Die Fachgruppe Lehr- und Praktikumsbetriebe des SwissICT ist besorgt über den sich zuspitzenden Fachleutemangel. Eine Studie des Institutes für Bildungsökonomie der Uni Bern sowie eine Umfrage in Betrieben und bei Lernenden zeigen, dass zwei Drittel der Betriebe die Lehre so organisiert haben, dass die Lernenden im 3. Lehrjahr durchschnittlich 60 bis70 Prozent des Leistungsbeitrages einer Fachperson erreichen und im 4. Lehrjahr sogar 70 bis 100 Prozent. Da nachgewiesen wurde, dass die Wirtschaftlichkeit der Lehre das Lehrstellenangebot sehr stark beeinflusst, geht es jetzt darum, diese in defizitären Fällen zu optimieren und sie ebenso zum Erfolg zu führen.
Die im 2004 durchgeführte Umfrage bei 2400 ausbildenden und 1800 nicht ausbildenden Betrieben führte zu der Erkenntnis, dass die Lehre (in vielen Berufen) einen Gewinn von 483 Millionen Franken jährlich erwirtschaftet. Nicht so bei den beteiligten 78 Informatikfirmen, bei denen eine Spanne von 75‘000 Franken Gewinn je Lehrling bis zu 100‘000 Franken Verlust besteht. Doch bereits bei einer einjährigen Anstellung der Lehrabsolventen wird jedes einzelne Lehrverhältnis zum Gewinn. Die Studie zeigte dennoch auf, dass die Lehre optimiert werden könnte. Defizite während der Lehre müssen nicht sein. Die Umfrage der SwissICT-Fachgruppe im Januar 2009 bei Betrieben und Lernenden in mehreren Kantonen zeigte eine ebenso grosse Spannweite mit teilweise bedenklichen Feststellungen auf. Auffällig ist die Einschätzung des Leistungsbeitrages, der im 3. Lehrjahr von 10 Prozent bis 90 Prozent der Leistung einer Fachperson (in gleicher Zeiteinheit) und im 4. Lehrjahr von 20 bis 120 Prozent angegeben wird! Das bedeutet, dass viele Betriebe die Lernenden sehr gut und genau nach dem Konzept einsetzen und nahe zum Ziel von 80 Prozent Leistungsbeitrag im 4. Lehrjahr kommen: Lernende sind Mitarbeiter, die das Handwerk im produktiven Einsatz erlernen. Das bedeutet aber auch, dass einzelne Firmenvertreter entweder die Frage nicht verstanden haben oder aber die Lehrlinge nicht produktiv beschäftigen. Das ist nicht gut.
Und die Lernenden? Viele freuen sich, tönen äusserst motiviert: «Ich bin völlig glücklich in meiner Lehre.» Andere wünschen sich «endlich genügend Arbeit zu bekommen», stärker im Schwerpunktsbereich eingesetzt zu werden oder interessantere Aufgaben zu erhalten. Schätzungsweise 40 Prozent fühlen sich unterfordert. Unterbeschäftigte Lernende sind unmotiviert, finden die Informatiklehre unattraktiv und werden entsprechend negativ über diese reden, was zu fehlenden geeigneten Bewerber/-innen führt. Aus der 2. Untersuchung der Uni Bern weiss man, dass Betriebe, bei denen die Lehre defizitär ist, zum Abbau der Lehrlingszahlen oder gar zum Ausstieg aus der Berufsbildung neigen. Bei dem akuten Personalproblem der Informatik können wir uns das alles nicht leisten. Auch die Informatiklehre muss produktiv sein und in die Gewinnzone gebracht werden; schlechte Lehrlingseinsätze schaden dem Image. Mit einfachen Massnahmen sind Verbesserungen zu erzielen: • Genügend lange Einsätze im Fachgebiet. Ziel der Lehre ist neben dem Aufbau der fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenz auch das Arbeiten lernen, effizient, in geforderter Qualität und Quantität. Das erreicht nur, wer auch arbeiten kann, wer zehnmal dieselbe Tätigkeit durchführen konnte, zuerst einfach, danach komplex. • Lehrbetriebe sollen die Lernenden nicht überbetreuen., Je nach Lehrjahr müssen 1 bis 2 Stunden pro Woche genügen!
Die SwissICT-Fachgruppe Lehr- und Praktikumsbetriebe erwartet noch weitere Fragebogen von Lernenden und Betrieben. Sie wird auch diese noch auswerten und daraus Material für die Ausbildner-Ausbildung erstellen. Betriebe, in welchen dringend scheinen, werden kontaktiert. Ein Firmeninhaber hat formuliert, was wir erreichen wollen: «Lasst die Lehrlinge an «heisser» Ware arbeiten, es gibt genügend Möglichkeiten dazu. Lernende müssen lernen, den Kunden unseres Kunden zu verstehen. Nur so können sie Höchstleistungen erbringen!». Und die brauchen wir, soll die Informatik aus ihrem «Bastler-Image» herauskommen und genügend Fachleute produzieren. Es gehört zu den vornehmsten Aufgaben der Arbeitgeber, für den Fachleutenachwuchs in qualitativer und quantitativer Hinsicht selbst zu sorgen.
Alfred Breu, Fachgruppe Lehr- und Praktikumsbetriebe des SwissICT.