In den vergangenen zehn Jahren wurde das Bildungssystem auf einen höchst durchlässigen und guten Stand gebracht. Es erlaubt, auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse des Kindes einzugehen. Dass das Bildungssystem sich bewährt, belegt auch die Tatsache, dass die Jugendarbeitslosigkeit in der Schweiz drastisch tiefer ist als in beinahe allen EU-Ländern. Wir haben nämlich ein geniales Bildungssystem mit zwei Wegen, die sich prächtig ergänzen. Sie sind unterschiedlich, aber gleichwertig. Oder am Beispiel von drei Informatikerinnen gesagt: Soll eine junge Frau eine Lehre durchlaufen, eine Informatikmittelschule oder das Gymnasium besuchen? Spielt keine Rolle, ist die Antwort, vor allem nicht, wenn sie die Berufsmaturität anstreben. Diese kann man während der Lehre absolvieren (in Berufen mit zwei Schultagen ohne weiterem Zeitbedarf) oder danach.
Anna hat nach ihrer Lehre in einem Betrieb ein Studium an der Fachhochschule begonnen, Beatrice absolvierte die Informatikmittelschule mit dazugehörendem einjährigem Praktikum und ging dann ebenso an die Fachhochschule. Claudias Weg führte über das Gymnasium zum Studium an der ETH. Und das Gemeinsame? Mit 23 hatten Astrid und Claudia den Bachelor in der Tasche, Beatrice wird das leicht später haben, sie hat das Fachhochschulstudium berufsbegleitend gemacht: Vier Tage arbeitete sie, an zwei Wochentagen ging sie zur Schule. Und alle drei konnten zwischen der technischen und der Wirtschaftsinformatik wählen! Natürlich geht das nicht in allen Berufen so. Arzt kann man ja nur über ein Studium und Schreiner über eine Lehre werden. Aber in sehr vielen Berufen läuft das so.
Höhere Berufsbildung als weitere Möglichkeit
Doch es muss nicht immer Hochschule sein – auch die so genannte «höhere Berufsbildung», die Fortsetzung der dualen Grundbildung, hat einige Juwelen zu vergeben. Was man schon vor 50 Jahren sagte, gilt heute erst recht: Nach der Lehre soll man noch einen Schritt der höheren Berufsbildung folgen lassen und die Vorbereitung zur Berufsprüfung in Angriff nehmen. Diese baut auf der Grundbildung auf und führt die Berufsleute in eine deutlich höhere Qualifikation und erste Spezialisierung. Aus dem Automobil-Mechatroniker beispielsweise wird auf diese Weise der Automobil-Diagnostiker mit eidg. Fachausweis, eine Fachperson, die auch für Führungsaufgaben ausgebildet ist. Danach absolvieren viele die zweite Stufe der Ausbildung und schliessen die höhere Fachprüfung ab. Diese schliesst mit dem eidg. Diplom des jeweiligen Berufsfeldes ab, oder dem bekannten «Meister». Wir kennen sie doch als Malermeister, Treuhänder, Revisor und aus vielen weiteren Berufen. Würden wir diesen «Meister» auf Englisch bezeichnen, wäre das ein «Master». Das wäre also der «Professional Master».
Hohe Durchlässigkeit unter den Bildungswegen
Besonders erwähnenswert ist auch die Durchlässigkeit der unterschiedlichen Bildungswege. Sie ermöglicht jederzeit eine Veränderung eines eingeschlagenen Weges. So können Maturand/- innen nach einem einjährigen Praktikum eine Fachhochschule besuchen. Oder nach der Lehre mit Berufsmaturität und einer einjährigen «Passerelle» ein ETH- oder Universitätsstudium aufnehmen. Nach der Berufsprüfung kann man unter Anrechnung von Vorkenntnissen an die Fachhochschule. Und Absolventen einer Fachhochschule können als Bachelor an eine Uni oder ETH gehen und dort das Masterstudium aufnehmen. Heute sind fast alle Übergänge möglich, die man sich nur vorstellen kann.
Die Zukunft ist schon berücksichtigt
In den letzten zehn Jahren wurde unser Berufsbildungssystem stark verändert. Die Technikerschulen wurden zur höheren Fachschulen, ein weiterer Pfeiler der höheren Berufsbildung, eine Vollzeitvariante neben der dualen Möglichkeit der Ausbildung zur Berufsprüfung und der höheren Fachprüfung. Das Technikum wurde zur Fachhochschule, zählt zu den Hochschulen und versteht sich als Fortsetzung der beruflichen Grundbildung. Aufgrund des neuen Berufsbildungsgesetzes wurden auch nach und nach mehr als die Hälfte aller Berufe reformiert.
Die Berufsverbände sind für die Inhalte der Berufsbildung zuständig, sie sorgen für die laufende Aktualisierung der Ausbildung. Und das macht diese so stark – man lernt genau das, was der Markt für seine absehbare Zukunft braucht. An Berufsweltmeisterschaften sind die Schweizer gefürchtet – sie positionieren sich immer unter den ersten drei Nationen, sehr häufig nehmen sie den Nationenpreis entgegen. Was die Schweiz aber definitiv unterscheidet: Das Gros der Länder trainiert einen Teilnehmer auf das nötige Niveau, die Schweiz hat Tausende auf diesem Niveau. Und das trägt wesentlich zum Ruf der Schweizer Qualität im Ausland bei. Das Bildungssystem ist aber auch für die tiefe Arbeitslosigkeit verantwortlich. Kein Wunder, dass sich aktuell wieder jede Menge Länder im Bundesamt für Berufsbildung nach unserem System erkundigen. Da das Bildungssystem in den letzten Jahren völlig überarbeitet wurde, tun Eltern also gut daran, nicht zu viel aus der eigenen früheren Erfahrung als für heute gültig anzusehen. Sie können aber alle Details über www.berufsberatung.ch abfragen, selbst die Reglemente der Grund- und Weiterbildung sind über diesen Weg auffindbar.