Kabellos auf der Überholspur dank neuen Routern
Quelle: SITM

Kabellos auf der Überholspur dank neuen Routern

WLAN-Router, die den neuen und deutlich schnelleren ac-Standard unterstützen, gibt es für unter 200 Franken. Doch lohnt sich der Kauf? «Swiss IT Magazine» klärt auf.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2014/01

     

Im WLAN-Markt zeichnet sich eine grosse Wachablösung ab. Dafür sorgt der neue IEEE-Standard 802.11ac, der eine Datenübertragungsrate von aktuell bis zu 1300 Mbit/s verspricht. Und in Zukunft sollen sogar fast 7 Gigabit/s (ganz genau 6900 Mbit/s) drin liegen. Erste Geräte, die den Anfang dieses Jahres definitiv verabschiedeten Standard unterstützen, sind bereits seit Mitte 2012 erhältlich. Vorreiter war Buffalo Technology. Mittlerweile haben eigentlich alle namhaften Hersteller nachgezogen und ihrerseits erste Produkte in die Verkaufsregale gestellt.

Router allein genügt nicht

«Swiss IT Magazine» hat sich vier aktuelle ac-WLAN-Router fürs Home Office oder kleine Unternehmen besorgt und sie unter die Lupe genommen. Gesucht wurde dabei nach einem Testsieger, aber auch nach einer Antwort, warum das neue, superschnelle kabellose Netzwerk zu Hause und in Unternehmen noch selten anzutreffen ist.
Am Preis der Router kann es nicht liegen, dass ac-Netze noch wenig verbreitet sind. Die vier getesteten Geräte sind in Schweizer
Online-Shops aktuell nämlich bereits ab 169 Franken zu haben und dürften damit kaum ein IT-Budget sprengen. Allerdings ist es mit dem Router-Kauf allein längst nicht getan. Um in den Genuss von Datenraten im Gigabit-Bereich zu kommen, braucht es nämlich weitere Hardware und Zubehör.

Was man unbedingt braucht, ist ein Notebook oder einen PC, der den neuen WLAN-Standard unterstützt. Hier ist die Auswahl noch gering und bis auf Apple hat sich eigentlich noch kein Hersteller so richtig an ac herangewagt. Neben den aktuellen Macbook Air, Macbook Pro und dem neuen Mac Pro gibt es erst vereinzelt weitere Rechner mit eingebautem ac-Funk-Modul. Natürlich gibt es bereits Adapter, doch auch hier ist das Angebot noch recht übersichtlich. Für unseren Vergleichstest haben wir uns für den PCI-Express-Adapter PCE-AC68 von Asus entschieden (Strassenpreis: Fr. 89.-). Er ist einer der ganz wenigen aktuell erhältlichen Adapter, die überhaupt in der Lage sind, 1300 Mbit/s zu empfangen beziehungsweise zu senden – viele andere kommen derzeit nur auf maximal 866 oder 433 Mbit/s.

Gigabit braucht Gigabit

Mit dem Adapter kann man also ein ac-Netz zwischen Rechner und Router aufbauen. Doch was ist, wenn man noch ein kabelgebundenes Gerät, zum Beispiel ein NAS, in das Netzwerk integrieren möchte? Im Prinzip ist das kein Problem, denn alle getesteten Router bieten Gigabit-Ethernet-Anschlüsse, sogar vier an der Zahl. Doch in der Praxis – so auch in unserem Fall – gibt es vermutlich trotzdem ein Problem, nämlich am anderen Ende des Kabels.
Um die Datenübertragungsgeschwindigkeit mit dem Tool Jperf zu messen, haben wir einen zweiten Rechner direkt via LAN-Kabel an den Router angeschlossen. Den ersten, den wir dazu nutzen wollten, mussten wir nach wenigen Minuten bereits durch einen anderen austauschen. Seine Netzwerkkarte unterstützte nur Fast-Ethernet, also eine maximale Datenübertragungsrate von 100 Mbit/s, und sorgte so für einen Flaschenhals. Man muss also auch hier aufpassen und allenfalls das Portemonnaie zücken. Geräte, die direkt mit Kabel an den ac-Router angeschlossen werden, müssen nämlich Gigabit-Ethernet unterstützten, wenn man das Netz voll ausreizen und kabellos Daten mit mehr als 100 Mbit/s hin und her schieben möchte. Und Achtung: Es kommt auch auf das richtige Kabel an. Nicht jedes und insbesondere ganz alte, die vielleicht noch irgendwo in einer Ecke des Server-
Raums herumliegen, unterstützen Gigabit-Ethernet.

Spassbremse Smartphone


Hat man die bisher beschriebenen Hürden alle genommen, ist man eigentlich startklar. Eigentlich darum, weil es noch zwei weitere, jedoch kleinere zu nehmen gilt. Zum einen braucht es eine genügend schnelle Festplatte, also einen PC, der genügend Performance bietet, um überhaupt Daten mit 1300 Mbit/s zu übertragen. In der Regel ist das jedoch kein Problem. Zum anderen sollten im neuen WLAN am Ende nur Geräte arbeiten, die den ac-Standard unterstützen. Ist das nicht der Fall, bremst das die Geschwindigkeit. Nicht zu vergessen sind dabei Tablets und vor allem Smartphones, noch besitzen nämlich längst nicht alle ein entsprechendes Modem. Das HTC One, das Galaxy S4 von Samsung oder das Nexus 5 von LG gehören zu jenen, die eines bieten, das aktuelle iPhone 5S hingegen nicht.

