Infrastruktur als Service: Chancen & Risiken
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Infrastruktur als Service: Chancen & Risiken

Von Roger Bader

IaaS bietet IT-Infrastruktur als Mietmodell. Zu beachten sind dabei die Abgrenzung zwischen Eigenleistung und Infrastruktur als Service sowie die Chancen und Risiken eines entsprechenden Angebots.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/07

     

Seit einigen Jahren wird Cloud Computing als der neue Mega-trend gepriesen. Doch unter dem Überbegriff Cloud Computing verstehen viele die unterschiedlichsten Dinge, dennoch sollte man von einigen grundsätzlichen Gemeinsamkeiten aller Could-Computing-Produkte und -Angebote ausgehen. Cloud Computing umschreibt die Möglichkeit, verschiedene IT-Komponenten nach Bedarf zur Verfügung zu stellen. Dies kann Rechenleistung, Memory, Speicherplatz, Netzwerk und Security-Funktionalität oder auch Software sein. Diese Komponenten werden abstrahiert oder besser bekannt virtualisiert.
Der Ansatz des Cloud Computing besteht darin, dass diese IT-Komponenten nicht mehr in einem eigenen Rechenzentrum einer bestimmten Firma installiert, konfiguriert, betrieben und verwaltet werden müssen, sondern dynamisch und nach Aufwand und Bedarf angefordert und genutzt werden können.
Could Computing wird meistens in die drei generelle Service-Modelle Infrastructure as a Service (IaaS) Plattform as a Service (PaaS) und Software as a Service (SaaS) unterteilt. Eine Studie von IDC zeigt, dass bei allen drei Service-Modellen des Cloud Computing ein starkes Wachstum besteht, und sich gemäss Vorhersage auch keine Abflachung oder Trendwende abzeichnet. Für IaaS ist das schnellste Wachstum prognostiziert, weil die Nachfrage nach Server und Storage steigt, da auch viele Firmen ihre Investitionen zugunsten von Cloud-Angeboten reduzieren wollen.
Eine Studie der Enterprise Strategy Group (ESG) zeigt zudem auf, dass im Jahr 2012 bereits 30 Prozent der Unternehmen in der einen oder anderen Form IaaS nutzten, verglichen mit 19 Prozent im Jahr 2011. Die Studie fand auch heraus, dass weitere 55 Prozent eine Nutzung von IaaS in Betracht ziehen oder bereits konkrete Pläne haben, verglichen mit 44 Prozent im Jahr 2011.

Rechenleistung nach Wahl

Das Modell IaaS bietet eine abstrahierte und meist virtualisierte Nutzung von Hardware-Ressourcen wie Server, Storage, Netwerk und Backup. Basierend auf einer IaaS-Umgebung bauen sich Endkunden ihre eigenen Data Center mit Compute-, Storage- und Netzwerk-Leistungen. Für die Wahl, die Installation und den Betrieb der darauf laufenden Betriebssysteme und das Funktionieren und Zusammenspiel der darauf basierenden Software-Lösungen muss der Kunde selber besorgt sein. Die Abgrenzung der Verantwortung verläuft also meistens zwischen der Virtualisierung und dem Betriebssystem, wobei dieses bei einigen IaaS-Angeboten als Template mitgeliefert wird.
Es gibt viele verschiedene öffentliche Angebote für IaaS. Weltweit wahrscheinlich einer der bekanntesten Anbieter ist Amazon mit seinen Angeboten Elastic Cloud Computing (EC2) für Rechenleistung oder Simple Storage Service (S3) für Objekt-basierenden Storage. In der Schweiz bietet beispielsweise Swisscom mit Angeboten wie Dynamic Computing oder Dynamic Storage entsprechende IaaS-Lösungen an.
Bei diesen Angeboten erhält der Kunde die Möglichkeit, virtuelle Hosts, SAN, NAS oder Object Storage – meist über ein Self-Service-Webinterface – zu beantragen und innerhalb von wenigen Minuten zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dabei können über ein paar Parameter die entsprechenden Konfigurationsbedürfnisse wie Anzahl virtuelle CPUs, Memory und Storage-Mengen und -Klassen angegeben werden. Je nach Service können auch der Standort, die Security-Bedürfnisse oder Zugriffsprotokolle auf den Storage-Service eingestellt werden.
Je nach Angebot ist zudem wählbar, ob und welches Betriebssystem gleich in einer Basiskonfiguration installiert werden soll. Die OS sind dabei aus einem vordefinierten Service-Katalog abrufbar.
Um Server-Instanzen persistent zu halten – also auch nach Beenden der angefragten Compute- und Memory Leistung zur Verfügung zu haben – ist es ausserdem zwingend nötig, immer eine entsprechende Storage-Kapazität mit zu konfigurieren, die dann zur Speicherung der Instanz genutzt wird.

