CIO-Interview: 'Wir arbeiten mit lokalen ­Unternehmen'
Quelle: Bürgenstock Hotels AG

CIO-Interview: "Wir arbeiten mit lokalen ­Unternehmen"

Mit dem Bürgenstock Resort wird derzeit eines der prestigeträchtigsten Hotelprojekte der Schweiz eröffnet – inklusive eigenem Datacenter, wie Almir Kalender, als Group IT Director verantwortlich für die IT des Resorts, im Interview erklärt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2017/12

     

"Swiss IT Magazine": Das Bürgenstock Resort wird seit diesem Herbst in Etappen bis Ende 2017 eröffnet. Wie viele Stunden haben Sie vor der Eröffnung des Resorts im Schnitt gearbeitet?
Almir Kalender: Unmittelbar vor der ersten Etappe habe ich – haben wir alle – schon sehr viel gearbeitet. 12 Stunden und mehr waren eher die Regel als die Ausnahme.

Sie sind ja nicht nur für das Bürgenstock Resort verantwortlich, sondern für zwei weitere Hotels der Bürgenstock Selection. Wie haben Sie das zuletzt bewerkstelligt?
Ich bin 2011 zu Katara Hospitality gekommen. Mein erstes Projekt war die Eröffnung des Hotels Schweizerhof in Bern. Unmittelbar danach begann die Planung für das Bürgenstock Resort. Parallel dazu wurde ausserdem das Hotel Royal Savoy in Lausanne umgebaut und 2015 neu eröffnet. Das Bürgenstock-Projekt war damals, als das Royal Savoy in der Ausführungsphase steckte, mehrheitlich noch in der Planungsphase. Damals war ich einmal pro Woche im Resort, was sich danach aber laufend gesteigert hat – zuerst auf drei bis vier Mal pro Woche, und die letzten 12 Monate war ich fast täglich vor Ort.
Wo lag denn bezüglich IT die grosse Herausforderung beim Bürgenstock Resort?
Ich habe bereits mehrere Hotel-Eröffnungen IT-seitig umgesetzt, aber noch nie ein Resort. Ein Resort wie dieses ist im Vergleich mit einem Hotel unweigerlich komplexer – allein schon aufgrund seiner Grösse. In einem Hotel findet sich in der Regel nebst dem Hotelbetrieb noch ein Restaurant und Spa. In einem Resort wie hier auf dem Bürgenstock kommen zahlreiche Komponenten hinzu. Beispielsweise betreiben wir Residenzen, wo die IT-Bedürfnisse ganz anders sind als im Hotel. Es gibt eine Tennis-Halle, Events, einen Golfplatz. Speziell hier ist ausserdem, dass die IT auch bei der Energieversorgung eine grosse Rolle spielt, wo wir das Wasser des Vierwaldstättersees nutzen. Oder auch die Bahn hoch zum Resort braucht IT. Entsprechend viele Systeme kommen zum Einsatz, die reibungslos zusammenspielen müssen, und wir wurden immer wieder mit Herausforderungen konfrontiert, die wir so noch nicht kannten.


Konnten Sie die IT-Infrastruktur des Resorts auf der grünen Wiese planen, oder gab es Vorgaben?
Auf der grünen Wiese konnten wir schon nicht ganz beginnen. Richtig ist, dass wir die IT-Infrastruktur von 0 auf 100 neu aufgebaut haben – angefangen bei der Glasfaser-Verkabelung der Gebäude bis hin zum PC an der Rezeption. Weil wir als Gruppe aber bereits Hotels in der Schweiz betreiben, waren gewisse Technologie-Entscheide bereits gegeben. Über den Daumen gepellt würde ich sagen, 25 Prozent der Infrastruktur war vorgegeben, 75 Prozent konnten wir neu planen.
Gab es dabei auch Dinge, die Sie gerne umgesetzt hätten, aber nicht umsetzen konnten – aus welchen Gründen auch immer?
Nein, eigentlich nicht. Was ich umsetzen wollte, konnte ich umsetzen. Ich musste sehr wenige Kompromisse eingehen, was meine Arbeit natürlich erleichtert hat.

