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Microsoft fischt in neuen Gewässern

Die Veröffentlichung von Windows 8 steht kurz bevor. Mit dem neuen Betriebssystem will Mircosoft im für viele zukunftsträchtigen Tablet-Markt Fuss fassen und beschreitet dazu einige neue Wege.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/09

     

Am 26. Oktober erscheint Windows 8, das neue Betriebssystem aus dem Hause Microsoft. «Auf den Erfolgsfaktoren Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit von Windows 7 wurde Windows neu erfunden», verspricht das Unternehmen, «mit einer völlig neuen Touch-Benutzeroberfläche und für eine neue Generation von Geräten.»
Mit der neuen Generation von Geräten meint Microsoft kompakte Tablets mit Touchscreen und leichte Laptops, aber auch moderne, stromsparende PCs bis hin zu leistungsstarken All-in-One-Geräten mit HD-Bildschirmen. Den Fokus legt man mit Windows 8 aber ganz klar auf die Tablets.

Windows RT für ARM-Plattformen

Die Tablet-Verkäufe werden gemäss verschiedenen Marktforschern und Analysten in den nächsten Monaten und Jahren einen Grossteil der potentiellen PC-Verkäufe ersetzen. Microsoft musste also reagieren und hat reagiert. Und wie: Völlig überraschend kündigte der Software-Riese Mitte Juni zwei eigene Tablet-Rechner an, die unter dem Namen Surface verkauft werden und die mit Windows 8 bestückt sind – mehr dazu aber später. Nicht minder interessant, aber deutlich weniger publikumswirksam war in diesem Zusammenhang nämlich eine Ankündigung im Januar 2011, als kurz vor der CES in Las Vegas bestätigt wurde, dass das kommende Windows nebst der x86er- neu auch die ARM-Plattform unterstützen wird, die heute in mobilen Geräten wie Smartphones aber auch Tablets dominant ist.
Windows RT nennt Microsoft den Windows-8-Ableger für Geräte mit ARM-Prozessoren offiziell. Das System, das nur vorinstalliert erhältlich sein wird – es gibt also offiziell keine Möglichkeit, aktuelle ARM-Tablets mit Windows 8 zu bestücken – hat seinen Namen von WinRT, was für Windows Runtime steht, die neue Laufzeitumgebung für die Metro-Style-Apps. Diese Apps wiederum laufen sowohl auf ARM- als auch x86-Plattformen, während «normale» Windows-x86-Programme nur auf Geräten mit Windows 8 oder Windows 8 Pro funktionieren. Die ARM-Version kommt deshalb auch ohne klassischen Desktop daher.
Ein Blick auf die Feature-Liste der verschiedenen Versionen von Windows 8 zeigt, dass sich die ARM- und die x86-Edition ansonstekaum unterscheiden. Mit Windows RT muss einzig auf die Storage-Spaces-Funktion sowie den Windows Media Player verzichtet werden. Dafür liefert Microsoft das System zusammen mit den vier Microsoft Office 2013 Apps Word, Excel, Power­point und Onenote aus.

Surface: Microsofts eigene Tablets

Microsoft setzt im Tablet-Markt aber nicht nur auf die Karte Windows RT und ARM, sondern schafft mit Windows 8 Pro und Intel auch eine zweite Option. Mit der Ankündigung seiner beiden Surface-Geräte hat Microsoft den Kunden, aber vor allem auch den anderen Herstellern, die Stossrichtung klar durchgegeben. Das Ziel der Redmonder ist es, günstige Consumer-Geräte mit hoher Akkuleistung – Microsoft spricht von einer Connected-Standby-Zeit von 320 bis 410 Stunden – als iPad-Konkurrenten auf dem Markt zu etablieren und gleichzeitig mit optisch und technisch nicht minder attraktiven, dafür leistungsfähigeren Tab­lets auch den anspruchsvolleren (Geschäfts)kunden zu bedienen. Als Beispiel, um die Unterschiede aufzuzeigen, dienen die Spezifikationen der Surface-Tablets sehr gut (siehe Tabelle unten auf dieser Seite).
Es wird sich zeigen, ob dieser duale Weg mit zwei Ansätzen für eine Gerätekategorie der richtige ist. Wer sich ein Surface-Tablet mit Windows 8 kaufen will, wird auf jeden Fall genau hinschauen müssen: Will er ein Windows mit allen Features und eine offenere Plattform, wird kein Weg am teureren, schwereren und dickeren Pro-Modell mit Intel-Prozessor vorbeiführen, das zudem laut Microsoft erst 90 Tage nach dem Windows-8-Release Ende Oktober erhältlich sein wird. Will er möglichst günstig einkaufen und kann gewisse Einbussen in Kauf nehmen, ist das RT-Modell die richtige Wahl.

