Swiss IT Magazine: Als Dienstabteilung der Stadt Zürich sind gewisse Bereiche von EWZ auch der Organisation und Informatik (OIZ) der Stadt unterstellt. Können Sie kurz erklären, welche das sind?Gregor Nyffeler: Als Dienstabteilung der Stadt Zürich beziehen wir unter anderem die Commodity IT-Dienstleistungen von OIZ. Konkret sind dies Arbeitsplätze, Laptops, Tablets, die Office-Programme sowie der komplette Internetzugang, bei dem auch die Sicherheitssysteme von OIZ dabei sind. Die EWZ-IT fokussiert sich klar auf die Anwendungen und Bedürfnisse des Energieversorgungssektors. Das sind in erster Linie Fachanwendungen und diverse weitere Digitalisierungsthemen aus dem spezifischen Bereich der Energieversorgung zur Entwicklung von neuen Marktbereichen sowie zur Verbesserung der betrieblichen Abläufe.
Die OIZ wird sich auch mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen?Natürlich ist auch die OIZ an dem Thema dran. Es ist aber klar, dass Verwaltungsabläufe andere Prioritäten oder Charakteristiken haben, als dies bei uns der Fall ist. Wir verstehen uns vielmehr als IT-Gesamtdienstleister innerhalb von EWZ, der seinen Endanwendern in allen Bereichen ein Gesamtservicepaket bietet.
Wie sehen diese Services aus?Es sind drei Hauptanwendungen, die für ein Energieversorgungsunternehmen entscheidend sind. So haben wir ein Messwesen, bei dem es darum geht, Energielieferungen zu messen und zu kontrollieren. Diese Daten, welche wir im Energiedatenmanagement verarbeiten, werden dort für die Verrechnung aggregiert. Dementsprechend haben wir ein Kernsystem, das sich exakt mit diesem Thema befasst und in dem auch die so genannten Smart Meter drin sind, die den Stromverbrauch der Kunden automatisch an den Energieversorger übermitteln. Ein zweites grosses System ist das Enterprise Resource Planning System, welches die ganzen Stammdaten unserer Kunden sowie die Abwicklung der Verrechnung beinhaltet. Das dritte Kernsystem ist das Energiehandelssystem, mit dem EWZ Energiehandel betreibt. Dazu kommen diverse Peripherie- und Instandhaltungsthemen, die nicht ausser Acht gelassen werden dürfen. Zudem ist die ganze Industrie-IT, sprich im Bereich Netzübertragung und Produktion, bei uns angegliedert. Das unterscheidet uns etwas von anderen Energieversorgern, die die Themen Netz- und Büro-Informatik strikt trennen.
Warum hat sich EWZ für die Zusammenfassung dieser Bereiche und Themen entschieden?Bei EWZ wurden die Bereiche der Industrie-IT bereits vor 15 Jahren in die generelle Informatik übernommen. Denn wir sind der Überzeugung, dass es vor allem wegen dem Aspekt der Sicherheit sinnvoller ist, diese Umgebungen organisatorisch nicht zu trennen.
Welche Idee war hinter der Integration?
Die Idee war, die Synergien im Netzwerkbereich zu nutzen. Ich denke, dass EWZ relativ früh erkannt hat, dass es bei diesen Themen ebenfalls um Informationen und Daten geht und dass dieses Asset grundsätzlich unabhängig ist, egal ob es aus der Industrie, einer steuernden oder anderen Umgebung kommt.
In dem Fall hat EWZ schon vor über zehn Jahren versucht, relativ breit und innovativ aufgestellt zu sein?
Aufgrund des Sektors, in dem EWZ angesiedelt ist, versucht man natürlich, innovativ zu sein. Das ist aber auch immer eine Herausforderung, wie bei jeder IT oder jedem IT-Provider. Bei uns steht im Vordergrund, dass wir innerhalb des Betriebes Dienstleistungen erbringen und schnell und agil unterwegs sein müssen. Das ist sicherlich auch eine Frage der Geisteshaltung. In unserem Bereich können wir keine Innovationen mehr umsetzen, wenn irgendwann die Leistung aus der Steckdose nicht mehr stimmt. Aber wenn wir uns zu stark auf das Optimieren von Bestehendem konzentrieren, funktioniert es ebenfalls irgendwann nicht mehr. Dann entsteht die Gefahr, dass man die Entwicklungen im Markt verschläft.
Wie ist die Informatik von EWZ aufgestellt?Intern arbeiten bei EWZ 60 Personen in der Informatik. Vor einem Jahr wurde die IT neu strukturiert. Vorher hatten wir eine Unterteilung in betriebswirtschaftliche und technische Anwendungen. Heute haben wir alles in einer Abteilung bei den IT-Anwendungen gebündelt. Dort sind auch die Personen, die sich ums Customizing, gewisse Programmierungsthemen und weitere Anwendungen kümmern. Neu haben wir ein Team von vier Personen, das IT Service Design, welches sich mit Kunden- und Lösungsberatung befasst. Die ganzen Netzthemen, inklusive Industrienetz, wurden ebenfalls zusammengelegt und als vierten Teil haben wir gewisse Infrastrukturen, welche vom Bund als kritisch taxiert werden und die nicht von OIZ sondern bei uns intern betrieben werden.
