Gerne laden meine Kollegen von der Geschäftsstelle unsere Mitglieder, Partner und Gäste ein, Meetings bei uns an der Vulkanstrasse abzuhalten. "Gleich hinter dem Bahnhof Altstetten", heisst es dann auf der Einladung. Spätestens wer bei hochsommerlichen Temperaturen mit Anzug und Krawatte, leicht verschwitzt und 10 Minuten zu spät bei uns ankommt, weiss, dass man den Satz «gleich hinter dem Bahnhof» ganz unterschiedlich interpretieren kann. So haben wir dann schon verschiedentlich diskutiert, dass es doch super praktisch wäre, wir hätten unsere swissICT Velos am Bahnhof, die wir selbst oder unsere Gäste für den kurzen Transfer nutzen könnten.
Seit 3 bis 4 Wochen gibt es diese Velos. Sie gehören zwar nicht swissICT, sondern viel besser, sie gehören einem innovativen Startup und wir können sie einfach nutzen. Bereits haben wir die ersten Velos auch gleich vor unserem Büro entdeckt – anscheinend ist nicht nur uns der Weg zum Bahnhof doch etwas weit.
Doch die Freude währt nur kurz. Bereits läuft eine intensive Debatte darüber, ob dies denn in Ordnung sei, dass man in ganz Zürich gemeinsam Velos nutzen darf. Die Verkäufer von Luxusvelos schimpfen über billige Chinaware, die Velobesitzer über volle Veloparkplätze (auf denen ihr eigenes Velo selbstverständlich tagelang ungenutzt stehen darf), die Stadt, die schon seit langem an einem eigenen Projekt herumhirnt, fühlt sich rechts überholt und auch die Fussgänger fühlen sich gestört. Dass das Unternehmen, das diese Innovation in die Schweiz gebracht hat, aus Singapur stammt, fördert die Akzeptanz auch nicht.
Bestimmt war die Nacht-und-Nebel-Aktion mit dem Verteilen von Velos in ganz Zürich vielleicht etwas übermütig. Und natürlich werden Velos wild und falsch geparkt, was allerdings nicht nur für die oBikes gilt. Im Gegensatz zu privaten Velos kann aber im Falle des oBikes sowohl der Standort des Velos als auch der Verursacher problemlos identifiziert werden. Wer also unbedingt will, kann ja noch nach einer Busse für falsch parkierte Velos rufen. Uster macht das anders – hier wird einfach mal konfisziert. Ob das rechtens ist?
Ich komme nicht umhin, an andere coole Ideen wie ParkU, Uber, Sharoo oder auch Airbnb zu denken. Alle diese Dienste haben Kinderkrankheiten, alle diese Dienste passen nicht in bestehende Konzepte und müssen noch weiterentwickelt werden – das steht ausser Frage.
All diesen Diensten ist aber gemeinsam, dass sie Ressourcen besser nutzen und ein Kundenbedürfnis befriedigen. Dies sollte aus ökologischen und ökonomischen Gründen auf grossen Beifall stossen. Dieser Beifall bleibt aber hier in der Schweiz häufig aus. Denn es gibt immer jemanden, der konkurrenziert wird und der seine Pfründe (oder seinen Parkplatz) teilen muss.
Innovation bedeutet Veränderung. Innovationen schiessen manchmal etwas übers Ziel hinaus, Innovationen stellen bestehende Konzepte in Frage und wir sind nicht darauf vorbereitet. Aber schütten wir bitte nicht immer das Kind mit dem Bade aus, sondern geben wir diesen Innovationen Raum, sich zu entwickeln. Diesen Raum haben die Innovatoren nämlich viel nötiger als die Lobbyisten der Vergangenheit und des Status Quo. Und innovativ sind Lobbyisten höchst selten.