Wer ein Smartphone oder ein anderes Gerät ohne ac-Unterstützung besitzt und es wegen einem neuen WLAN-Router nicht durch ein neues ersetzen möchte, für den gibt es den sogenannten Dualband-Betrieb. Dieser wird von allen vier getesteten Produkten und vielen weiteren, modernen Routern angeboten und ermöglicht den gleichzeitigen Betrieb älterer Geräte im einen und neuerer im anderen Frequenzband. Damit wird die Leistung nicht beeinträchtigt und eine möglichst grosse Abdeckung sichergestellt.

Vier Router, vier Designs


Diese doch relativ hohen Anforderungen, die der Aufbau eines neuen ac-WLAN mit sich bringt, sind sicher ein Grund für die momentan noch schwächelnde Verbreitung. Der Aufwand steht für viele Unternehmen sicher noch in keinem Vergleich zum Nutzen. Oder anders ausgedrückt: Wer will schon seine gesamte PC- und Notebook-Flotte erneuern, nur um schneller kabellos unterwegs zu sein?
Ein anderer Grund, warum ac-Router derzeit noch ein Schattendasein fristen, könnten die verfügbaren Geräte selbst sein, also ihre Ausstattung und Bauweise, ihre Bedienung und Benutzerfreundlichkeit oder ihre Performance. «Swiss IT Magazine» hat die vier Testgeräte darum genau auf diese drei Kriterien hin untersucht und miteinander verglichen.
Als erstes sticht einem dabei das Design der Router ins Auge. Jeder Hersteller geht einen eigenen Weg. Asus setzt mit dem RT-AC68U auf drei externe Antennen und ein stehendes, rechteckiges Gerät. D-Links DIR-868L ist ein rund 20 Zentimeter hoher Zylinder mit integrierten Antennen. Linksys wiederum wählt mit dem EA6700 ein liegendes Design mit abgerundeten Ecken und integrierten Antennen, während auch Zyxels NBG6716 die Antennen im Innern versteckt und optisch durch das ebenfalls stehende Design ansonsten etwas an das Asus-Modell erinnert.
Jedes Design hat natürlich seine Vor- und Nachteile. Dank integrierten Antennen nimmt ein Router beispielweise weniger Platz in Anspruch, dafür kann man bei schlechtem Empfang die Antennen nicht neu ausrichten. Ob man einen Router wählt, der steht oder liegt, hat letztendlich auch nur mit den vorhandenen Platzverhältnissen zu tun, denn die Anschlüsse und Knöpfe sind im aktuellen Fall alle sinnvoll angeordnet und leicht zugänglich. Und ob einem abgerundete Ecken oder wie bei D-Link gar keine Ecken besser gefallen, ist schlicht Geschmackssache. Wobei: D-Link hat vermutlich des Designs wegen auf einen zweiten USB-Port verzichtet.

Ärgernis Admin-Oberfläche


Damit wären wir schon bei der Ausstattung angelangt. Hier unterscheiden sich die Router trotz ihren ganz verschiedenen Designs nur marginal. Die grössten Unterschiede gibt es wie bereits kurz angedeutet bei den USB-Anschlüssen. D-Link bietet nur einen, dafür mit Standard 3.0, während alle anderen zwei bieten, wobei es bei Zyxel nur solche mit Standard 2.0 gibt. Weiter unterstützen die einen Router neben WPA/WPA2 noch etwas mehr Verschlüsselungsoptionen als die anderen. Ansonsten sind die Grundfunktionen und -komponenten praktisch identisch, wie übrigens auch der Preis (siehe Tabelle auf Seite 60). Die Differenz zwischen dem günstigsten und teuersten Gerät liegt bei 20 Franken.
Die mannigfachen Designs haben dafür eine unterschiedliche Bedienung zur Folge – wobei das durch vier völlig verschiedene Administrationsoberflächen verstärkt wird. Ihre einzigen gemeinsamen Nenner: Sie sind alle Browser-
basiert, man muss also keine lokale Software installieren. Und sie bieten alle einen Modus für Laien und einen Experten, in dem man mehr als nur Grundeinstellungen vornehmen kann. Dieses Angebot ist natürlich von Hersteller zu Hersteller verschieden, ebenso wie das Layout der Portale, dank dem man beim einen länger nach der entsprechenden Einstellung sucht als beim anderen. Als besonders gelungen bezeichnen kann man die Admin-Oberfläche von D-Link, nicht zuletzt auch darum, weil man hier das supermoderne Design ausschalten und gegen ein klassisches eintauschen kann. Das würde man sich auch bei Linksys wünschen, stattdessen bekommt der Internet-Explorer-11-Nutzer hier nur eine Fehlermeldung und den Hinweis man soll doch einen anderen, moderneren Browser nutzen. Nicht gerade kundenfreundlich, finden wir. Aber immer noch besser als bei Zyxel, wo der Router Anpassungen der Einstellungen hartnäckig ignoriert. Vielleicht lag es an einer falschen Bedienung, aber dann sollte man diese dringend vereinfachen. Asus’ Portal fällt derweil weder positiv noch negativ auf.