Nutzen und Risiken eines IaaS-Angebotes

Die Vorteile, die sich aus einem IaaS-Modell im Vergleich zu einem klassischen Kaufmodell der IT-Infrastruktur ergeben, liegen vor allem in der Reaktionsgeschwindigkeit und Agilität, die massiv erhöht werden. So kann ein ungeplantes Wachstum im Bereich von Server- oder Storage-Ressourcen technisch innerhalb von wenigen Stunden abgedeckt werden. Es können aber auch einfach Belastungsspitzen abgefangen werden, und entsprechende Kapazitäten werden danach wieder zurückgegeben. Für Anwendungen, die selten oder nur periodisch genutzt werden, müssen damit auch nicht extra IT-Infrastrukturen permanent vorgehalten werden.
Ausserdem ist IaaS kompatibel mit dem immer weiter verbreiteten mobilen Arbeiten. Alles bei IaaS ist Web-basierend; so können Administratoren von überall den Service betreiben, und auch Benutzer haben von überall Zugriff auf ihre IaaS-Ressourcen.
Und schliesslich eliminiert IaaS die Notwendigkeit von aufwendigen und teilweise auch risikobehafteten Migrationen von IT-Infrastrukturen. Gleichzeitig entsteht eine Abhängigkeit vom IaaS-Anbieter, die heute noch nicht einfach vermieden werden kann, da viele Angebote noch auf teilweise proprietären Implementationen beruhen. Als Beispiel kann hier das Storage-Angebot von Amazon (S3) beigezogen werden, das zwar auf dem offenen REST-Protokoll basiert, aber etliche Erweiterungen beinhaltet, die eine Migration auf ein Angebot eines anderen Anbieters erschweren.

Kosten genau anschauen

Je nach Abrechnungsmodell werden die Ressourcen über einen definierten Zeitraum zur Verfügung gestellt und fix verrechnet. Oder aber es werden nur die effektiv genutzten und belegten Ressourcen über die effektiv benötigten Zeiträume verrechnet. Dies wird oft als Pay-per-Use-Modell bezeichnet. In beiden Fällen entstehen keine hohen initialen Investitionskosten, die sich erst im Laufe der Nutzung einer gekauften IT-Infrastruktur und meist nur bei einer guten Ausnutzung dieser Infrastruktur in einer TCO-Rechnung auszahlen.
Vergleicht man hingegen die Ressourcen-Preise (CHF/GB oder CHF/CPU oder CHF/RAM) eines IaaS-Modells mit den Kosten einer gekauften Infrastruktur, so sind die IaaS-Kosten meist höher. Dazu kommt, dass der Preiszerfall bei den heute bekannten IaaS-Angeboten langsamer ist als dies für gekaufte Hardware der Fall ist. Als Beispiel kann auch hier der Preis des S3-Storage-Angebots von Amazon beigezogen werden. Dieser ist zwar seit dem Start des Services im Jahr 2006 um 40 Prozent gesunken. Die Preise für Storage Arrays pro GB sind im Vergleich dazu aber mindestens um den Faktor 2 bis 3 günstiger geworden. Betrachtet man nur den Festplatten-Preis, ist dieser sogar um den Faktor 10 tiefer geworden.
Die gewonnene Agilität, Skalierbarkeit und Reaktionsgeschwindigkeit in einem IaaS-Service und das Vermeiden von teuren und brach liegenden Vorhaltekapazitäten bei gekaufter Hardware können allerdings in manchen Fällen entsprechenden höhere Preise rechtfertigen; vor allem wenn diese IT-Ressourcen nur für eine kurzen Zeitraum benötigt werden, sei es für das Abdecken von Spitzen oder für spezifische Projekte.