Welchen Herausforderungen ist die EWZ-IT ausgesetzt?Mit der Branche mitzudenken und Ansätze aus Eigeninitiative in die betrieblichen Abläufe miteinzubringen. Das hat aus meiner Sicht mit Führungs-, Kultur- und Know-how-Themen zu tun. Dabei muss man sich aber auch immer bewusst sein, dass man nicht unendlich viele Ressourcen zur Verfügung hat. Als Leiter der IT muss ich diese Prozesse managen.
Wie sieht es mit dem Thema Kostendruck aus?
In einer Querschnittsfunktion im Unternehmen ist man sicherlich einem gewissen Kostendruck ausgesetzt. Die IT-Abteilung sollte aber sicherlich Transparenz schaffen und aufzeigen können, was unsere Leistungen sind und welchen internen Bereichen diese jeweils zu Gute kommen. Meine persönlichen Erfahrungen zeigen aber, dass es genau an diesem Punkt in vielen IT-Abteilungen etwas hapert und viele IT-Spezialisten nicht genau aufzeigen können, warum gewisse Dienstleistungen einen gewissen Preis haben. Darum haben sich auch mein Team und ich darum bemüht, zusammen mit den Geschäftseinheiten von EWZ eine Roadmap zu erarbeiten, bei der ganz klar definiert ist, was man bei EWZ als Digitalisierung versteht. So haben wir ein besseres gegenseitiges Verständnis geschaffen.
Können Sie diese Roadmap etwas spezifischer ausführen?
Wir haben insgesamt sieben Initiativen ausgearbeitet. Jede Initiative ist jeweils einem Tandem-Team, bestehend aus einem Mitarbeiter aus der IT sowie einer Person aus einem EWZ-Geschäftsbereich, zugeordnet. So können die einzelnen Initiativen im gemeinsamen Austausch weitergetrieben und Prioritäten erkannt werden.
Mit welchen Projekten beschäftigt sich die EWZ-IT abgesehen von der digitalen Roadmap noch?
Wir haben viele kleinere und mittelgrosse Themen am Laufen. Etwas Grösseres ist sicherlich die Einführung eines neuen Leitsystems. Sprich wir tauschen das komplette aktuelle Leitsystem aus. Für ein IT-Projekt hat dieses eine sehr lange Laufzeit von vier Jahren, weil es aus dem Bereich der Industrie-IT kommt. Ein weiteres Projekt, auf welches ich mich sehr freue, ist, dass mein Team und ich ab Mitte Juli ein Pilot-Projekt im Bereich Shared Desk durchführen dürfen. Da testen wir Kommunikation und Vernetzung mal auf einer etwas anderen Ebene.
Und welche Herausforderungen kommen auf die EWZ-IT in den kommenden Jahren zu?
Wir werden uns künftig sicherlich verstärkt mit dem Smart-Data-Bereich auseinandersetzen. Ein weiteres Schlagwort in unserem Sektor ist zudem Predictive Maintenance, wobei Störungen und aufkommende Unterhaltsarbeiten im Netzwerk früh angezeigt werden, was für die Energiebranche zukünftig je länger je mehr ins Zentrum rücken wird. Zudem haben wir das Thema IoT auf dem Radar, welches wir aufmerksam verfolgen.
Wie ist die interne Rolle der IT bei EWZ generell?
Ich denke, dass wir uns da noch in einem Wandel befinden. Das Verständnis, dass man die IT früh in gewisse Projekte involvieren sollte, muss noch gestärkt werden. Digitalisierung in einem Unternehmen funktioniert nur, wenn man sie kulturell begleitet. Künftig werden sich die Mitarbeiter nicht mehr davor fürchten, dass man ihnen Computer oder Drucker wegnimmt, sondern vielmehr, dass man ihre Daten wegnimmt. Auch wenn die Cloud nicht erst seit gestern ein Thema ist, müssen sich viele Nutzer noch daran gewöhnen.
Welche Bereiche der IT finden Sie persönlich interessant?
Mich fasziniert die kontinuierliche Entwicklung der Informatik. Ich glaube persönlich, dass die Informatik von den Menschen, die hinter ihr stehen, sowie der Kommunikation getrieben wird. Weiter finde ich sehr wichtig, dass man sich zur Sicherheit in der IT Gedanken macht. Denn gewisse Themen sind in den letzten Jahren, nicht zuletzt durch die Cloud, so schnell gewachsen, dass die dazugehörigen Sicherheitsaspekte vernachlässigt wurden. Aber auch im Sicherheitsbereich ist der falsche Ansatz, nur Schwarz und Weiss zu sehen, sprich Dinge zu erlauben oder zu verbieten. Gerade in Themen, in denen die Sicherheit eventuell noch nicht auf dem Stand ist, auf dem sie sein sollte, ist die Kommunikation durch Informatikspezialisten umso wichtiger.
Zum Unternehmen
Das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) wurde 1890 gegründet. Heute zählt es zu den zehn umsatzstärksten Energiedienstleistungsunternehmen der Schweiz und bietet Energie- und Kommunikationslösungen an. EWZ betreibt eigene Kraftwerke und hält Kraftwerksbeteiligungen. Zudem unterhält das Unternehmen überregionale Hochspannungsleitungen und versorgt Privat- und Geschäftskunden in der Stadt Zürich und Teilen Graubündens.
(asp)