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Politik für ein goldenes Zeitalter?
Quelle: Swiss ICT

Politik für ein goldenes Zeitalter?


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2016/07

     

Ein goldenes Zeitalter stehe vor der Tür, verkündet die Wissenschaftlerin Carlota Pérez am ASUT Seminar und meint, dass einzig die richtige Politik noch fehle, um es zu verwirklichen. Anhand historischer Evidenz zeigt sie auf, was jedem goldenen Zeitalter vorangegangen ist: Grosse technologische Neuerungen, ökonomische Blasen, Hyperkapitalismus mit anschliessendem Crash, gefolgt von Krisen, bis es schliesslich zu einem politisch gesteuerten Wendepunkt und einer blühenden Gesellschaft komme. Als hätten sich die beiden abgesprochen, haut auch Hans Vestberg, CEO von Eriksson, in die gleiche Kerbe: Die Netzwerk-Gesellschaft gehe vom «Installations»-Modus in den «Deployment»-Modus. Also von reiner Effizienzsteigerung hin zu echten neuen Geschäftsmodellen. Er nennt gleich Beispiele wie Amazon, Airbnb, Alibaba, Uber oder Fintech Startups. Keine Industrie wird vor neuen Herausforderern verschont.

Einig sind sich alle ASUT-Gäste auch, dass ein blühendes Zeitalter nur dann kommen wird, wenn die regulatorischen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen stimmen. Pérez träumt von einer digitalen, grünen Wirtschaft, in der nicht mehr billige Rohstoffe und billige Energie, sondern günstige und überall zugängliche Informationen der Treiber des Wohlstands sein werden. Einer Ökonomie, in der nicht mehr das persönliche Besitzen sondern das effiziente Nutzen – neudeutsch «sharen» – im Vordergrund steht. Einer Wirtschaft, in der wieder Langlebigkeit für alle attraktiv ist.
Nun, bis hierhin habe ich schon oft geträumt und ich teile die Meinung der beiden. Ich bin auch mehr als nur einverstanden damit, dass die politischen Rahmenbedingungen einer solchen neuen Gesellschaft Rechnung tragen müssen. Ich fürchte aber, dass die bisherigen Krisen noch nicht schmerzhaft genug waren, um die «Policy Maker» wirklich dazu zu bewegen, einer neuen, digitalen Welt entsprechende Regeln und Policies zu definieren.

Stattdessen profilieren sie sich im Anwenden von Gesetzen aus fast prähistorischer Zeit. Wir verbieten das Vermieten unserer Häuser für weniger als 30 Tage (Gesetz in New York), schützen kartellistisch organisierte Industrien (Taxi-Gewerbe), regulieren Ladenöffnungszeiten (gilt zum Glück noch nicht für eCommerce) und besteuern Harddisks und USB Sticks, weil man darauf Musik speichern könnte.
Ja, es gibt viele Aufgaben, die nur der Staat – also die Gemeinschaft – regeln und erfüllen kann, ja, sogar regeln muss.
Nicht zu diesen Aufgaben gehört aber das Verhindern von Innovation durch Verbote und der Schutz von Partikularinteressen einzelner Akteure, die über viel Lobbying-Power verfügen.


Kommentare
Steve Jobs: "I'm as proud of many of the things we haven't done as the things we have done. Innovation is saying no to a thousand things." Nichts gegen Innovationen, die der Gesellschaft einen echten Nutzen bringen. Aber Hand aufs Herz: Wie viel von dem, was die ICT-Industrie als Innovation anpreist, macht unser Leben wirklich besser? Wer sich aufmacht, existenzsichernde Gesetze für ein paar Pseudo-Innovationen abzuschaffen, muss einen verdammt guten Plan für untalentierte Unternehmer haben. Sonst wird das Goldene Zeitalter von Rechtspopulisten beherrscht!
Montag, 25. Juli 2016, Guido Biland



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