Die richtige Business-Software fürs Schweizer KMU

Seriöser ERP-Vergleich statt Event-Rambazamba: Die Topsoft sieht sich nicht als herkömmliche Messe, sondern als Forum für vernünftige Fachgespräche.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/08

     

Andere schrumpfen, die Topsoft wächst. Die "nationale Fachmesse der führenden Anbieter von Business-Software-Lösungen", so die Positionierung des Veranstalters, findet 2004 mit über 100 Ausstellern bereits in der neunten Ausgabe statt. Nach wie vor zeichnet das Kompetenzzentrum für Prozessgestaltung der Fachhochschule Aargau ZPA für die Organisation verantwortlich; die Messe selbst geht in der Sporthalle Chapf im aargauischen Windisch über die Bühne.


Warum so erfolgreich?

Ihren Erfolg verdankt die Topsoft einer ganzen Reihe von Faktoren. Erstens kennt sie als einziges Thema Business-Software-Lösungen, und das Konzept ändert sich im Gegensatz zu andern Messen nicht mit jedem Wetterwechsel. Zweitens verzichtet man bewusst auf jeden Schnickschnack vom protzigen Fünfhundertquadratmeterstand bis zum Infotainment-Overkill mit Zauberer und Showgirls - die Topsoft kommt mit ihren Einheitsständen fast schon fad daher, aber genau dies ermöglicht dem Besucher die Konzentration auf das Wesentliche, nämlich das Gespräch mit den Ausstellern, um so die vom Organisator propagierte "Übersicht im Dschungel der Business-Software" zu erlangen.



Drittens bietet die Veranstaltung nicht bloss eine branchenspezifische Gewerbeschau, sondern auch ein Programm mit sechzehn Fachreferaten. Das Referentenpanel ist bunt gemischt, neben den Topsoft-Organisatoren vom ZPA und weiteren neutralen Experten wie dem prominenten Fachhochschuldozenten Walter Dettling kommen Vertreter von Herstellern zur Sprache, aber auch Kunden, die über ihre Erfahrungen mit konkreten Projekten berichten.




Viertens wird das Portemonnaie der Besucher nicht im mindesten belastet: Der Eintritt sowohl zur Ausstellung als auch zu den Referaten ist gratis. Und last, but not least: "Topsoft" steht nicht nur für die zweitägige Fachmesse, sondern bezeichnet auch eine ganzjährig gepflegte, herstellerneutrale Website, die unter anderem mit einer ausführlichen Marktübersicht und einem Evaluationsleitfaden für die Anschaffung von ERP-Systemen und anderer Business-Software aufwartet - Service, wie er im Buche steht.


Eine Halle in drei Teilen

Schon der erste Blick auf den Hallenplan offenbart einiges. Neben dem Bar/Bistro-Bereich, zentral und auch punkto Grösse prominent plaziert, fallen "die Blauen" und "die Gelben" sofort auf - auf der einen Seite sind die Stände von 13 Microsoft Business Solution Partners, auf der anderen die 10 SAP Business Partners zusammengefasst. Dazwischen sowie in der aus Platzgründen nötigen oberen Halle findet sich der Grossteil der Aussteller, die ihre Produkte teils ebenfalls auf den Basistechnologien von MS (.Net, Navision, Axapta) und SAP (mySAP, Business One, Business Warehouse) aufbauen, teils aber auf anderen Entwicklungsplattformen arbeiten.




Interessant sind die An- und Abwesenheiten der bekannten grossen Player: Oracle, die sonst grundsätzlich nur in Form eigener Events wie Oracleworld und Appsworld ans Publikum tritt und Messen wie die Orbit meidet wie die Pest, ist an der Topsoft höchstselbst mit der E-Business-Suite präsent. Dafür findet man in Windisch weder von Microsoft noch von SAP eigene Stände - das hat aber Methode: Der Besucher soll, statt sich bloss die gerade aktuelle Marketingbotschaft eines Grossherstellers anzuhören, möglichst von Anfang an mit dem Partner in Kontakt kommen, der ihm später bei der Implementation der Lösung zur Seite steht. Es kommt deshalb durchaus vor, dass dasselbe ERP-System gleich an mehreren Ständen propagiert wird. Wer mit einem konkreten Projekt an die Topsoft kommt, kann damit sofort prüfen, mit welchem Partner die Chemie stimmt, wo das Preis-/Leistungs-Verhältnis am besten ist und wer von der Branchenausrichtung her zum eigenen Unternehmen passt.