SLAs genau bestimmen

Entscheidet man sich für die Nutzung eines entsprechenden IaaS-Angebotes, so ist es ausschlaggebend, auch die garantierten Performance-SLAs – wenn überhaupt vorhanden –, die Verfügbarkeiten und Datenverlust-Garantien genau zu studieren. Günstige Angebot bieten in den meisten Fällen keine Garantie, wie viele Daten maximal verloren gehen dürfen (RPO = Recovery Point Objective) oder bis wann ein Service inklusive dem Wiederherstellen der Daten wieder zur Verfügung stehen soll (RTO = Recovery Time Objective). Je nach Anwendungen, die darauf betrieben werden sollen, ist der aus einem Unterbruch oder Datenverlust resultierende finanzielle Schaden nicht akzeptabel für das Unternehmen. Gerade Datenverlust-Garantien oder integrierte Backup-Services sollten deshalb je nach Umfeld und Anwendungsgebiet genau angeschaut werden. Eine 99-prozentige Verfügbarkeit kann auf den ersten Blick hoch erscheinen, ist jedoch auf ein Jahr hochgerechnet eine Ausfalldauer von fast vier Tagen oder 88 Stunden.
Ein weiteres Risiko kann die Datensicherheit darstellen. Denn obwohl diese Anforderungen heutzutage in den meisten Fällen technisch befriedigend gelöst werden können, bleibt oft eine gewisse Unsicherheit vorhanden, ob nicht durch gezielte Hacker-Angriffe auf den Service Provider wichtige Unternehmensinformationen in die falschen Hände geraten könnten.

Inhouse gebrauchtes Know-how

Mit IaaS wird die Hardware-Basis einer IT-Infrastruktur eines Unternehmens abgedeckt. Je nach Umfang des IaaS-Angebots, das bei einem Service Provider bezogen wird, kann das Unternehmen inhouse auf das Know-how für die Bereitstellung dieser Basis-IT-Infrastruktur verzichten. Dies kann sich insbesondere auf das Bereitstellen von Server-, Storage- oder Backup-Infrastrukturen beziehen. Alle Services aber, wie etwa das Server-Betriebssystem und darüber liegende Anwendungen, werden weiterhin von Kunden installiert, konfiguriert und betrieben. Deshalb muss das Wissen für diese Bereiche in gleichem Umfang weiterhin im Unternehmen vorhanden sein.

Wann macht IaaS Sinn?

Ein guter Zeitpunkt, über eine IaaS-Strategie nachzudenken, ist sicher dann, wenn eine Erneuerung eines ganzen Datencenter ansteht. Unternehmen, die nicht im IT-Business tätig sind, müssen sicher genau anschauen, ob sich eine Investition in eine komplett eigenständige IT-Infrastruktur lohnt. Ein IaaS-Angebot kann sich vor allem dann für Unternehmen lohnen, wenn sie eine dynamische und schwer vorhersehbare Entwicklung ihres Bedarfs an IT-Ressourcen haben oder auch die Verarbeitung von zyklisch wiederkehrenden Lastspitzen abgedeckt werden soll. Die Nutzung von IaaS kann dazu beitragen, dass Projekte schneller und effizienter realisiert werden und die immer wichtiger werdende Zeit bis zur Markteinführung eines neuen Produkts verkürzt wird. Lassen sich die IT-Bedürfnisse hingegen genau und zuverlässig vorhersagen, so ist eine gut geplante und gut konzipierte Kaufstrategie aus Kosten und Betriebssicht durchaus attraktiv.


Roger Bader ist Advisory System Engineer bei EMC Schweiz.


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