Welche Besonderheiten zeichnet Ihre Arbeit beziehungsweise Ihre IT im Bürgenstock Resort aus?
Eine Besonderheit ist sicher die angesprochene Energieversorgung. Wir nutzen Seewasser, um im Winter zu heizen und im Sommer zu kühlen. Gleichzeitig produziert die CO2-neutrale Anlage Strom. Das findet man so wohl selten in einem Hotel. Hier haben wir sehr eng mit Siemens Building Technologies zusammengearbeitet. Was im Hotelbereich vielleicht ebenfalls speziell ist, ist die Citrix-Infrastruktur, die wir nutzen. Dies tun wir aus zwei Gründen. Zum einen haben wir im Bürgenstock Resort relativ viele IT-Arbeitsplätze – rund 200 an der Zahl. Citrix macht hierbei die Administration einfacher. Der zweite Grund liegt darin, dass wir gewisse Applikationen mit unseren anderen Schweizer Standorten teilen beziehungsweise diesen zur Verfügung stellen, was dank Citrix ohne viel Aufwand möglich ist.
Gibt es etwas, auf das Sie besonders stolz sind bezüglich IT im Resort?
Wir hatten den Luxus, ein Datacenter für das ganze Resort bauen zu können – was für eine solche Anlage sicher nicht selbstverständlich ist. Der Bau hat es uns erlaubt, noch vor der Eröffnung die Systeme zu installieren und zu konfigurieren, so dass wir, sobald die ersten Objekte fertig waren, diese in Betrieb nehmen konnten. Ohne ein zentrales Datacenter hätten wir bei jedem einzelnen Hotel des Resorts warten müssen, bis es fertig ist, bevor wir die IT installieren, testen und die Mitarbeiter hätten schulen können. Das ist bei einer Hoteleröffnung häufig ein Problem. Die Lösung hier mit dem eigenen Datacenter hat zwar etwas gekostet, uns aber unheimlich bei der Inbetriebnahme der IT-Systeme geholfen.


Greifen auch Ihre Hotels in Bern und Lausanne auf das Datacenter zu?
Leider wurde das Bürgenstock Resort als letzter unserer Schweizer Standorte eröffnet, weshalb für das Hotel Schweizerhof und das Royal Savoy die meisten Systeme vor Ort installiert werden mussten. Es gibt aber einige Systeme, die wir vom Bürgenstock aus mit den anderen Betrieben teilen – was dank Citrix relativ einfach ist. Und ein Ziel ist sicher, über kurz oder lang das Datacenter auch für Bern und Lausanne so weit wie möglich zu nutzen.
Welche Besonderheiten zeichnet die Hotel-IT ganz grundsätzlich aus?
Speziell an der Hotel-IT sind sicherlich die vielen Schnittstellen. Als ich 2002 im Bereich Hotel-IT angefangen habe, gab es vielleicht zehn Systeme. Heute sind es gut und gerne deren 50, und diese müssen alle zusammenspielen.

Warum hat die Zahl der Systeme so stark zugenommen?
Weil die Digitalisierung auch vor der Hotellerie keinen Halt macht. Früher gab es in einem Hotel vielleicht zwei PCs, einen beim Direktor und einen beim Finanzchef. Heute ist IT auch im Hotel allgegenwärtig – Reservationen, Schliessanlagen, Telefonie, sogar der Weckdienst, alles ist elektronisch. Wobei ich anfügen möchte, dass man die Technologie trotz all den Möglichkeiten richtig einsetzen soll, nicht um der Technologie willen, sondern um Probleme zu adressieren und Prozesse zu optimieren.


Wie stark spürt der Resort-Gast denn die Technologie?
Unsere Philosophie lautet, dass wir dem Gast das Leben so einfach wie möglich machen wollen. Technologie darf ihn auf keinen Fall überfordern, sondern muss einfach funktionieren – am besten ohne dass der Gast etwas davon mitkriegt. Kurz: Es heisst KISS: Keep it simple, stupid.
Was bieten Sie dem Gast letztlich also?
Wir haben uns zurückgehalten. Klar, WLAN ist Voraussetzung. Und dann ist es heute so, dass praktisch jeder Gast mit seinen eigenen Geräten – Tablets, Smartphones und so weiter – kommt, und diese im Zimmer verbinden möchte, etwa mit dem TV. Diese Möglichkeit bieten wir ihm, dazu gibt es zum Beispiel in jedem Zimmer Apple TV. Ausserdem bieten wir ihm eine mobile Website, wo er alle Informationen, aktuelle Angebote, Promotionen und mehr angezeigt bekommt. Hier haben wir uns bewusst für eine Website anstelle einer App entschieden, weil die Akzeptanz für eine weitere App beim Gast nicht gegeben ist. Eine Website aber kann er einfach im Browser aufrufen.


Wenn Sie sagen, Sie haben sich zurückgehalten, wie meinen Sie das?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Im Hotel Royal Savoy haben wir in jedem Zimmer ein Tablet installiert, das der Gast nutzen kann. Dabei haben wir in den letzten zwei Jahren nun aber die Erfahrung gemacht, dass nur ein Bruchteil der Gäste dieses Angebot auch nutzt, weil sie bereits mit ihren eigenen Geräten kommen. Der Gast will nicht nochmals ein weiteres Gerät. Er geht lieber mit seinem Gerät auf eine mobile Website, wo er ebenfalls das ganze Angebot sieht. Verzichtet haben wir zudem auch auf Pay per View. Auch hier wieder aus dem Grund, weil die Gäste ihre eigenen Plattformen mitbringen, und lieber über ihr Gerät Netflix oder Youtube auf dem Hotel-TV schauen möchten.
Wie abhängig ist der Hotelbetrieb von der IT?
Sehr stark. Allein schon bei einem Internetausfall wird es kritisch. Bei einem IT-Ausfall ist der normale Hotelbetrieb eigentlich kaum mehr möglich.