ERP-Ausstellung mit Nebenschauplätzen

Den Löwenanteil der Stände belegen Hersteller von ERP-Systemen und deren Implementationspartner. Die Bandbreite reicht von der einfachen Einzelplatzlösung bis zum kompletten SAP-System, die Plattformvielfalt von branchen- oder kundenspezifisch konfigurierten Navision- und SAP-Suiten bis zu komplett selbst in C++ entwickelten Programmen. Neben den Lösungen auf Basis einer der bekannten ERP-Plattformen fallen heuer zwei Kategorien besonders auf: Sogenannte "ERPII"-Systeme basieren weitgehend auf Internet-Technologien wie Browser-Interface und Web Services; die Hersteller solcher Produkte wie Semiramis (Stand 2A und 12A), Ramco Enterprise Series (Stand 30A) und Bison Solution (Stand 26D) betonen Vorteile wie die direkte Kommunikation mit anderer Web-Services-basierter Software, zum Beispiel den ERP-Systemen von Lieferanten und Kunden, sowie die Möglichkeit, von jedem mit einem Web-Browser ausgerüsteten Client auf das ERP zuzugreifen.




Einige Anbieter, darunter Proffix mit Proffix Simply Business (Stand 10B), ihr Partner mit myfactory.businessworld (Stand 11A) und AP Informatik mit dem "eERP" P2plus (Stand 14A) setzen in ihren Produkten auf die .Net-Architektur von Microsoft. Proffix zum Beispiel vergleicht die Bedeutung der neuen Entwicklungsplattform mit der Ablösung von DOS durch Windows und betont, die hauseigene ERP-Lösung für kleine und mittlere Betriebe sei frei von "Altlasten" und "kein im Lauf der Zeit angewachsenes Patchwork", während AP Informatik seine Java-basierten P2Plus Business Objects, das APS-Modul auf Basis der Agententechnologie von Skyva zur Modellierung der logistischen Abläufe sowie das integrierte Management-Informationssystem mit OLAP-Funktionen betont.


Highlights und Besonderheiten

Aus dem recht umfangreichen Gesamtprogramm der Topsoft haben wir, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Neutralität, acht Exponate herausgegriffen, die irgendwie auffallen - sei es, weil pünktlich zur Messe ein neues Release erscheint, weil das Produkt spezielle Funktionen bietet oder weil die Technologie besonders interessant erscheint. "Gewöhnliche" ERP-Systeme haben wir dabei nicht berücksichtigt. Die Highlights im einzelnen, alphabetisch nach Ausstellername sortiert:



Arco Software, Stand 31A: Arco SQL T3


"Insbesondere im Projekt- und Dienstleistungsgeschäft eröffnet sich mit einer modernen Gesamtlösung etliches Sparpotential", positioniert der Oberriedner Entwickler sein KMU-ERP. Sein Preis sei moderat, und es brauche den Vergleich mit bekannteren Lösungen nicht zu scheuen. Neben den üblichen ERP-Funktionen bietet Arco auch ein Modul für die mobile Administration samt Gruppenkalender zur Disposition von Technikern und anderen Aussendienstlern an. Die Leistungserfassung erfolgt über eine Java-Applikation direkt auf dem Pocket PC und steht danach ohne weitere Erfassungsarbeit zur Fakturierung bereit.



Axis & Partner, Stand 14D: Dustry

Vor allem für Industrieunternehmen empfiehlt Axis das ERP-System Dustry, laut Hersteller "die einzige Business-Standardsoftware, die dynamische Prozesse umfassend beherrscht". Die Prozessabläufe lassen sich per Drag&Drop ändern; neben Standardprozessen wie Auftrag und Produktion lassen sich auch selbstdefinierte Prozesse abbilden. Das Produkt, das auch im ASP-Modus genutzt werden kann, bietet in der Komplettausstattung zudem Module für SCM, CRM, PPS und Qualitätsmanagement sowie ein Management-Informationssystem mit anschaulichen Grafiken und einen E-Shop.