Deutlicher Leistungssprung


Last but not least zum vermutlich interessantesten Vergleich: unsere Performance-Messungen. Dazu haben wir wie eingangs erwähnt, eine WLAN-Verbindung zwischen einem PC mit einem WLAN-ac-Adapter (Asus PCE-AC68) sowie einem direkt an den Router angeschlossenen, zweiten PC hergestellt. Gemessen wurde mit dem Open-Source-Tool Jperf. Zwischen dem Router, der zentral in einem Grossraumbüro zu stehen kam, und dem Rechner mit WLAN-Antenne gab es Sichtkontakt, der Abstand betrug ungefähr drei Meter. Genutzt wurden die Geräte mit Standardeinstellungen, also inklusive Dualband-Modus. Zudem gab es im Empfangsbereich zwei weitere, aktive WLAN-Netze anderer Unternehmen.
Die gemessenen Datenübertragungsraten zeigen: Der theoretische Maximalwert von 1300 Mbit/s ist in der Praxis wie erwartet bei weitem nicht erreicht worden (siehe Tabelle auf Seite 60). Das Maximum lag in unserem Test bei 345,19 Mbit/s. Das ist aber durchaus ein ansehnlicher Wert, von dem viele andere WLAN-Nutzer nur träumen können.
Im Durchschnitt haben wir in unserem Performance-Test Datenübertragungsraten von 252,6 (NBG6716 von Zyxel) bis 289 Mbit/s (DIR-868L von D-Link) gemessen. Die Router liegen also alle ziemlich nah beieinander, wobei man die rund 36 Mbit/s Unterschied schon spürt. Um das zu veranschaulichen: Eine DVD mit 4,7 GB Speicherplatz überträgt man mit 289 Mbit/s in rund 130 Sekunden, also zwei Minuten und zehn Sekunden. Mit 252,6 Mbit/s sind es rund 149 Sekunden, also fast 20 Sekunden mehr.

Wer kann, sollte noch warten


Fassen wir zusammen: Die vier getesteten ac-WLAN-Router bieten im Vergleich zu älteren Modellen mit n-Standard alle einen erheblichen Performance-Zuwachs. In Unternehmen und Heimbüros, in denen das kabellose Netz momentan ein Nadelöhr und ganz grosses Ärgernis ist, lohnt sich die Anschaffung für 170 bis 190 Franken ganz bestimmt. Auch für private Nutzer oder Unternehmen die viel und oft Bilder, Musik und Filme von Gerät A nach Gerät B streamen oder kopieren und nicht die ganze Wohnung oder den ganzen Showroom verkabeln wollen, gibt es nun eine ernstzunehmende Alternative. Allerdings sollte man sich in beiden Fällen bewusst sein, dass es wie erwähnt einiges mehr als nur einen ac-Router braucht, um damit auch wirklich schnell Daten zu übertragen. Und was das nötige Zubehör betrifft, ist das Angebot derzeit wirklich noch dünn.
Gegen einen Kauf spricht ferner auch, dass der ac-Standard eben erst verabschiedet wurde. Die getesteten Produkte der ersten beziehungsweise zweiten Generation sind zwar alle gut und bieten ansprechende Leistungen, aber schon in einer paar Monaten werden sie aller Voraussicht nach zum alten Eisen gehören. Die Entwicklung schreitet momentan rasch voran und die theoretisch möglichen 7 Gbit/s zeigen, dass es noch viel Spielraum nach oben gibt.

IEEE 802.11ac

Der neue IEEE-Standard 802.11ac (auch «5G» oder «Gigabit WLAN» genannt) bietet momentan bis zu 1300 Mbit/s und damit rund die dreifache Bandbreite im Vergleich zu aktuellen 802.11n-Produkten. In Zukunft sollen sogar bis zu 6900 Mbit/s drin liegen. 802.11ac nutzt das 5-GHz-Frequenzband, das weniger Rauschen und Störungen durch andere Technologien aufweist. Darüber hinaus bietet es deutlich mehr Platz und ermöglicht bis zu 19 Drahtloskanäle, die sich nicht überschneiden. Ausserdem können sie erweitert werden, um deutlich mehr Daten auf Kanälen mit 80 MHz und letztendlich 160 MHz zu übertragen. Auch die Übertragungsart der Funksignale wird verbessert – mit der «Beamforming»-Technologie, die durch eine Konzentration und Bündelung der Signale unter anderem die Reichweite und Zuverlässigkeit des WLAN steigern soll. Darüber hinaus passt 802.11ac die Wireless-Signale so an, dass jedes Gerät eine ideale Konnektivität bekommt. (Quelle: D-Link) (mv)


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