Heute kündigen wir den grossen Wettbewerb im Kaffeesatzlesen an. Was führen Politik und Behörden im Schilde, um in den Telekommarkt Schweiz einzugreifen? Wir schärfen zuerst unser regulatorisches Urteilsvermögen anhand von tatsächlichen Beispielen abseits der Telekommunikation. Der Krümmungswinkel von Gurken gehört zu den harmloseren, das Verbot von Glühbirnen zu den dümmeren und teureren Fehlentscheiden. Etwas weiter zurück: Im letzten Jahrhundert wurde im Kanton Graubünden das Autofahren verboten, an der Kantonsgrenze spannte man Pferde vor die Autos! Noch grotesker: Die EU und die Schweiz brauchten über 10 Jahre, bis sie das Katalysatorverbot aufhoben; die Katalysatoren importierter Autos mussten bei uns ausgebaut werden! Und geradezu skandalös: In der Stadt Zürich brachte es ein Beamter jahrelang fertig, bei Signalampeln die Gelbphase zu verhindern mit der Begründung, das funktioniere in Zürich nicht.
Zum Wettbewerb. Sind Sie bereit? Hier unsere Prognosen für 2013. Tippen Sie jetzt auf die Eintretenswahrscheinlichkeiten mit einer Punktzahl zwischen 10 und 0:
- Bei den Telefontarifen wird wie bei den Radio- und Fernsehgebühren ein neues System eingeführt. Die sogenannte geräteunabhängige Telefonsteuer soll in allen Haushalten und Betrieben erhoben werden, unabhängig davon, ob ein Telefon benutzt wird oder nicht. Die Abgabe für jedes nicht geführte Gespräch beträgt 50 Rappen pro Minute. Wird eintreffen: 10 Punkte, wird nicht eintreffen: 0 Punkte.
- Zur Energiewende plant das Bundesamt für Umwelt BAFU neue Vorschriften für Mobiltelefone. Sie müssen künftig aus Holz sein (Tanne oder Föhre), der Bildschirm aus Cellophan und die SIM-Karte aus Tofu (Soja). Für den Betrieb sind nur Kompogas-Akkus zugelassen (Details unter www.bafu.admin.ch/dokumentation/zurueckzurnatur). Wird eintreffen: 10 Punkte, wird nicht eintreffen: 0 Punkte.
- Die Motion Ursula Wyss verlangt vom Bundesrat die staatliche Preisfestlegung für Handytarife. Sie will das ökonomische Erfolgsmodell der EU übernehmen, das ähnlich dirigistisch funktioniert wie das ehemals ebenso erfolgreiche Modell kommunistischer Staaten: Billig, nicht lieferbar, keine Investitionen. Die SP-Frau hat das eidgenössischen Parlament inzwischen verlassen, um ab sofort als Gemeinderätin für tiefere Steuern in der Stadt Bern zu kämpfen. Wird eintreffen: 10 Punkte, wird nicht eintreffen: 0 Punkte.
- Die Wettbewerbskommission (Weko) wird 2013 eine mehrjährige Voruntersuchung abschliessen und die Fusion von zwei regionalen Kabelnetzunternehmen verbieten. Die Weko ist der Auffassung, dass 237 Kabelnetzbetreiber zu mehr Wettbewerb führen als 236. Argumentativ stützt sie sich auf den Präjudizfehlentscheid in der causa Sunrise/Orange aus dem Jahr 2010. Wird eintreffen: 10 Punkte, wird nicht eintreffen: 0 Punkte.
- Telefonieren ist fast, aber leider immer noch nicht ganz gratis. Das ist unerhört! Die Stiftung für Konsumentenschutz SKS wird daher auch in diesem Jahr wieder ihre populistischen Windmaschinen in Gang setzen. Die Berufsmeckerer werden nicht ruhen, bis die Konsumenten Geld erhalten für jedes geführte Telefongespräch. Anderseits: Der immer dünnere «Tages-Anzeiger» kostet seit dem 1. Januar satte 9 Prozent mehr als letztes Jahr. Gegen diesen happigen Preisaufschlag wird sich die SKS nicht wehren, weil sie Angst vor den Medien hat. Wird eintreffen: 10 Punkte, wird nicht eintreffen: 0 Punkte.
Die Preisverleihung findet anfangs 2014 statt. Für das Maximum von 50 Punkten gibt es einen Sack Kaffee Max Havelaar Esperanza Fantasia. Der Rechts- oder Linksweg ist ausgeschlossen.
Fritz Sutter ist Vorstandsmitglied des Schweizerischen Telekommunikationsverbandes Asut und des Dachverbandes ICTswitzerland. In seiner regelmässigen Kolumne im «Swiss IT Magazine» äussert er seine persönliche Meinung.