Der grosse Tablet-Boom ist vorbei. Wurden gemäss Zahlen von Statista im Jahr 2014 weltweit 230 Millionen Tablets verkauft, sank diese Zahl im letzten Jahr auf 182 Millionen Geräte. Allerdings sollte der Sinkflug damit auch weitgehend beendet sein. Per 2020 geht Statista davon aus, dass 185 Millionen Geräte verkauft werden. Dabei ist Android im weltweiten Markt das Betriebssystem erster Wahl. Im vierten Quartal 2016 erreichte Apples iOS laut IDC-Zahlen noch einen Marktanteil von 20,6 Prozent – Tendenz sinkend. Und während der Windows-Anteil auf Tablets im tiefen einstelligen Bereich verharrt, läuft auf vier von fünf verkauften Tablets weltweit Googles Betriebssystem.
In der Schweiz wurden lauf GfK im vergangenen Jahr knapp 600’000 Tablets verkauft, womit die Nachfrage innert drei Jahren um beinahe die Hälfte gesunken sei. Für 2017 rechnet GfK noch mit 460’000 verkauften Tablets, was erneut einem kräftigen Rückgang gleichkommen würde. Dass der Schweizer Tablet-Markt stärker rückläufig ist als der globale Markt, dürfte sicherlich mit der Kaufkraft hierzulande zusammenhängen. In der Schweiz entscheiden sich Käufer vermehrt für neue, teurere Bauformen wie Detachables und 2-in-1-Geräte. Zudem unterscheidet sich die Schweiz vom Rest der Welt bezüglich Apple-Marktanteil, der hierzulande weit über dem globalen Durchschnitt liegt. Aktuelle Zahlen fehlen, letzte Erhebungen aus dem Jahr 2014 gingen im Tablet-Umfeld aber von einem Apple-Anteil von weit über 40 Prozent aus.
Tiefer Preis oder grosses Display
"Swiss IT Magazine" hat sich anlässlich der vorliegenden Übersicht von grossformatigen Android-Tablets mit Roger Brustio, Head of Consumer Business bei Lenovo Schweiz, über den Markt unterhalten. Auch er erklärt, dass sich das Geschäft mit Android-Tablets aus Sicht der Stückzahlen in den letzten zwölf Monaten eher flach entwickelt hat. Gleichzeitig fügt Brustio an: "Was wir aber sehen ist, dass der Spagat zwischen Einstiegsgeräten und günstigen Geräten vs. der Bildschirmdiagonalen grösser wird. Das heisst, entweder muss der Preis sehr attraktiv sein oder die Display-Grösse muss mindestens 10 Zoll sein."
Abgesetzt werden Android-Tablets vor allem im Consumer-Umfeld, so Brustio weiter. "Käufern ist es dabei sehr wichtig, dass die Daten und Apps, welche sie bereits mit dem Handy nutzen, wiedererkennen und übergreifend verwenden können." Immer stärker würden die Tablets zudem auch innerhalb sozialer Gruppen (Familie, Freunde etc.) geteilt und eingesetzt, wobei hier zusätzliche Aspekte wie Kindersicherung und Datensicherheit zu einem grösseren Thema werden. "Diese Anforderung kennen wir bis anhin fast ausschliesslich aus dem Business-Umfeld. Wir sehen hier klare Signale, dass das Tablet den Aspekt von BYOD vorantreiben und die Lösungen für Sicherheit und Cross-Over-Benützung von Tablet zu Notebook/Desktop weiter stärken oder verbreiten wird", erklärt Brustio.
Wenn Android-Tablets in Unternehmen eingesetzt würden, dann passiere dies klassischerweise in Schulen oder dann für spezifische Einsatzgebiete mit einem geschlossenen Interface. Dabei gehe es hauptsächlich um Datenerfassungen in einem Geschäft, Routen-Erfassung beziehungsweise deren Planung oder auch um eine Menükarte in einem Restaurant, weiss der Consumer-Chef von Lenovo Schweiz. "Das Schlüsselwort heisst ‹spezifisch›, was nichts Anderes bedeutet als eine in sich geschlossene und auf den Kunden programmierte Lösung."
Hier spielt auch der entscheidende Vorteil von Android-Geräten gegenüber iOS-/Windows-Tablets hinein – die offene Architektur. Diese erlaube es vielen Herstellern, eine breite Angebotspalette mit vielen Applikations-Möglichkeiten sowohl direkt oder indirekt anzubieten und so die Marktposition von Android zu sichern und den Bekanntheitsgrad weiter zu stärken, erklärt Brustio. "Diese Offenheit hat aber seine Tücken in punkto Sicherheit. Ein Windows-Tablet, das sich einfacher in ein Unternehmen integrieren lässt, gilt als ein sichereres Gerät und iOS bietet ein eigenes, in sich geschlossenes Ökosystem."
Entwicklung geht weiter
Angesprochen auf die Entwicklung im Tablet-Markt erklärt Roger Brustio schliesslich, dass man in der Schweiz eine gewisse Sättigung spüre und diese durch die letzten, abgeschwächten Quartalszahlen bestätigt werde. "Wir sehen aber auch eine Verschiebung der Angebote und Systeme. Windows holt auf und besetzt immer erfolgreicher seine Position", so Brustio. Das klassische Tablet suche derweil neue Aufgabenfelder und bilde auch die Basis von neueren Konzepten wie etwa den 2-in-1, die ja nichts Anderes seien als ein Tablet mit Tastatur, die bei Bedarf entfernt werden kann. "Dieses verbindet verschiedene Welten und Möglichkeiten. Szenarien wie reine Unterhaltung (Filme, Bilder, Kommunikation) oder handgeschriebene Notizen, die gleichzeitig digitalisiert werden, bis hin zu kreativen Ansätzen mit gezeichneten Konstruktionen oder einfach nur die Input-Eingabe über die Halo-Tastatur, bieten ganz neue Aspekte und Verarbeitungsmöglichkeiten." Die Tablets werden sich weiter entwickeln, ist sich Brustio sicher, und neue Anwendungsbereiche suchen und finden. Lautsprecher, Kameras, 3D oder Projektoren seien dabei nur einige Stichworte. Und Brustio erklärt abschliessend: "Wir sind sicher, das Tablet wird keine eigene Stellung haben, sondern ergänzende Lösungen im Ökoystem zu Hause und in den Unternehmungen abdecken, angefangen vom elektronischen Notizblock über ein mobiles Erfassungsterminal, das elektronische Krankendossier, ein Tool für Kundenumfragen und vieles mehr."
(mw)