Business-Tron, Stand 32B: Domino zum Spartarif

Der Badener Groupware-Spezialist will mit zwei preisgünstigen Bundles die Collaboration-Plattform von Lotus voranbringen: Für Neuinstallationen eines Lotus Domino Collaboration Express Servers mit 10 Clients zahlt man statt über 13'000 Franken nur knapp 8000; eine Migration von anderen E-Mail-Systemen offeriert Business-Tron für wenig mehr. Wer nicht nur die Installation, sondern auch den Betrieb des Groupware-Systems einem Partner überlassen möchte, erhält mit dem "Flying Administrator"-Service eine Outsourcing-Option, die für einen Server ab 250 Franken pro Monat zu haben ist.



CubeServ, Stand 19C: BI-Tools für SAP-Systeme

Cubeserv ergänzt das SAP Business Warehouse mit eigenen Tools. Insbesondere die Dokumentation und das Drucken von Berichten aus dem SAP Business Explorer müssten, so Cubeserv, erfahrungsgemäss mit grossem Aufwand angepasst werden. Hier setzt das BW Documentation Tool an: Man erstellt damit per Mausklick direkt aus dem SAP BW eine umfassende Dokumentation, die sich sowohl als versionierbare Online-Informationsbasis mit Drill-Down-Funktionalität als auch für den Druck eignet. Ein weiteres Tool generiert aus den Web-Reports von SAP-BW-Systemen druckbare, je nach Wunsch auch fixfertig in Form von Berichtsheften aufbereitete PDF-Dokumente.



FineSolution, Stand 19A: ExpoWin

Die Schweizer Wirtschaft lebt weitgehend vom Export. Die Zürcher FineSolution präsentiert eine Software zur speditiven Abwicklung von Zoll- und Exportformalitäten unter Berücksichtigung der gegenwärtig häufig wechselnden gesetzlichen Vorschriften. Die benötigten Dokumente, zum Beispiel die Versandformulare von Logistikanbietern wie DHL oder TNT erscheinen dabei originalgetreu auf dem Bildschirm - kundige Speditionsfachleute sind schnell eingearbeitet. Kontakt- und Artikeldaten lassen sich aus dem bestehenden ERP-
System übernehmen; ExpoWin bietet Schnittstellen zu SAP, Axapta, Navision und anderen Plattformen.



Incodev, Stand 2C: Blending

Eine Branchenlösung für die Prozessindustrie aus Hamburg: In der Schweiz gut vertretene Branchen wie Pharma, Chemie und Lebensmittelproduktion erhalten mit der neuen Blending-Version 5.7 über die gängigen Standardfunktionen wie Einkauf, Verkauf, Lager und PPS samt grafischer Maschinenbelegungsplanung hinaus ein nahtlos integriertes Labor-Informationssystem, mit dem sich Prüfmittel, Prüfpläne und Prüfmethoden für Rohstoffe, Zwischen- und Endprodukte frei definieren und abrufen lassen; nach den Tests gibt die Software die betroffenen Chargen automatisch frei und erstellt Prüfberichte und Analysezertifikate.



Step ahead, Stand 37A: Steps Business Solution mit eBay-Integration

Die Steps Business Solution, ein mit Hilfe der ebenfalls von Step ahead entwickelten "Software-Fertigungsstrasse" gebaute ERP-Lösung, erhält eine interessante Ergänzung: Wer über die Online-Auktionsplattform eBay verkauft, kann Auktionen direkt aus dem ERP generieren und über die eBay-API-Anbindung an eBay übermitteln. Die Artikeldaten werden dazu um eBay-typische Angaben wie Auktionstyp und Einstelloptionen erweitert. Ausserdem kann der Benutzer direkt aus der ERP-Oberfläche auf sein eBay-Konto zugreifen. Die Verkaufskosten berechnet die Steps Business Solution intern, also vor dem eigentlichen Einstellen der Auktion.

(ubi)


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