Seit Jahren ist der Fachkräftemangel eines der wichtigsten Themen der Schweizer ICT-Branche. Aus verschiedenen meiner Kolumnen und Ansprachen ist bekannt, dass ich mich für einen liberalen Arbeitsmarkt mit wenig Bürokratie einsetze. Einen Arbeitsmarkt, der auch die Anstellung ausländischer ICT-Spezialisten ein wenig weniger kompliziert macht. Aus der Unternehmerperspektive betrachtet ist dies meines Erachtens eine nachvollziehbare Position. Aus jener des Arbeitnehmers sieht es je nachdem anders aus.
Das hat dazu geführt, dass der Fachkräftemangel in unserer Branche regelmässig Stoff für hitzige Debatten ist. In Online-Kommentarspalten melden sich Informatiker zu Wort, die auf Jobsuche sind oder es längere Zeit waren. Informatiker, welche die Konkurrenz des globalisierten und freizügigen Arbeitsmarktes am eigenen Leib erfahren und oft gegenüber meist jüngeren, top ausgebildeten und nicht selten auch billigeren Fachkräften den Kürzeren ziehen.
Was soll man da entgegenhalten? Ob sie sich vielleicht zu wenig um ihre Weiterbildung gekümmert haben – könnte man die Arbeitsuchenden fragen. Ob es nicht zu bequem ist, den Unternehmen und Politikern die Schuld für ihre (temporäre) Arbeitslosigkeit in die Schuhe zu schieben? Möglicherweise. Dennoch steckt hinter jedem gehässigen Kommentar im Online-Medium ein Einzelschicksal, dem man nicht mit pauschalen Gegenfragen daherkommen kann. Zu Recht.
Denn auch Arbeitgeber machen es sich oft gar einfach. Fertig ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland zu importieren, ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht betrachtet womöglich in der Tat sinnvoller, als die Spezialisten über Jahre hinweg selbst auszubilden, weiterzubilden und bei Laune zu halten. Lassen wir diese Behauptung mal so im Raum stehen und halten dagegen, dass gerade hierzulande sehr vorbildlich ausgebildet wird. So konnte seit 2010 die Zahl der ICT-Lehrstellen von 7200 auf fast 9200 im Jahr 2016 erhöht werden. Chapeau!
Handlungsbedarf gibt es ganz klar auch auf der anderen Stufe der Altersskala. «Arbeitskräfte, die älter als 50 Jahre sind, werden häufiger entlassen als früher», schrieb die NZZ bereits 2013. Nicht zu reden von der anschliessenden Jobsuche, die sich für die Altersgruppe 50+ ganz offensichtlich schwieriger gestaltet als für ihre jüngeren Kollegen. Sie sind teurer, oft nicht so flexibel einsetzbar – haben aber einen ziemlichen Erfahrungsschatz.
swissICT hat sich bereits vor über zwei Jahren des Themas Informatiker 50+ angenommen, eine Arbeitsgruppe gebildet und einige Aktivitäten lanciert. Nun steht erstmals ein Anlass an, bei welchem das Thema mit Referaten und einer Podiumsdiskussion aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird. Angesprochen sind nicht nur (aber auch) jobsuchende Informatiker, sondern vor allem auch HR-Managerinnen und -Manager, die nach Lösungen von und mit Informatikern 50+ suchen oder bereits gefunden haben. Wir freuen uns auf spannende Diskussionen am 30. März in Zürich!