Das «Dörfi au mal»-Elektro-Einrad
Quelle: SITM

Das «Dörfi au mal»-Elektro-Einrad


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2015/04

     

Zugegeben – IT-Journalist zu sein ist kein Beruf, der wahnsinnig viel Glamour versprüht. Doch ab und an kommt man in Situationen, in denen man auch als IT-Journalist ganz viele neidische ­Blicke auf sich zieht. Beispielsweise dann, wenn man ein Airwheel testen kann.
Den Segway – jenes Gefährt, das vor 10 Jahren mal als die Zukunft der mensch­lichen Fortbewegung angepriesen wurde und heute vor allem in den USA als Stadtführungs-Spielzeug für Touristen verwendet wird – dürften die meisten kennen. Beim Airwheel handelt es sich im Prinzip um einen Segway für Leute mit einem erhöhten Gleichgewichtssinn und einem schmaleren Portemonnaie. Das Prinzip von Segway und Airwheel ist sehr ähnlich. Beide Gefährte werden von einem Elektromotor angetrieben und mittels Verlagerung des Gewichts gesteuert. Beim Airwheel heisst das: Vorwärts geht’s, indem man sich leicht nach vorne lehnt, gebremst wird, indem man zurücklehnt, und gesteuert, indem der Körper in die gewünschte Richtung gedreht wird.



Während ein Segway allerdings zwei weit auseinanderliegende Räder und eine Lenkstange ähnlich wie bei einem Motorrad besitzt, reicht das Aiwheel – wir haben das Modell Q5 getestet – gerade mal bis Mitte Unterschenkel und erinnert mit seinen zwei eng beieinander liegenden Rädern eher an ein Einrad.
Doch keine Angst – man muss kein Zirkusartist sein, um Airwheel zu fahren. Das Gerät hilft dank Sensoren beim Balancieren, was man schon merkt, wenn man das Airwheel einschaltet: Es steht ohne Hilfe und wie von Geisterhand gehalten selbst aufrecht. Allerdings: Jeder Anfang ist schwer – oder im Falle des Airwheel Q5 zumindest nicht ganz leicht. Es braucht ein paar Minuten, bis man fahren kann. Wobei dies stark vom Talent des Benutzers abhängt.

«Dörfi au mal»

Als Besitzer eines Airwheels zieht man nicht nur die eingangs erwähnten neidischen Blicke auf sich, sondern wird des Öfteren auch mit der «Döfi au mal probiere»-Frage konfrontiert – was uns für diesen Test nur recht war. So haben wir Probanden gesehen, die aufgestiegen und losgefahren sind, genauso wie solche, bei denen man nach 15 Minuten froh sein konnte, dass an ihnen (oder am Gefährt) noch nichts kaputt gegangen ist – ganz ungefährlich ist der Spass nämlich nicht und empfohlen wir zu Beginn das Tragen eines Helms sowie von Schonern. Aber: Wer etwas Gleichgewichtssinn hat und sich zum Start an einer Hauswand oder einem Freund abstützt, fährt schon nach wenigen Minuten flott geradeaus und macht bald schon seine ersten, wackeligen Kurven.
Nach einer Stunde Airwheel-Testen ist man schon recht rassig und einigermassen sicher unterwegs, und nach einer Testwoche fährt man problemlos auf dem Airwheel aus dem Haus auf den Zug und vom Bahnhof zum Arbeitsplatz – zusammen mit allen anderen Pendlern, einfach schneller und aufsehenerregender.

11,5-Kilo-Spassmacher

Leistungsmässig ist das Airwheel Q5 ziemlich beein­druckend. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 18 Stundenkilometer, wobei das Q5 ab 12 km/h mit einem ziemlich nervigen Pfeiffton warnt und sich zudem zur Sicherheit selbst aufrichtet, was sich für den Fahrer ziemlich merkwürdig anfühlt. Der starke 800-Watt-Elektromotor schafft Steigungen von bis zu 15 Grad problemlos. Allerdings fühlen sich Steigungen und vor allem Gefälle zu Beginn ebenfalls merkwürdig an. Der Akku soll je nach Gelände für eine Distanz von über 20 Kilometer halten, die Ladezeit wird mit maximal zwei Stunden angegeben.
Bei all dem Spass, den das Gefährt macht – und Spass macht es eine Menge –, haben wir doch auch ein paar kleine Schwächen gefunden. Mit 11,5 Kilo ist das Airwheel recht schwer – der Akku lässt grüssen. Der Verschluss der Ladebuchse hält ausserdem nicht richtig, und man wünschte sich mehr als vier LEDs zur Anzeige der Akkukapazität.
Und natürlich ist das Topmodell Airwheel Q5 mit knapp 1500 Franken nicht ganz billig. Aber: Zum einen gibt es auch deutlich günstigere Airwheel-Versionen (kleinerer Akku, schwächerer Motor, längere Reaktionszeiten), zum anderen sind die 1500 Franken für ein Q5 immer noch ein Schnäppchen im Vergleich zum Preis eines Segway, der gut und gerne gegen 10’000 Franken kosten kann.
(mw)


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