende aus einer Vielzahl von Richtungen entwickeln als interdisziplinäre Teams unter der Leitung von ausgewiesenen Experten eigene Ideen, die sie technisch umsetzen und vermarkten müssen. Ziel ist es, jedem Studierenden zu einer Geschäftsidee in Sachen Mobile Application zu verhelfen.



Das Nachdiplom wurde von Professor Gerhard Blechinger ins Leben gerufen. Dank seiner Beziehungen zur Industrie im In- und Ausland ist es ihm immer wieder möglich, Dozenten auch direkt von Siemens oder Vodafone ins Schulzimmer zu bringen. Prof. Blechinger war vor seinem Engagement in der Schweiz Leiter des Medialab am Zentrum für Kunst und Medientechnologie - dem ZKM Medienmuseum in Karlsruhe.




In enger Kooperation mit der Wirtschaft bietet die HGKZ neueste technische Infrastruktur, gestalterisches, technisches, juristisches und Marketing-Know-how. Unterricht in Mobile Application Design ist Coaching von jungen Talenten, gemeinsame Suche nach Ideen und die rasche Umsetzung für den entstehenden Markt.


Von der Idee zum Produkt

Ausgehend von dem Gelernten wird für die Diplomarbeit ein eigenes Produkt konkretisiert und für eine reelle Produktion vorbereitet. Dazu gehört nicht nur die Planung der technischen Umsetzung, sondern auch die Suche nach Partnern und Sponsoren sowie die Einbindung externer Fachleute - auch hinsichtlich einer später möglichen Einbindung oder Beteiligung derselben bei der Vermarktung. Mit Hilfe des in diesem Studiengang erstellten Prototyps und der Vorarbeiten modellieren die Studierenden ihre eigenen Produkte gegenüber Venture-Capital-Gesellschaften, Vertriebsgesellschaften, Operatoren, Service-Providern, Endgeräteherstellern oder anderen Endkunden in ein vermarktungsfähiges Produkt. Ziel ist es, die entstandenen Produkte, Business Cases, und/oder Betaversionen auf dem Markt zu plazieren.



Dank der guten Beziehungen aller Dozenten des Nachdiplom-Studienganges zur Wirtschaft, werden die wichtigen und interessierten Industrie-Leute immer wieder zu Kurzpräsentation eingeladen oder persönlich informiert, woran die Studierenden gerade arbeiten. Je nach gewählter Diplomarbeit wird auch direkt mit diversen Firmen Kontakt aufgenommen.





Business-Fokus

Wie im Fall des E-Commerce ergeben sich auch im mobilen Internet Fragen zur Urheberschaft, zum Kopierschutz und zum Eigentum. Die Eigentumsfrage spielt aufgrund der Peer-to-Peer-Distribution von Inhalten eine besondere Rolle. Dies bedeutet, dass Inhalte nicht mehr über eine zentrale Stelle verteilt werden, auf die ein Inhaltsanbieter gegebenenfalls noch Einfluss haben könnte, sondern dass die Teilnehmer Inhalte von sich und vom eigenen Gerät aus weitergeben. Welche Konsequenzen für die Studierenden oder deren Kunden diese Distribution haben kann, wird im Kurs ausführlich diskutiert und beschrieben.



Auch lernen die Studenten, wie sie mit Firmen vorzugehen haben, wenn diese an ihren Diplomarbeiten interessiert sind. Die Studenten streben meist keinen Job im Unternehmen an, die Mehrzahl startet ihr eigenes kleines Unternehmen. Die Schule versteht sich als Vermittler und versucht in einer ersten Phase nicht unbedingt, Profit zu schlagen. Es geht vielmehr um den Aufbau einer neuen Content-Zulieferer-Industrie für den 3G-Mobilfunk, und die Studenten wollen einfach ganz vorn dabei sein.




Da viele Studierende vor Antritt dieses Lehrganges in der Industrie gearbeitet haben, ist im Kurs viel reelles Wirtschafts-Know-how vorhanden. So helfen sich die Studenten gegenseitig, ihre Diplomarbeiten bereits mit einem Business-Fokus zu verfassen, so dass sich die Wirtschaft konkret dafür interessieren wird und gemeinsam mit den Abgängern die Projekte realisieren will.




Einige Arbeitsbeispiele

Es versteht sich, dass die Studenten sehr vorsichtig aussuchen, wem sie Einblick in ihre Arbeit geben und wem nicht. Einige Ideen sind so aktuell, dass es da schon unter Firmen Querelen gab, wer die Arbeit haben darf und wer nicht. Einige Arbeiten, die schon unter Dach und Fach sind, beinhalten folgende Ideen:




•Ein Projekt behandelt virtuelle Fotoalben für digitale Bilder mit einem Zusatzdienst, mit dem man online Bilder bestellen kann, die dann als Postkarte oder normale Fotos verschickt werden können.





•Eine Arbeit geht um den Verwendungszweck von MMS und das Verschicken der Meldungen und was damit erreicht werden kann. Ein grosser deutscher Provider und ein Verlag sind bereits interessiert an der Applikation.




•Ein weiteres Projekt ist das Konzept für eine Flotten-Management-Applikation. Mit dieser neuentwickelten Anwendung können in Unternehmen bis zu einem Drittel der Kosten gespart werden. Flotten-Management besteht in seiner modernen Form darin, dass die mobilen Elemente der Flotte, seien es Lastwagen oder Taxis, in Realtime ihre Positionsdaten und Abrechnungen an die Zentrale melden. Dazu braucht es auf Seiten der "Satelliten" mobile Endgeräte, um die Daten an die Zentrale zu übermitteln.


Nachdiplom-Studiengang an der Hochschule Zürich (HGKZ)

Das Nachdiplomstudium wird mit einer Diplomarbeit abgeschlossen, dem FH- Diplom in "Mobile Application Design", und berechtigt zu dem Titel "Executive Master". Der Studiengang wird berufsbegleitend angeboten. Pro Semester findet ein einmaliger Intensivblock von 14 Stunden - meist an den Wochenenden - statt. Dieser ist thematisch offen und wird nach den Wünschen und Bedürfnissen der Studierenden gestaltet. Die Studienkosten betragen pro Semester 3500 Franken beziehungsweise 14000 Franken für den gesamten Studiengang. Der Anmeldeschluss für das Wintersemester 03/04 ist der 14. Juli 2003.





Diplombedingungen

1. In der Diplomprüfung muss belegt werden, dass die Studenten sich mit dem Thema Mobile Applikationen in Theorie und Praxis umfassend beschäftigt haben. In Form einer schriftlichen Projektskizze müssen sie ihren Anteil am Projekt dokumentieren, ob es nun als Betaversion umgesetzt ist oder ob es weitgehend nur als Projektvisualisierung vorliegt.



2. Eine schriftliche Arbeit muss das Projekt und seinen Kontext so zeigen, dass Hergang der Projektüberlegungen, Status Quo der Überlegungen sowie ein Ausblick über Bedeutung und zukünftige Versionen des Projektes erkennbar werden. In Art und Umfang der Arbeit sind die Studierenden prinzipiell frei. Die einzelnen Diplomarbeiten können mit der Studienleitung einzeln abgesprochen werden, auch um den Umfang einer Arbeit genau einzugrenzen.



3. In einer mündlichen Prüfung müssen die praktischen und theoretischen Arbeitsergebnisse in Form eines kurzen Vortrags präsentiert werden. Anschliessend Disputatio gegenüber Vertretern der Dozierenden und der Studienleitung.



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