Ist die Verfügbarkeit auch die grösste Herausforderung für die IT?
Verfügbarkeit und die richtigen Lösungen zu finden, um die Bedürfnisse der Gäste und der Mitarbeiter zu befriedigen, sind unsere grössten Herausforderungen.


Können Sie etwa dazu erzählen, wie Ihr Team strukturiert ist?
Wir sind sehr schlank aufgestellt. Das können wir, weil wir gerade in der Projekt- und Ausführungsphase stark mit externen Anbietern zusammenarbeiten. Aber auch im operativen Betrieb setzen wir auf Partner, so dass wir pro Hotel mit einem bis zwei IT-Mitarbeiter auskommen. Hier im Bürgenstock Resort sind wir aufgrund der Grösse der Anlage zu viert.

Und welche Aufgaben nehmen diese Mitarbeiter war?
Im Moment sind wir immer noch in der Installationsphase. Diese soll bis Ende Jahr abgeschlossen werden. Daneben müssen die Mitarbeiter aber bereits Support für die Bereiche leisten, die schon in Betrieb sind. Für die IT-Mitarbeiter – insbesondere diejenigen, deren Background nicht in der Hotellerie liegt – ist dies sehr positiv. Sie können aus den ganzen Installationen viel lernen, viel mitnehmen, was ihnen im operativen Betrieb helfen wird.
Sie haben die Zusammenarbeit mit Dienstleistern angesprochen. Arbeiten Sie hier vor allem mit grossen internationalen IT-Anbietern, oder kommen nach Möglichkeit auch lokale Unternehmen zum Zug?
Wir arbeiten vor allem mit lokalen Unternehmen, alles in allem mit über 90 Dienstleistern aus der Region. Ich schätze den persönlichen Kontakt, und in der Hotellerie kommt es nicht selten vor, dass jemand vor Ort gebraucht wird – und zwar innert nützlicher Frist.

Ist ein Grund, warum Ihre IT so schlank aufgestellt ist, der Kostendruck in der Hotel-Branche?
Kostendruck gibt es vermutlich in jeder IT, unabhängig der Branche. Klar lautet die Vorgabe, die Kosten möglichst niedrig zu halten und das Budget nicht zu überschreiten, aber ich glaube nicht, dass der Druck bei uns grösser ist als anderenorts.


Verraten Sie mir die Höhe Ihres Budgets?
Zahlen kann ich keine nennen, Ihnen aber folgende Kennzahl geben: In der Hotelbranche liegt das IT-Budget je nach Grös­se einer Anlage zwischen 2 und 4 Prozent des Gesamtbudgets. In einem einzelnen Haus wie etwa beim Hotel Schweizerhof, geht das eher Richtung 4 Prozent, hier im Resort eher Richtung 2 Prozent, da wir dieselben Systeme über mehrere Häuser hinweg einsetzen können.
Gibt es nun nach der Eröffnung bereits Projekte, die Sie als nächstes umsetzen möchten?
Vorerst liegt der Fokus auf dem operativen Betrieb und dessen Optimierung. Damit werden wir im kommenden Jahr gut beschäftigt sein. Über die kommenden 24 Monate gilt es dann zu schauen, welche Synergien mit unseren Häusern in Bern und Lausanne noch genutzt werden können. Ich würde die Häuser bezüglich IT gerne weniger autonom machen und zentraler bedienen.

Haben Sie keine Angst, dass Ihnen nach den letzten intensiven Monaten und Jahren nun langweilig wird?
In der Hotellerie wird es nie langweilig. Ich muss dazu anfügen, dass mein Hintergrund im operativen Geschäft liegt. Ich habe in den letzten Jahren zwar viel Projektarbeit geleistet, doch ich freue mich nun auch, wieder operativ tätig zu sein.


Was macht Ihnen mehr Spass? Die Projektarbeit oder die operative Tätigkeit?
Man kann die beiden Tätigkeiten kaum miteinander vergleichen. Die Projektarbeit ist zwar sehr abwechslungsreich, aber die operative Arbeit hat mir die letzten Jahre schon auch gefehlt. Denn gerade in der Hotellerie ist auch das Operative jeden Tag anders.

Das Bürgenstock Resort Lake Lucerne

Das Bürgenstock Resort wird bis Ende 2017, nach knapp zehn Jahren Projektierungs- und Bauphase, in Etappen eröffnet. Es umfasst alles in allem vier Hotels (3 bis 5 Sterne Superior) mit insgesamt 383 Zimmern und Suiten. Ebenfalls zum geschichtsträchtigen Resort, in das Katara Hospitality rund 550 Millionen Franken investiert hat, gehören ein Health & Medical Center, 12 Restaurants und Bars, 67 Residence-­Suiten und ein 10’000 Quadratmeter grosses Alpine Spa. (mw)

Kommentare
Für meinen Jahrgang 1937 und ehemaliger Geschäftsleiter, mit Diplom als dipl. Seilbahnfachmann, sehr interessant.
Samstag, 2. Dezember 2017, Charles Sieber



Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Aus welcher Stadt stammten die Bremer Stadtmusikanten?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER