Adobe Acrobat, die Elfte

Mit Acrobat XI bringt Adobe stark verbesserte PDF-Editiermöglichkeiten und integriert Cloud-Services für Formularverarbeitung und elektronische Signatur.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/12

     

Knapp zwei Jahre nach dem letzten grossen Release hat Adobe Anfang Oktober 2012 Acrobat XI vorgestellt. Neben Detailverbesserungen in der Bedienung glänzt die neueste Ausgabe der PDF-Universal-Software vor allem mit zwei grösseren Änderungen: Ein neues Tool erlaubt nahezu beliebiges Editieren der PDF-Inhalte, und zwei Cloud-Services erweitern Acrobat Professional um Fähigkeiten wie elektronisches Signieren – von Adobe «Web Contracting» genannt – und das Erstellen, Verteilen und Auswerten von Formularen. Ein weiteres Motto der neuen Version ist «PDF Recycling»: Acrobat XI kann aus einem PDF ein voll editierbares Word-, Excel- und Powerpoint-File mit originalgetreuer Formatierung generieren.

Stabile Produktfamilie

An der Vermarktung hat sich bei Acrobat XI nahezu nichts geändert. Neben der Vollversion Acrobat XI Pro und dem kostenlosen Adobe Reader XI gibt es nach wie vor die funktional reduzierte Standard-Variante. Sie verzichtet auf den verbesserten Powerpoint-Export, die Integration von Audio- und Videodaten in PDF-Dokumente, den Direktvergleich von zwei PDFs mit Anzeige der Unterschiede und den Cloud-Service zur Formularverarbeitung.
Genau dafür bietet die Pro-Variante nicht nur die kostenlose Nutzung des Service, der Formscentral heisst, sondern auch eine gleichnamige Desktop-Anwendung, mit der die Formulare erstellt, verteilt und ausgewertet werden. Der Preisunterschied zwischen Acrobat XI Standard und Pro beträgt in der Vollversion rund 300 und für das Upgrade rund 125 Franken. Acrobat XI Pro ist überdies auch im Creative-Cloud-Abo enthalten, das für 70 Franken pro Monat die Nutzung der gesamten Kreativ-Software von Adobe ermöglicht.

Editieren leicht gemacht

Schon bisher konnte man in Acrobat Texte in einem PDF-File editieren und Objekte herumschieben. Das neue Tool «Edit Text and Images» erweitert und vereinfacht die Editiermöglichkeiten beträchtlich. Klickt man das Tool an, werden alle Text- und Bildrahmen aktiviert. Der Text lässt sich direkt editieren, die Rahmen können verschoben, vergrössert oder verkleinert werden. Über ein Menü lassen sich auch Schriftart,
-grösse, -farbe und -stil sowie die Textausrichtung im Abschnitt umdefinieren.
Bei allen Editiervorgängen fliesst der Text automatisch neu um, und der betroffene Rahmen ändert seine Grösse entsprechend. Das war bisher nicht der Fall. Das Editieren geht zudem flott vor sich und fühlt sich «natürlich» an – Acrobat XI gibt sich deutlich weniger sperrig als frühere Versionen. Die Suchfunktion ermöglicht neu auch das dokumentenweite Suchen und Ersetzen. Auch dabei wird der Text, falls nötig, automatisch neu umbrochen, ohne dass die Formatierung der Seiten durcheinander gerät.
Bilder lassen sich mit dem Editier-Tool vergrössern, verkleinern, verschieben sowie horizontal und vertikal spiegeln, beschneiden oder durch ein anderes Bild ersetzen. Mit zwei weiteren Tools setzt man neue Text- und Bildrahmen ein.

Acrobat als Formatwandler

Aus einem PDF-Dokument lässt sich in Acrobat XI je nach Inhalt ein brauchbares Word-, Excel- oder Powerpoint-Dokument zur Bearbeitung in der passenden Office-Anwendung erzeugen. Der Powerpoint-Export ist komplett neu, der Export nach Word und Excel wurde markant verbessert. Auch komplex formatierte Dokumente erscheinen in der Zielanwendung einigermassen korrekt. Perfekt ist der Export aber nicht – manchmal werden Schriften nicht übernommen und einzelne Rahmen erscheinen verschoben. Das Resultat ist jedoch um Längen besser als bei Acrobat X. Exportieren lässt sich übrigens nicht nur das gesamte PDF-File: Über das Kontextmenü kann die aktuelle Text-Selektion als Word-, Excel- oder Powerpoint-Dokument gesichert werden.
Noch hochwertiger als der Word-Export zeigte sich im Test der Export eines 46-seitigen, ursprünglich vom Apple-Präsentationsprogramm Keynote generierten PDF-Files nach Powerpoint. Abgesehen von einigen Kerning-Problemen erstellte Acrobat XI eine praktisch tadellos formatierte PPTX-Datei, die sich in Powerpoint weiter bearbeiten liess. Was allerdings nicht funktioniert, ist die Umwandlung einer Bullet-Liste aus dem PDF in die entsprechende Outline-Struktur im Powerpoint-Format. Dazu ist Acrobat XI zu wenig intelligent.

Verbessert hat Adobe auch die Integration mit Sharepoint und Office365. Sharepoint-Dokumente lassen sich aus praktisch allen Dateisystem-Dialogen öffnen und auschecken beziehungsweise sichern und einchecken. Dies gilt auch für den Adobe Reader XI. Die neue Version unterstützt zudem zusätzliche Sharepoint-Metadatentypen und bietet Support für Microsoft SCCM/SCUP und Apple Remote Desktop für die unternehmensweite Software-Verteilung sowie Citrix Xenapp und Microsoft App-V für virtuelle Desktop-Umgebungen.

Formularwesen via Cloud

Privatunternehmen wie auch die Öffentliche Hand setzen Formulare für alle möglichen internen Prozesse und für die Kommunikation mit Klienten ein. Mit der neu im Lieferumfang von Acrobat XI Pro enthaltenen Desktop-Anwendung Formscentral und dem gleichnamigen Cloud-Service will Adobe das Formularwesen vereinfachen. Die Desktop-App ist sowohl im Windows- als auch im der OS-X-Paket enthalten und ersetzt für einfache Anwendungen den nur für Windows verfügbaren Livecycle Designer. Dieser heisst nun Livecycle Forms ES3 und ist nur noch als Teil der Livecycle Enterprise Suite erhältlich.
Mit Formscentral fällt das Erstellen eines Verwaltungs- oder Umfrageformulars extrem leicht. Es gibt Vorlagen für gängige Aufgaben, oder man gestaltet von Grund auf neu. Dabei stehen Optionen wie Texteingabefelder, Datums- und E-Mail-Felder mit entsprechender Validierung, Dropdown-Menüs, Checkboxen, Radio-Buttons und Multiple-Choice-Felder zur Verfügung. Die fortgeschrittenen Möglichkeiten des Livecycle Designers wie die Einbindung eigener Datenquellen stehen in Formscentral nicht zur Verfügung. Dafür ist die Bedienung einfacher, und für viele Aufgaben genügt der Service vollauf.

Einmal erstellt, lässt sich das Formular als PDF-Form sichern und in Acrobat weiter bearbeiten oder in die Formscentral-Cloud übertragen. Dazu wird eine gültige Adobe-ID benötigt. Wenn das Formular hochgeladen ist, erscheinen in der Formscentral-App zusätzliche Optionen zum Aufsetzen, Testen und Verteilen des Formulars sowie zum Auswerten der Antworten. Sobald das Formular als «offen» deklariert wurde, kann es von den Empfängern ausgefüllt werden – entweder per Link auf Formscentral, in die eigene Website eingebettet oder in Form eines auch offline ausfüllbaren PDF-Formulars.
Anworten aus dem Online-Formular werden automatisch übernommen und erscheinen in einer tabellarischen Aufstellung mit Filtermöglichkeit und Export als PDF-, Excel- oder CSV-Datei. Der «Summary Report» gibt darüber hinaus eine Gesamtsicht mit grafischer Darstellung der Antworten.
Mit dem Kauf von Acrobat Pro erwirbt man allerdings nur eine eingeschränkte Testversion von Formscentral: Man kann ein Formular erstellen und maximal 50 Antworten einholen. Wer auf den Geschmack gekommen ist und mehr Formulare braucht, muss ein Basic- oder Plus-Abo von Formscentral lösen, das ab 12 Franken pro Monat zu haben ist.

Weiteres von iPad bis Unterschrift

Acrobat XI bietet weitere Neuerungen. Dazu gehören neue oder verbesserte Reader-Apps für iOS, Android und Windows 8, die auch Support für Kommentare, PDF-Formulare und die elektronische Signatur bieten. Auch die Desktop-Anwendungen Acrobat Reader XI und Acrobat XI wurden durch Touch-Features erweitert, die auch dann zum Tragen kommen, wenn die Anwendungen virtuell via Citrix Xenapp verteilt werden.
Vor allem für interne Genehmigungsprozesse eignen sich die erweiterten Unterschriftsfunktionen von Acrobat XI. PDF-Dokumente können über den Adobe-Cloud-Service Echosign zum Unterschreiben verschickt und dann mit einer handschriftlichen Unterschrift signiert werden, die entweder direkt in Acrobat gezeichnet oder als Bilddatei importiert wird. Echosign verwaltet den Signierprozess, speichert das signierte Dokument in einem Archiv und übermittelt es an den Absender zurück. Sequentielle Signier-Workflows sind auch mit dem kostenlosen Echosign-Abo möglich, für parallele Workflows und weitere Features braucht es eines der kostenpflichtigen Abos.

Zu den übrigen Neuerungen gehört der Befehl «Combine Files into PDF», mit dem sich Dateien unterschiedlichen Formats in ein PDF-Dokument zusammenfassen lassen. Vereinfacht wurden die Funktionen zum Schutz von PDF-Dokumenten. Dazu gibt es nun das Tool «Restrict Editing», mit dem sich der Passwortschutz mit einem Mausklick einrichten lässt. Mit «Guided Actions» können Standardabläufe für mehrstufige PDF-Verarbeitungsprozesse Compliance-gerecht aufgesetzt werden. Und der einheitliche Umgang mit PDFs im Unternehmen wird auch durch die Definition eines anwenderspezifischen Toolsets erleichtert, das an alle Mitarbeiter verteilt werden kann. (ubi)


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