Knoppix: Das Fünf-Minuten-Linux

Mit Knoppix steht eine Linux-Distribution bereit, die sich direkt ab CD nutzen lässt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/23

     

Eine Linux-Distribution wird normalerweise auf eine entsprechend partitionierte Festplatte installiert und belegt dort zwischen 300 MB und 4 GB Platz. Nicht so Knoppix des deutschen Linux-Spezialisten Klaus Knopper. Dieses wird direkt ab CD gestartet und hält ein komplettes System inklusive grafischer Benutzeroberfläche bereit. Eine Installation auf Festplatte entfällt, die eingebauten Speichermedien bleiben gänzlich unberührt. Damit eignet sich Knoppix insbesondere, um auf einem Intel-Rechner ohne Risiko erste Gehversuche mit dem freien Betriebssystem zu unternehmen. Zum anderen kann die CD aufgrund der zahlreichen Hilfsprogramme aber auch zur Rettung nicht mehr bootfähiger Linux-Rechner oder für die Netzwerk-Diagnose eingesetzt werden. Für den Alltagsbetrieb eignet sich Knoppix dagegen weniger, da ohne Dazutun des Benutzers keine beschreibbaren festen Datenträger zum Einsatz kommen.


1,8 Gigabyte auf einer CD

Knoppix 2.2 basiert auf den aktuellsten Paketen des Debian-Projektes und kommt mit Kernel 2.4, KDE 2.2 und insgesamt rund 900 Softwarepaketen, darunter auch der freien Office-Suite OpenOffice 1.0 in Deutsch. Die Distribution ist auf den Desktop-Betrieb ausgelegt - es würde auch wenig Sinn machen, Serverdienste anzubieten ohne die Möglichkeit, Logdateien und ähnliches zu speichern. Denn Knoppix läuft vollständig ab CD und nimmt bloss eine flüchtige RAM-Disk zur Hilfe. Das komplette Betriebssystem mitsamt grafischer Oberfläche und Anwendungen ist komprimiert abgelegt, die Dateien werden jeweils beim Zugriff entpackt. Dies führt zwar zu leicht längeren Ladezeiten, insbesondere bei grösseren Paketen wie OpenOffice. Doch dafür hat es Knopper geschafft, auf seiner Distribution beachtliche 1,8 Gigabyte an Software unterzubringen - etwa gleich viel wie bei einer umfangreichen Installation von Suse oder Red Hat.





Dementsprechend einfach gestaltet sich der Start von Knoppix ab bootfähigem CD-Laufwerk. Nach dem Booten wird die vorhandene Hardware analysiert und eingerichtet, und je nach Rechenleistung etwa zwei Minuten später präsentiert sich der KDE-Desktop. Die Hardware-Erkennung funktionierte auf mehreren Testsystemen einwandfrei, selbst auf einem Notebook wurden Bildschirmauflösung und PC-Card-Netzwerkkarte richtig erkannt und konfiguriert. Knoppix bietet hier Plug&Play im Rahmen des unter Linux Möglichen.
Da für den Betrieb keinerlei beschreibbare Speichermedien des Rechners angetastet werden, liegen die Anforderungen an den verfügbaren Arbeitsspeicher mangels Auslagerungsmöglichkeit relativ hoch: Der Einsatz von OpenOffice unter der grafischen Oberfläche verlangt nach mindestens 128 MB RAM. Alternativ kann Knoppix jedoch auch im Textmodus betrieben, oder es kann auf einer FAT-Partition eine Swap-Datei angelegt werden. Letzteres verlangt jedoch nach entsprechenden Linux-Kenntnissen.


Für Einsteiger und Administratoren

Da die Bedienung von KDE nicht wesentlich von jener anderer grafischer Oberflächen abweicht, kommen auch Linux-Neulinge mit Knoppix schnell zurecht. Diese sind denn auch das eine Zielpublikum dieser Distribution. Hier spielt auch die Geschwindigkeit der im Vergleich mit Festplatten deutlich langsameren CD-Laufwerke und dadurch längeren Startzeiten von Anwendungen eine eher untergeordnete Rolle. Als Knackpunkt entpuppt sich allenfalls das Speichern von Dokumenten - sofern beim Ausprobieren überhaupt erwünscht. Während sich Disketten und FAT-formatierte Festplatten noch ohne vertiefte Kenntnisse ansprechen lassen, erfordert der Zugriff auf Linux-Partitionen oder andere Rechner doch einiges an Wissen. Doch für die regelmässige Nutzung ist Knoppix nicht gedacht. Hier empfiehlt sich der Einsatz einer herkömmlichen Linux-Distribution.



Dafür bietet Knoppix Unterstützung für System- und Netzwerk-Administratoren, die zweite Zielgruppe. So lassen sich etwa mit dem Ext2-Dateisystem formatierte Partitionen wieder flott kriegen, der Verkehr im Netzwerk analysieren oder Server auf Schwachstellen untersuchen. Die entsprechenden Tools aus der Open-Source-Gemeinde sind in Knoppix ebenfalls vorhanden. So kann diese CD-Distribution einspringen, wenn gerade kein entsprechend ausgerüsteter Linux-Rechner zur Hand ist.




Unter dem Strich geht die Idee hinter Knoppix auf: ein System, das sich für erste Schritte, Präsentationen oder als Notfall-CD verwenden lässt und keinerlei Installationsaufwand erfordert. Die Umsetzung ist gelungen, und dank komprimierter Speicherung haben die wichtigsten Anwendungen Aufnahme in dieser Distribution gefunden. Hinzukommt, dass Knoppix kostenlos aus dem Internet bezogen werden kann. Hierzu empfiehlt sich jedoch ein leistungsfähiger Zugang, um das rund 690 MB grosse CD-Image herunterzuladen. Bezugsquellen finden sich unter www.knopper.net, und zwar sowohl für den Download als auch zu solchen, bei denen die Knoppix-CD für nicht einmal zehn Franken bestellt werden kann.



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