Wenn Partner zur Konkurrenz werden

Mit dem Einstieg in den Tablet-Markt hat Microsoft vielen seiner bisherigen Hardware-Partnern bestimmt keine grosse Freude bereitet. Dessen ist sich das Unternehmen durchaus bewusst: Wie die Redmonder erst kürzlich in einem Bericht an die US-Börsenaufsicht erklärt haben, könnte die Tatsache, dass die Surface-Geräte mit Produkten in Konkurrenz stehen, die von OEM-Partnern hergestellt werden, deren Commitment gegenüber der Plattform beeinträchtigen. Ob dem so ist, werden die nächsten Monate zeigen.
Bis Ende August haben mit Acer und Lenovo bisher zwei Dritthersteller offiziell ein Windows-8-Tablet vorgestellt. Acer zeigte an der Computex gleich zwei Modelle, das Iconia W700 und W510. Beide sollen im Oktober auf den Schweizer Markt kommen und mehreren Quellen zufolge mit Intel-Prozessoren ausgestattet sein. Acer selbst lässt diesen Punkt leider offen. Beim W700 (Bild links) handelt es sich weiter um ein 11,6-Zoll-Gerät mit Full-HD-Auflösung. Das Modell W510 ist derweil mit einem 10,1-Zoll-Bildschirm bestückt und verfügt über eine Docking-Tastatur.
Lenovos erster für Windows 8 konzipierter Tablet-Rechner heisst Thinkpad Tablet 2. Die Chinesen setzen dabei auf Intels kommende Atom-CPU und Windows 8 Pro. Weiter verfügt das Gerät über ein 10,1-Zoll-Display. Erhältlich sein soll es rechtzeitig zum Windows-8-Launch am 26. Oktober.
Weiter ist seit zwei Wochen auch offiziell bekannt, welche Hersteller zum Start des neuen Betriebssystems Geräte mit ARM-Prozessoren und Windows RT im Angebot haben werden. Nebst Microsoft eigenen Surface-Geräten werden RT-Tablets von Asus, Dell, Lenovo und Samsung bereitstehen.

Die Gerüchteküche brodelt

Weitere offizielle Ankündigungen stehen aus. Glaubt man «Digitimes», wird in den nächsten Wochen aber eine geballte Ladung auf uns zukommen. Der taiwanesische Branchendienst hat sich im Frühling nämlich bei den grossen PC-Herstellern umgehört und die Prognose gewagt, dass bis Ende Jahr nicht weniger als 32 Windows-8-Tablets auf Intel-Basis und deren acht auf ARM-Basis auf den Markt kommen werden.
Solange keine Fakten auf dem Tisch liegen, tauchen im Netz fast wöchentlich neue Gerüchte über kommende Windows-8-Tablets auf. Zum Beispiel, dass HP sich nur auf die x86er-Architektur konzentriere und Dell mit dem Latitude 10 auch ein Tablet mit einem Atom-Prozessor im Köcher haben soll. Und auch der chinesische ICT-Anbieter Huawei arbeitet angeblich an einem Tablet mit Windows 8.
Wie dieser kurze Blick in die Gerüchteküche zeigt: Das Interesse an Tablets mit Windows 8 ist gross, seitens der Hersteller und der Medien. Bleibt für Microsoft nur zu hoffen, dass dies auch bei den Kunden der Fall sein wird. Ansonsten geht der grosse Poker nicht auf. (mv)


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